Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag soll unter anderem Jugendliche vor ungeeigneten Angeboten in Rundfunk und Telemedien bewahren. Im Juli 2010 haben die Ministerpräsidenten der Länder die Modernisierung dieses Vertrags durchgewunken, die mehrere "Verschärfungen" beinhaltet und ab Januar 2011 in Kraft treten soll.
Die gepkanten Neuerungen wurden bereits im Januar 2010 enthüllt und haben heftige Diskussionen ausgelöst (siehe Deutschem Internet droht das Aus). Es ist unter anderem geplant eine Altersfreigabe-Kennzeichnungspflicht für Webseiten einzuführen und Seiten mit "jugendgefährdenden" Inhalten sollen nur zu bestimmten Tageszeiten - also beispielsweise erst ab 22 Uhr - nutzbar ein.
Dabei sollen Webseiten-Betreiber diese Alterseinstufung selbst durchführen. Die große Frage ist natürlich, nach welchen Kriterien die Alterseinstufung erfolgen soll. Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK-Zensur) hat dazu bereits vor einigen Monaten ein spannendes Experiment durchgeführt. Es wurden mehrere Webseiten vorgestellt und die Internetnutzer durften abstimmen, wie sie diese Seite einstufen würden.
Gleichzeitig ließ der AK-Zensur die Seite von "Experten" bewerten - die Ergebnisse sind recht spannend, 80 Prozent der Einstufungen waren fehlerhaft. Jetzt hat sich der AK-Zensur mit einem offenen Brief (PDF hier) an die SPD-Abgeordneten im Landtag von Nordrhein-Westfalen gewendet und fordert dazu auf, den geplanten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wegen Unbrauchbarkeit zu stoppen. Die Initiative wird bereits von über 50 Unterzeichnern unterstützt.
Ein Problem besteht beispielsweise für Webseiten, die Inhalte Dritter zulassen (also auch die Foren auf Nickles.de). Hier können sich jederzeit Inhalte ergeben, die für Minderjährige nicht geeignet sind. Und die Betreiber sind damit gezwungen, ihre Seite quasi vorbeugend generell erst ab 18 freizugeben.
Konkret hieße das beispielsweise, dass die Nickles-Foren nur noch im Zeitraum von 22 Uhr bis ca 5 Uhr nutzbar sein dürften. Weiter weist der AK-Zensur darauf hin, dass Webseiten-Betreiber die auf die Alterskennzeichnung verzichten oder Inhalte falsch einstufen, enormen Ärger kriegen können.
Und zwar durch Abmahnungen von Mitbewerbern, die sich dadurch benachteiligt fühlen. Im offenen Brief macht der AK-Zensur auch gleich mehrere Vorschläge, mit welchen Methoden sich ein besserer Jugendschutz im Internet realisieren lässt.
Michael Nickles meint: Wie dümmlich die Neufassung des Staatsvertrags ist, zeigt ja bereits die Tatsache, dass jugendgefährdende Inhalte auf ausländischen Webseiten gar nicht berücksichtigt werden. Die "Jugendschützer" kapieren halt einfach nicht, dass es im Internet keine "Landesgrenzen" gibt.
Der jetzt an die SPD in Nordrhein-Westfalen gerichtete offene Brief hat einen simplen Hintergrund. Dort wird im Dezember abgestimmt und der Staatsvertrag geht nur dann durch, wenn alle Länder ihn unterzeichnen.
Erst vor wenigen Tagen kam bei einer Studie des Bitkom raus, dass Wahlberechtigte enorme Zweifel an der Internetkompetenz der Parteien haben (siehe Wähler zweifeln an Internetkompetenz der Parteien).
Die SPD landete dabei weit hinten auf dem vorletzten Platz - nur 4 Prozent räumten ihr Internetsachverstand ein. Jetzt hat sie in Nordrhein-Westfalen eine Chance ihr Image zu polieren.