Zum zehnten Mal wurde der deutsche Big Brother Award verliehen. Der ungeliebte Preis wirdvom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD) an Datenkranken verliehen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wurde für sein "Lebenswerk" ausgezeichnet. Und die Begründung der Preisverleiher ist in seinem Fall lang:
"…für den Umbau des BKA in ein zentrales deutsches FBI mit geheimpolizeilichen Befugnissen zur präventiven Vorfeldausforschung, für die Legalisierung der heimlichen Online-Durchsuchung von Computern, für die Errichtung einer gemeinsamen Antiterrordatei sowie einer neuen Abhörzentrale für alle Sicherheitsbehörden. Besonders „preiswürdig“ sind Schäubles obsessive Bestrebungen, den demokratischen Rechtsstaat in einen präventiv-autoritären Sicherheitsstaat umzubauen. Dies führte zu einer gefährlichen Entgrenzung von Polizei, Geheimdiensten und Militär und damit zu einer Gefährdung von Bürgerrechten, Datenschutz und Demokratie."
Die ausführliche Erläuterung zu Wolfgang Schäuble findet sich hier: Kategorie Lifetime.
Über den Award in der Kategorie "Politik" darf sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen freuen. Sie kriegte den Preis für ihr Vorantreiben der Inhaltskontrolle im Internet.
Die Juroren warfen ihr zudem vor, dass sie das "Leid sexuell missbrauchter Kinder" für ihren persönlichen Wahlkampf ausgenutzt hat, ohne wirklich effektive Maßnahmen zum Kampf gegen den Missbrauch eingeleitet zu haben. Die detaillierte Begründung für von der Leyens Award gibt es hier: Kategorie Politik.
Mit einem Award angeprangert wurden auch "Hintermänner", die die Stasi 2.0 mit Überwachungstechnik für Internet und Telefon versorgen, am Aufbau des Überwachungsstaats kassieren. Die Awards in der Kategorie Wirtschaft gingen an diese Unternehmen:
Quante Netzwerke GmbH: Bietet Internet-Providern unter anderem Dienstleistungen an, um behördliche Überwachungsanordnungen durchzuführen.
Ultimate Safware: Bietet ein Produkt namens "Data Retention Suite" an, das für die Durchführung der Vorratsdatenspeicherung benötigt wird.
Datakom: Stellt Schnüffelprodukte her, mit denen Kommunikation im Internet abgehört werden kann.
Syborg: Stellt Produkte zum Mitschneiden von Gesprächen her.
Digi-Task: Entwickelt Abhörvorrichtungen für Polizei und Geheimdienste. Dem Unternehmen wird auch vorgeworfen, auf Anfrage des Bayerischen Landeskriminalamts eine Spionagesoftware zum Abhören von Skype-Telefonaten, entwickelt zu haben.
secunet: Stellt ein Produkt namens "SINA-Box" her. Es verschlüsselt die Übertragung abgehörter Kommunikation auf dem Weg zu den Behörden und ist das bislang einzige Produkt, das für diesen Zweck zugelassen ist.
Cisco: Hat eine Software entwickelt, die bei Internet-Providern eingesetzt wird, um Datenmengen auch bei hoher Bandbreite effektiv mit "Volltextsuche" überwachen zu können.
Nokia Siemens Networks: Lieferte dem Iran ein System, mit dem Handygespräche aufgezeichnet werden können.
Schließlich gab es auch noch einen Award in der Kategorie Sport. Der ging an das "Berliner Organisationskomitee der Leichtathletik-WM". Und zwar wegen Verletzung der Pressefreiheit. Für Berichterstattung zugelassen wurden nur Journalisten, die einwilligten, dass der Berliner Polizeipräsident Auskünfte über sie aus Datenbanken der Landeskriminalämter erteilt.