Hi!
Ich denke, die Musikindustrie hat ein anderes Problem: sie sieht die Käufer ihrer Produkte als Bittsteller, die eine eine Leistung zu erbirngen haben (CD kaufen) und nicht als Kunden, um den man sich bemühen muss.
Auch wenn es stimmt, dass der Staat uns immer mehr Kohle aus der Tasche zieht, gilt das aber IMHO nicht für alle Kunden. Die Musikindustrie macht IMHO ca. 50% ihres Umsatzes mit Musik für 12-16 Jahrigen. Ob das Taschengeld in den letzten jahren weniger wurde, weiss ich nicht, ich glaube nicht.
ABER, früher gab's nur wenig, für was man sein taschengeld ausgeben konnte: Musik und Zeitschriften waren das wichtigste. Heute kommen immer mehr Dinge hinzu: das Handy dürfte das wichtigste sein.
Da wurde also in den letzten jahren das Taschengeld umgeschichtet und weniger für Musik ausgegeben. OK, was macht man dann? Naja, jede andere Industrie würde das Merketing ankurbeln und neue Vertriebsmöglichkeiten suchen 8die Mobilfunkanbieter machen das seit jahren: erst bezahlbare Handies, dann SMS, dann Prepaid-karten, dann MP3-Handies, Fotohandies...)
Was macht die Musikindustrie? Jammern und Kundenbeschimpfen (alles Raubkopierer!).
OK, betrachten wir das Internet. Seit DSL ist es schnell und recht preiswert. Die meisten dürften etwa 40¤ im Monat dafür ausgeben (10E DSL-Grundgebühr und 30¤ für die Flat). Macht fast den gegenwert von 3 CDs, oder?
Klar, dass dann auch nicht Teenies, anfangen ihr Bugdet umzuschichten, schliesslich bekommt man ja alles im Netz...
Was machen andere Industriezweige wenn du Kunden zu Alternativen greifen?
Nunja, teilweise Lobbyarbeit um die Gesetzte zu verschärfen oder sie bringenen bessere Produkte raus. Auch wenn die Filmindustrie an der ständigen DivX-Hysterie leidet, es kommen immer mehr sehr gut ausgetattete DVDs auf dem Markt. Wer mehr will als nur einen Film in Deutsch, der kommt um DVDs mit ihren Extras nicht herum. Hier scheint m,an mehr Gespür für das Bedürfnis seiner Kunden zu haben.
Was macht die Musikindustrie? Naja, es gibt Versuche mit Zusatz-CDs und Extra-DVDs zu den normalen Veröffentlichungen - der wichtigste Schritt ist allerdings, dass Produkt soweit zu beschädigen, dass es nicht mehr überall abgespielt werden kann: sie nennt das dann "§Kopierschutz", andere sprechen von UnCDs, richtig wäre allerdings zu sagen "sie verkaufen defekte Ware".
OK, weiss jemand wieviel Umsatz die Musikindustrie mit Leuten macht, die keine Teenies mehr sind und nicht immer alles kopieren oder saugen wollen (weil ihnen das zuviel Aufwand ist)?
Ich weiss es nicht, ich weiss allerdings, dass viele Leute Stunden in Autos oder im Zug verbringen, wenn sie unterwegs sind und dann sehr gerne eine CD einschieben (ich war auch 2 Jahre lang täglich 2-3h im Auto unterwegs).
Der "Kopierschutz" bewirkt nun gerade, dass die UNCD nicht mehr unbedingt in Auto- und tragbaren CD-Playern laufen. OK, was macht man als Käufer mit einer Ware, die nicht mehr zu 100% funktioniert? Richtig, sie bleibt liegen (nicht jeder hat Bock seine Ware erst zu reparieren, bevor er sie richtig einsetzen kann).
Bleiben noch die Preise: wenn ich dieses Jahr CDs gekauft habe (es waren nur welche ohne Kpopierschutz), dann habe ich die i.d.R. im Internet bestellt. Was kauft man da? Natürlich billige Angebote bei zuverlässigen Händlern.
Mir ist es egal, wo die Ware herkommt, sie darf auch aus Hongkong geliefert werden. ;-)
In der Tat habe ich CDs vor allem über CD-Wow bestellt (DVDs auch bei Amazon.ca/com). Die Preisunterschiede waren einfach zu gross. (Zumal die MwSt. bei solchen Importen oft wegfällt.) Wenn ich auf diese Weise CDs für 10¤ statt für 16¤ bekomme, dann kann ich auch eine Woche warten...
Soll ich jetzt sagen, dass mich die 20% Umsatzrückgang seit der Einführung des Lopierschutzes vor einem Jahr wundern? Ich finde, damit sind die Damen und Herren noch ganz gut weggekommen. (Ich schätze das 10% auf Nichtkauf wg. Kopierschutz zurückgehen, der Rest ist die letzte Gruppe der Internet-User, die dort Downloads entdeckt ahben - diese Gruppe wird aber IMHO nicht mehr zunehmen, der Umsatzrückgang sollte also in den nächsten zwei Jahren abflachen, wenn's die Musikindustrie nicht weiterverbockt, was sie ja durch den Kopierschutz perfekt umgesetzt hat).
OK, Kurzform:
Ich denke, der Umsatzrückgang kann nicht nur der Politik in die Schuhe geschoben werden. Er ist vielmehr Folge von neuen Produkten und eigener Blödheit (der Musikindustrie).
Wenn man seine Kunden nur noch als Raubkopierer sieht (hat man in den letzten zwei Jahren irgendeine andere Bemerkung gehört?), dann muss die Umsatzentwicklung auf dauer so aussehen, wie sie im Moment aussieht.
Bis denn
Andreas