Im April 2008 wurde das umstrittene Gesetz zum "Auskunftsanspruch" bei Urheberrechtsverletzungen im Internet durchgewunken, am 1. September 2008 trat es in Kraft (siehe Ab Montag geht der Wahnsinn ab). Das Gesetz erleichtert es Abmahnern an IP-Adressen/Nutzerdaten zu gelangen.
Sie müssen keine langwierige Anzeige gegen Unbekannt mehr stellen, können per Richter von Providern direkt die Herausgabe der Daten verlangen. Gleichzeitig sollte das neue Gesetz auch dem Abmahnwahnsinn einen Riegel vorschieben, ihm die Lukrativität nehmen.
Bei Erstvorfall sollten Abmahnungen maximal 100 Euro kosten dürfen. Es stellte sich aber schnell raus, dass diese Regelung des Gesetzesgebers eine Verarschung ist. Denn: das mit den 100 Euro gilt nur im Fall eines "nicht-gewerblichen" Vorfalls und seit dem deklarieren die Abmahnanwälte halt jeden Vorfall als gewerblich.
Und das wurde auch umgehend gerichtlich abgesegnet (siehe Gerichte unterstützen Abmahn-Anwälte). Das mit den Abmahnungen ist unverändert ein Bombengeschäft. Im vergangenen Jahr (wie auch schon im Jahr davor) soll es rund 220.000 Abmahnungen gegeben haben, die von einer "Handvoll" Kanzleien raus gingen.
Abgemahnte kriegen im Durchschnitt eine Rechnung um 1.000 Euro serviert. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert jetzt, dass die Abmahnindustrie endlich in die Schranken verwiesen wird. Im Fall eines "privaten Delikts" soll eine Abmahnung (wie längst festgelegt) beim Erstvorfall nur 100 Euro kosten. Der VZBV verdeutlicht in seiner Mitteilung auch, wo der Hund begraben ist.
Es gibt keine klare Regelung, wann ein "gewerblicher Vorfall" vorliegt - manche Richter betrachten bereits einen einzigen Film als gewerbliches Verbrechen. Aus Sicht des VZBV sollte ein Fall nur dann als gewerblich gewertet werden, wenn jemand etwas in einer Tauschbörse bereitstellt und damit einen Gewinn erwirtschaften will.
Das dürfte bei der Masse der Vorfälle nicht gegeben sein und würde die Massenabmahnindustrie zerstören. Der VZBV informiert außerdem, dass es durchaus wohl auch Abmahnungsvorfälle gibt, die nicht berechtigt sind. Auch Menschen die nicht einmal einen Computer besitzen, sollen von Abmahnungen betroffen sein.
Das sogenannte Warnhinweismodell, das Rechteinhaber gern hätten, lehnt der VZBV ebenfalls ab. Aus seiner Sicht dürfen Internetanbieter nicht zu Hilfsscheriffs gemacht werden.
Michael Nickles meint: Eins hab ich bislang ehrlich gesagt nicht ganz kapiert. Und zwar, warum es Interesse an diesem "Warnhinweismodell" (N-Strikes-Regel) gibt. Das würde ja eigentlich bedeuten, dass jemand der erwischt wird, nur eine Warnung kriegt und das war es dann.
Oder war es das dann nicht? Gibt es auch gleichzeitig eine "1000-Euro-Rechnung"? Gäbe es erstmal nur eine kostenlose Warnung, dann würde den Rechteinhabern und deren Abmahnanwälten ja drecksviel Kohle durch die Lappen gehen.
Also 220.000 x 1.000 Euro, das sind glaub so 220.000.000 Euro, also 220 Millionen Euro pro Jahr. Oder?