Hallo zusammen!
Nach den schlechten Nachrichten von gestern - Stichwort Forenbetreiberhaftung, die Hamburger Justiz hat sich mal wieder selbst übertroffen :-(( - heute nun ein kleiner Lichtblick, der in eine ähnliche Rubrik fällt: das noch aus der Nazi-Zeit(!!) stammende Rechtsberatungsgesetz soll endlich, endlich gelockert werden.
Artikel bei Valuenet
Artikel aus der Berliner Zeitung
Artikel aus dem Wiesbadener Kurier
Für Foren wie nickles.de könnte das eine potenzielle Angriffsfläche weniger für die Abmahner bedeuten. Und die User müssten sich nicht mehr genötigt sehen, speziell auf Brettern wie "Contra Nepp", jeden ihrer Beiträge, in dem ein, zwei §§ aus dem BGB etc. zitiert werden, mit artig-betulichen, vorauseilend-gehorsamen Hinweisen wie "Dies ist aber keine Rechtsberatung!" zu garnieren...
...hofft
Olaf
Klatsch, Fakten, News, Betas 5.087 Themen, 27.849 Beiträge
"...soll endlich, endlich gelockert werden...:"
ob damit aber die nötige qualität der rechtsberatung steigt.... ??? ich glaube eher nicht.
;-)
Naja, wer das haben will, kann ja nach wie vor zum Anwalt gehen - und dort einen Haufen Schotter hinblättern...
Wenn man sich als Antwortgeber bei Fragen wie "Ich habe mit dem und dem Händler das und das erlebt, wie würdet ihr euch verhalten?" jetzt aber nicht mehr ins Hemd machen muss, dass man den Forenbetreiber mit der Antwort in Schwierigkeiten bringt, weil man ein paar Paragraphen zitiert hat, dann ist das schon eine große Erleichterung - und ein Gewinn für die Redefreiheit.
CU
Olaf
Die Internetforen brauchen Scheinwerfer, Glühwürmchen reichen nicht. Wie schützt der Staat Forenbetreiber vor Provokateuren und Einschüchtrern?
Zeitungen/Verlage haben Rechtsabteilungen oder feste Anwälte, die können entscheiden wie mit fragwürdigen Leserbriefen bzw. fragwürdigen Protesten zu verfahren ist.
Für die meisten Foren wäre das ein untragbarer Aufwand, zumal auch noch unmittelbares Handeln verlangt wird.
Wie sieht das Analogon zur Pressefreiheit/Schutz der Pressefreiheit für die neuen Medien aus?
> Wie schützt der Staat Forenbetreiber vor Provokateuren und Einschüchtrern?
Gar nicht, die gehen dem Staat am ***** vorbei. Da stehen ja keine milliardenschweren Konzerne hinter, also wozu deren Interessen vertreten. Wenn ein Provokateur aber rechtsradikale Parolen in ein linkes Forum reinschreibt, dann wird das Forum natürlich dicht gemacht, das ist ja klar :-(
Das schöne an Leserbriefen ist ja, dass diese sich nicht von selbst veröffentlichen können. Damit sie an die Öffentlichkeit gelangen, muss sie erstmal jemand lesen - zwangsläufig. Was allerdings auch dazu führen wird, dass so mancher Leserbrief in der Masse untergeht und gar nicht beachtet wird. Bei Forenbeiträgen ist es grad umgekehrt - die werden sofort ausgehängt, sichtbar für ein Milliardenpublikum weltweit, und wenn der Beitrag anstößig sein sollte, fällt es erst dann auf, wenn es eh zu spät ist.
CU
Olaf
Rechtsberatung war schon immer möglich, nur nicht in einem speziellen Fall.
Sonst gäbe es da nicht eine entsprechende Fernsehsendung.
Das mag sein, nur - in einem Forum geht es ja immer um spezielle Fälle. Da postet ein User X was er mit Händler Y erlebt hat und fragt uns um Hilfe - und einige eiern dann immer herum mit "ich würde dir ja gerne helfen, darf hier aber keine Rechtsberatung abgeben" u.ä.
Wäre schön, wenn wir diesen Maulkorb irgendwann wieder loswürden...
CU
Olaf
Wenn ich jemandem in einem Forum helfe, dann ist es keine Rechtsberatung.
Ich sage ihm, was ich machen würde und ich zeige ihm, wo er sich schlau machen kann.
Der Satz: "Das ist keine Rechtberatung" oder bei ebay "Verkauf nach dem neuen EU-Recht" ist eh von Leuten, die sowieso keine Ahnung haben.
Macht sich aber wichtig oder?
Glaube ich nicht, dass sich jemand wichtig machen will, schon gar nicht bei ebay. Dieser stereotype Zusatz mit dem angeblich(!) "neuen EU-Recht", nach dem man die Gewährleistung neuerdings erstmal ausschließen muss, um davon frei zu sein, ist für den Verkäufer eine äußerst ärgerliche Angelegenheit. Letztlich erweckt er damit nach außen immer den Eindruck, als wolle er defekte Ware verkaufen, selbst wenn die völlig in Ordnung ist.
Denn wenn sie wirklich in Ordnung wäre, so die gängige Käuferlogik, dann brauchte er ja nichts zu verklausulieren... ist u.a. bei Nickles schon öfter so gepostet worden, "wer keinen Dreck am Stecken hat, braucht auch keine Gewährleistung auszuschließen".
