Hallo zusammen!
Vor ein paar Jahren habe ich in einer Zeitschrift einen Artikel gelesen, in dem es um ein Urteil eines Arbeitsgerichts ging. Ich werde den Fall kurz schildern und möchte alle bitten, die die richtige Auflösung kennen, sich zunächst mit Postings zurückzuhalten – bitte auch nicht "googlen" oder anderweitig recherchieren, mich interessiert, wie ihr "aus dem Bauch heraus" diesen Fall beurteilt.
Eine Angestellte in einem Lebensmittelgeschäft bekam an einem Samstagmittag, kurz vor Dienstschluss, von ihrem Chef die Anweisung, nicht verkauften Fisch zu entsorgen, weil dieser am Montag nicht mehr als frische Ware hätte verkauft werden können. Da der Fisch aber noch gut war, wurde er von der Angestellten nicht entsorgt - sie nahm ihn stattdessen mit nach Hause und gab auch ihren Nachbarn etwas davon ab. War wohl etwas zu viel für einen...
Der Chef hatte es jedoch gemerkt und daraufhin wegen Diebstahls der Angestellten fristlos gekündigt. Die ging vors Arbeitsgericht und klagte auf Wiedereinstellung.
Frage in die Runde: Wie hat das Arbeitsgericht entschieden?
CU
Olaf
P.S. Auflösung folgt morgen - deshalb nochmals die Bitte, wer's weiß, nichts verraten ;-)
Off Topic 20.481 Themen, 227.555 Beiträge
Juristisch hat wohl der Arbeitgeber Recht bekommen, da es sein Eigentum war und er darüber die Verfügungsgewalt hat die ihm durch die Mitarbeiterin entzogen wurde.
Moralisch ist´s natürlich was anderes. Allein die tatsache, daß es vor ein Arbeitsgericht ging ist ein Armutszeugnis für den Chef.
Entscheidung aus dem Bauch heraus ist gut - da habe ich genug von...
Das Gericht wird es wohl als Diebstahl gewertet haben, denn ob noch gut oder nicht, der Fisch gehört dem Laden. Und der Bestimmt, was damit passiert.
Ich denke da steckt wohl auch der Gedanke hinter, dass die Leute, die - in diesem Fall den Fisch - solche Waren umsonst bekommen sie am Montag eben nicht frisch für teuer Geld kaufen. Deshalb: Lieber vernichten.
Hi,
wenn sie den Fisch mitnimmt ohne es mit dem Chef abzusprechen ist es Diebstahl, als Angestellte ist sie Weisungsgebunden, und die Weisung war den Fisch zu entsorgen ...
denk ich mal.
Alexander
Der Thread hängt keine halbe Stunde aus, und schon ist das Rätsel gelöst. Dann warte ich jetzt auch nicht mehr bis morgen mit der Auflösung ;-)
Um ehrlich zu sein: Ich war damals bass erstaunt, dass das Arbeitsgericht das Verhalten der Angestellten als Diebstahl gewertet und die fristlose Kündigung als rechtmäßig bestätigt hat. Der Knackpunkt ist: Selbst wenn der Fisch schon im Mülleimer gelegen hätte, so wäre er immer noch das Eigentum des Arbeitgebers gewesen.
Ein weiteres Pro-Argument klingt in Hundevattas Posting an: Wenn das so einfach wäre, wie die Angestellte es sich gedacht hat ("Der Fisch sollte ja sowieso in den Müll, dann darf ich ihn gern mit nachhause nehmen"), dann könnten Angestellte in Zukunft ein wenig "nachhelfen", d.h. Lebensmittel absichtlich alt werden lassen, damit sie sie in Folge umsonst "abgreifen" können.
Und noch etwas...
Ein Argument der entlassenen Angestellten vor Gericht war der Hinweis darauf, dass sie als alleinerziehende Mutter finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet sei, weil sie eben nicht nur sich, sondern auch ihre kleine Tochter irgendwie durchbringen müsse. Deswegen bat sie um Nachsicht. Knallharter Konter des Richters: "Dann hätten Sie erst recht nicht so verantwortungslos handeln und ihren Job durch einen Diebstahl aufs Spiel setzen dürfen" -- puuh...!
