Seit gut einer Woche ist bekannt, dass eine Kopie inhaltlich nicht unbedingt dem Original entspricht, wenn sie mit einem Xerox-Scan-Kopierer mit "ungünstigen" Einstellungen gescannt wurden, es kann zu verfälschten Ziffern kommen.
Xerox hat das Problem nebst einem Workaround-Vorschlag bestätigt und dann auch detailliert und unverschönt Stellung zum Problem genommen. Als Fazit ergab sich, dass das Problem bei den betroffenen Geräten nur in einer bestimmten Situation auftreten soll: wenn die Werksvoreinstellungen geändert werden, und mit der Auflösung "normal" gescannt wird.
Und: der Fehler soll auch nur dann auftreten, wenn Dokumente eingescannt und im PDF-Format gespeichert werden. Laut Xerox sind diese Gerätefamilien betroffen:
ColorQube® 87XX / 89XX
ColorQube 92XX / 93XX
WorkCentre® 5030/5050
WorkCentre 57XX
WorkCentre 58XX
WorkCentre 6400®
WorkCentre 51XX
WorkCentre 56XX
WorkCentre 75XX
WorkCentre 76XX
WorkCentre 77XX
WorkCentre 78XX
WorkCentre 7220/7225
WorkCentrePro 2XX
BookMark 40/55
Als Workaround hatte bereits der Entdecker des Problems - David Kriesel - empfohlen, die Einstellung "normal" zu vermeiden. Xerox hat zusätzlich erklärt, dass an einem Patch gearbeitet wird, der die kritische höchste Komprimierungsstufe ausschaltet. Xerox-Chef Rick Dastin hat das im Klartext so bestätigt:
"Es ist wichtig zu wissen, dass Xerox Systeme, die direkt aus dem Werk kommen, auf die richtigen Komprimierungs- und Auflösungsstufen eingestellt sind. Mit diesen Standardeinstellungen ab Werk scannen Sie Dokumente so, dass sie für das Lesen und Drucken geeignet sind und gleichzeitig eine angemessene Dateigröße haben. Es kommt nicht zu vertauschten Zeichen, wenn Sie Dokumente mit den Werkseinstellungen scannen."
David Kriesel hat in den vergangenen Tagen weiter rumexperimentiert und ermittelt, dass das Problem eben nicht nur nach Änderung der Werkeinstellungen und nur mit dem Normalmodus auftritt.
Es traten auch bei höheren Scan-Auflösungen als "normal" Ziffervertauschungsfehler auf. Bei einem Xerox WorkCentre 7545 hat Kriesel gar entdeckt, dass alle drei (also sämtliche einstellbaren) Kompressionsmodi Fehler produzieren.
Rick Dastin hat sich bei Kriesel umgehend in einer neuen Stellungsnahme für die Meldung des gewachsenen Problemumfangs bedankt und ihn bestätigt. Xerox untersucht die Sache und befürchtet, dass das Problem bei "kritischen Vorlagen" entsteht, die sehr kleine Schriftarten verwenden, vielleicht bereits mehrfach dupliziert wurden und daher schwer lesbar sind.
David Kriesel hat in seinen jüngsten Berichten erneut beteuert, dass das Problem wohl am JBIG2-Kompressionsverfahren liegt. Das fatale bei diesem Kompressionsverfahren ist, dass auch bei starker Komprimierung keine sichtbaren Artefakte/Fehler auftreten, wie beispielsweise bei starker JPEG-Komprimierung.
Auch JBIG2-Scans die optisch perfekt aussehen, können falsch sein. Man hat also keine Chance zu erahnen, ob ein Dokument vielleicht kritisch ist.
Wie bereits gesagt - schön, dass Xerox das Problem eingesteht, klar Stellung zum Thema nimmt. Wobei da halt auch wirklich wenig (null) Spielraum zu einem anderen Verhalten besteht. Der Spiegel hat berichtet, dass Xerox das Zahlendreherproblem wohl seit Jahren bekannt war und sich Xerox deshalb über die jetzige Aufregung wundert (Bericht von BBC News). An dieser Stelle ist auch dran zu erinnern, dass David Kriesel sich wegen des Problems ausgiebig beim Xerox-Support gemeldet hat und das Problem dort wohl keineswegs bekannt war.
Dank dem jetzigen "Nachtreten" von David Kriesel ist klar, dass die Berichte über das "Xerox-Problem" nicht übertrieben waren: ES GIBT EIN VERDAMMTES PROBLEM!
Es ist doch ein Witz, dass ein "Bürogerätegigant" wie Xerox nicht selbst umgehend nachgeforscht hat, wie tiefgreifend das Problem ist. Und dass das nicht bereits vor Jahren getan wurde, als das Problem mit dem "Normalmodus" bekannt wurde.
Bezüglich JBIG2 gilt zu wissen, dass das wohl keine Erfindung von Xerox ist. Dieser internationale Standard existiert seit 2000 (!!!). Es ist also zu befürchten, dass auch andere Hersteller als Xerox bei ihren Geräten JBIG2 verwenden. Deren Manager dürften sich inzwischen vermutlich bereits alle Fingernägel abgekaut haben. Wie schon gesagt: die Bekenntnis zum Fehler und irgendwelche Patches werden das Hauptproblem nicht lösen, die Hauptfrage nicht beantworten. Wie viele "Milliarden" Seiten wurden mit Xerox-Geräten (oder auch anderen?) fehlerhaft als PDF archiviert. Gibt es von denen die Originale nicht mehr, besteht keine Chance zu belegen, dass sie fehlerfrei sind. Aktuell können Firmen ihre PDF-Bestände eigentlich nur dahingehend prüfen, ob sie mit einem betroffenen Xerox-Gerät angefertigt wurden und daher vielleicht falsch sind. Wie so etwas manuell und vollautomatisch gemacht wird, ist hier beschrieben: Vertrauenswürdigkeit von PDF-Dokumenten überprüfen
Zu guter Letzt:Haben Xerox-Geräte auch ein "Spiegelproblem"? http://www.xerox.com/about-xerox/executive-leadership/corporate-officers/rick-dastin-biography/enus.html