CU
Olaf
Für Foren dürfte das wohl wenig Auswirkungen haben.
Auch bei der altruistischen Rechtsberatung müssen aber Mindeststandards gelten, die die Beratenen vor unqualifiziertem Rat schützen. Deshalb müssen alle Personen und Organisationen, die außerhalb des Familien- und Freundeskreises unentgeltlichen Rechtsrat anbieten, entweder selbst Volljuristen sein oder eine qualifizierte juristische Anleitung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherstellen
Und das ein Gesetz aus der Nazi-Zeit stammt ist nun wirklich nicht selten. Muss aber nichts bedeuten, wenn es danach schon zigfach geändert wurde (zuletzt 2002, wenn ich mich nicht irre). Ein Zitat aus jurawiki ist da bezeichnend
Zwar ist das Rechtsberatungsgesetz ursprünglich 1935 erlassen worden, aber der seinerzeit nationalsozialistische Inhalt ist schon alsbald nach Ende des zweiten Weltkrieges durch Gesetzesänderungen aus dem Gesetz entfernt worden. Übriggeblieben sind allein die Regelungen, die in einer für eine Demokratie angemessenen Weise dem Verbraucherschutz und der Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege dienen. Es stört ja auch niemanden, daß das BGB im Kaiserreich erstmals in Kraft getreten ist, das Strafgesetzbuch sogar 1871.
Vielmehr gilt: Das alte Recht ist das gute Recht, denn es hat sich bewährt.
> Deshalb müssen alle Personen und Organisationen, die außerhalb des Familien- und Freundeskreises unentgeltlichen Rechtsrat anbieten,
Für mich ist eher die Frage, ab wann ein Beitrag in einem Forum als "Rechtsrat" eingestuft wird. Wenn jemand auf Contra Nepp ein Problem mit einem Händler zu einem Gewährleistungsfall postet und uns fragt, was wir an seiner Stelle tun würden, müsste es eigentlich legitim sein, auf die Frage zu antworten. Nur bleibt es dann häufig nicht aus, dass jemand sagt, "das und das ist dein gutes Recht, das steht auch so im BGB, lies mal § 4711". Da stellt sich die Frage, ob Nickles deswegen nicht abgemahnt werden könnte.
Ich fände das nicht in Ordnung. Schließlich ist ein Hinweis auf einen Paragrafen ja nur eine Art "Quellenangabe", lesen muss der User schon selber. Das BGB ist in jeder gut sortierten Buchhandlung erhältlich, es ist daher ein Stück Informationsfreiheit, darauf zu verweisen und daraus zu zitieren, ohne dass dem Forenbetreiber daraus Scherereien entstehen.
CU
Olaf
LOL und sowas nennt die Jurawiki wohl noch eine neutrale Sichtweise?
Wer mir erzählen will, daß ein Posting mit ein paar Links zu Gesetzen und Kommentaren eine Rechtsberatung darstellt, der hält die Bildzeitung wohl auch für deutsche Literatur. Das Gezeter um die Tips im Netz wird von Juristen nur so aufgebauscht, weil sie ihre Pfründe schützen wollen. Nix als Lobbyismus.
Sorry, hab Dein Post erst jetzt gelesen.
Der 1. Teil meines Posts ist O-Ton Zypries, nicht Jurawiki
Dafür gibt es die gute altbewährte Antwortbenachrichtigung, auf dass auch ältere Threads noch ein bisschen leben können ;-)
Wenn ich einen Halbsatz lese wie: Auch bei der altruistischen Rechtsberatung müssen aber Mindeststandards gelten, kann ich dem grundsätzlich natürlich nur zustimmen, auch der Ausführung danach. Was mich mehr beschäftigt bzw. Auslöser dieses Threads für mich war, ist die Frage: Wann fängt denn eine Rechtsberatung überhaupt an?
Mein Standardbeispiel: Jemand schildert ein Erlebnis mit einem Händler und fragt, was wir an seiner Stelle tun würden. Es folgen einige Tipps und Schilderungen von ähnlichen Fällen, begleitet meinetwegen auch von einem lebhaften Meinungsaustausch mit aufeinander prallenden Standpunkten. Mancher User sieht das Ganze ja auch aus der Händlerperspektive.
So weit so gut erstmal. Wenn aber jemand im Zuge dieser Diskussion sagt, du hast ein Recht auf das und das, steht so im BGB, schau mal § 4711 - ist das dann eine abmahnfähige Rechtsberatung? Ich meine, die Rede- und Meinungsfreiheit sollte im Zweifelsfall das höhere Gut sein, das Recht auf freien Erfahrungsaustausch Vorrang haben.
Die Crux dabei: Es muss ja gar nicht erwiesen sein, dass ein beanstandetes Posting tatsächlich eine Rechtsberatung war. Es genügt ja, wenn ein findiger Rechtsanwalt eines Mitbewerbers der subjektiven Meinung ist, es handele sich um einen Verstoß... da müsste m.E. als erstes nachgebessert werden. In anderen Ländern ist die 1. Abmahnung kostenfrei - würde man das in Deutschland einführen, wäre der Spuk schnell vorbei, bzw. auf ein erträgliches Minimum reduziert.
CU
Olaf