Im Abzockerparadies Deutschland vergeht stets elend viel Zeit, bis Betrügern das Handwerk gelegt wird - falls überhaupt. Und wenn irgendein Abzocker schließlich verurteilt wird, dann kriegt er meist nur eine Taschengeldstrafe. Die Arschkarte verbleibt auch bei Verurteilungen typischerweise bei den Betrogenen. Die sind ihre Kohle los und der Aufwand sie zurückzukriegen ist in der Regel so hoch, dass es sich kaum lohnt.
Anlässlich des Weltverbrauchertages am 15. März fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) jetzt effizientere Klagemöglichkeiten zur Durchsetzung von Verbraucherrechten, Abzocke dürfe sich nicht lohnen.
Vzbv-Vorstand Gerd Billen bringt es auf den Punkt: "Recht haben und Recht bekommen sind nach wie vor zweierlei". Es wird gefordert, dass unredliche Praktiken abgestraft und Verbrauchern entstandener Schaden zurückerstattet wird. Dazu brauche es effektivere Muster- und Sammelklagen, um Einzelinteressen zu bündeln.
Bizarrerweise haben die Vereinten Nationen bei den Grundrechten der Verbraucher bereits das "Das Recht auf Entschädigung" verankertet, praktisch bringt das bislang aber wenig bis nichts.
Hauptgrund dafür ist in Deutschland wohl, dass Sammelklagen bislang eine aufwändige (unmögliche) Sache sind und im aktuellen Koalitionsvertrag sowohl national als auch europaweit gar abgelehnt werden.
Aus Sicht des vzbv könnten Rechtsfragen für eine Gruppe von Menschen mit einer erweiterten Sammelklage einheitlich geklärt und Schadensersatzansprüche gebündelt werden. Das würde Position der Verbraucher und redlicher Anbieter stärken, die Justiz entlasten und Kosten reduzieren. Eine "Klageindustrie" nach amerikanischem Modell, bei dem vor allem die Anwälte profitieren, will der vzbv auf jeden Fall vermeiden.
Eines der Kernprobleme, das Abzockern in Deutschland "grünes Licht" beschert, ist wohl die Schmerzgrenze der Verbraucher. Wer bei einem "Spar-Abo" um ein paar Euro beschissen wird, der rennt vermutlich nicht gleich zur Polizei um Strafanzeige wegen Betrugs zu erstatten.
Die Verbraucherzentrale veranstaltet jetzt eine Umfrage um festzustellen, wo die Schmerzgrenze liegt. Ab welchem "Betrag" würden Betrogene selbst vor Gericht ziehen, ab welchem würden sie sich einer Sammelklage der Verbraucherzentralen anschließen?
Die Umfrage läuft bis zum 15. April 2011 und fließt in den Konsultationsprozess der EU-Kommission ein: Umfrage zu Sammelklagen.