Die einen mögen es kaum glauben, daß es noch in ihre Lebenszeit fiel, der neue Release der Free Software Community von Debian, andere werden mit den Schultern zucken und darauf verweisen, daß sie ohnehin die längste Zeit schon SID, sprich den unstable-Zweig, benutzten und dabei dennoch stabiler fuhren als mit manch anderer Distribution in der Endversion.
Was bedeutet aber dieser Release nun, und warum enthält er nach Meinung einiger, die sich mit der Materie nicht sehr beschäftigt haben "veraltete" Software? Wie auf der Mailingliste debian-devel einmal so köstlich angemerkt wurde hat es einfach die Weihe durch die heilige Pinguinpisse :) .
Daß dabei manch ein Programm nicht auf dem neuesten Stand ist ist durchaus im Sinne des Projektes, denn nur ein ausgereiftes Paket soll auch wirklich den Status "stable" bekommen, der mittlerweile schon einem Gütesiegel gleichkommt. Welch ausgiebige Tests die Software z.T. durchläuft sieht man zum Beispiel an Xfree86, wo Branden Robinson insgesamt 16 Subversionen verpackt hat bis es den Ansprüchen genügte (auch ist Debian das offizielle Testlabor für X, da diese es nur auf i386 bauen und den Rest dem Projekt überlassen.)
Wichtig für alle die auf professioneller Ebene Server betreiben ist es auch, daß ab jetzt ein Security-Updatesverzeichnis zur Verfügung steht, über das man schnell und einfach per dselect,aptitude oder direkt apt-get von Fehlern und Sicherheitslücken befreite Pakete einspielen kann. Hierbei wird aber nicht einfach eine neue Version eingebracht, was ja wieder einen Rattenschwanz an neuen Abhängigkeiten und Tests nach sich ziehen würde, sondern die Patche werden auf die alte Version rückportiert. Diese Updates waren bisher nur für Potato (2.2) verfügbar, wer also ein hybrides System auf halbem Stand von Woody fuhr solange es testing war musste mitunter ein paar Tage warten bis das Paket von unstable auf testing durchgereicht wurde.
Und die Leute, die nicht genug von den allerneuesten Versionen einer Software bekommen konnten wird es auch freuen zu hören, daß mit dem Release von Woody sich die Aktivität in unstable wieder erhöhen wird.
Bis zum Release musste ja jederzeit mit einer Sicherheitslücke gerechnet werden, hätte aber z.B. Branden Xfree 4.2 nach unstable hochgeladen, hätte es keine Möglichkeit mehr gegeben, eine fehlerbereinigte Version für 4.1 nacht testing zu bringen.
Durch das Erschaffen der neuen Testing "sarge" (der letzte brauchbare Name aus Toy Story 1, über ein neues Schema wird gerade sehr kreativ auf debian-devel diskutiert) werden jetzt alle an der Versionitis erkrankten neues Futter bekommen, GNOME 2.0, KDE 3.0.2 und Xfree 4.2 sind dabei nur die prominentesten Vertreter. Wer zumindest informiert sein will was für Sarge als Ziel geplant ist (manche Stimmen sprechen von 6 Monate warten, dann freezen und Veröffentlichung im 1. Quartal 2003), sei eine Lektüre von Debian Level ans Herz gelegt.
Alles in allem ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der freien Software, 8710 Pakete auf 7 CDs für 11 Architekturen stellen wahrscheinlich eine Einzigartigkeit dar. Viel Spass mit dem kleinen grossen Cowboy Woody !