THX
Olaf
Ich finde das Argument von der Frau total dumm, weil damit bezichtigt sie sich doch selber des Diebstahls. Sie sagt, ich musste stehlen, weil sonst wär ich verhungert. Viel besser wäre das Argument gewesen, dass sie moralisch gut handeln wollte und keine Lebensmittel unnötig vernichten wollte.
Die Kündigung ist wirksam. Auch der Müll einer Firma gehört der Firma oder dem Entsorgungsunternehmen. Es ist auch völlig egal, um was es sich handelt. Wer etwas von Arbeit mitnehmen will, muß die ausdrückliche Erlaubnis des Arbeitgebers einholen und darum geht es dabei auch; der Arbeitnehmer hat keine Entscheidungsbefugnis, egal wie widersinnig es in einigen Fällen auch scheinen mag. Die Angestellte dürfte sang und klanglos vor dem Gericht gescheitert sein, was sicher sogar noch eine 3monatige Sperre beim Arbeitsamt zur Folge hatte. Im Prinzip gilt das schon für ein paar Schrauben, die im Müll lagen oder einen Kugelschreiber etc.
Die Kündigung ist rechtens, denn der Fisch gehört dem Chef.
Sie hätte den Fisch erst in den Müll werfen müssen, dann warten, bis er aus der Verfügungsgewalt des Chefs ist (durch Leerung der Tonne) entzogen ist und sich dann nach mehreren Wochen der herrenlosen Sache (vermutlich dann Fischgräten) bemächtigen können.
So wüerde ich entscheiden
Elblindo
Ich denke mal der Chef hat auch ein Interesse, dass nicht mehr so frische Ware aus seiner Firma eben gerade NICHT die Runde macht. Fristlose Kündigung halte ich für völlig überzogen, Abmahnung hätte reichen müssen. Da hat der Richter wohl seine sadistische Ader gefüttert...und offenkundig wollte der Chef da sowie so eine Mitarbeiterin loswerden. Vielleicht hat er sogar mit der Anweisung eine Falle gestellt.
[Diese Nachricht wurde nachträglich bearbeitet.]
Formaljuristisch ist der Richterspruch in Ordnung. Doch auch Richter haben einen Ermessensspielraum. Dieser "Richter" hätte das Verfahren gegen Zahlung einer Minigeldbuße ja auch wegen Geringfügigkeit einstellen können.
@Lupe1: Da gab's nichts gegen Bußgeld einzustellen - es war ja die Frau, die das Verfahren angestrengt, d.h. auf Wiedereinstellung geklagt hat. Eine Strafanzeige wegen des Diebstahls hat es wohl nicht gegeben - letztlich war der Verlust des Arbeitsplatzes Strafe genug.
Jo, danke nochmal fürs Mitmachen.
THX
Olaf
Bei uns im Betrieb gibt es sogenannte "Schrottscheine", die der Vorgesetzte ausstellen kann.
Sollte ich am Tor mit Schrott oder "Abfall" ohne diesen Schrottschein erwischt werden, ist das ein Grund zur Kündigung.
Was lehrt das:
Frage deinen Chef, dann ist es normalerweise kein Problem und Du bist auf der sicheren Seite - ansonsten ist es Diebstahl.
Die junge Frau hätte sicher etwas von dem Fisch mitnehmen können, wenn sie ihren Chef einfach gefragt hätte, so vermute ich.
Gruß, Brezel
Hallo Olaf !
Ich habe noch keine Antworten gelesen. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen es kommt darauf an welchen Richter sie erhalten hat. Die entscheiden sowiso nicht alle gleich. Aber laut meiner Erfahrung ist sie sicher angeklagt auf Grund des nicht befolgen einer Anweisung die lt. Lebensmittelgesetz als schwerwigend eingeschätzt wird und selten auf Milderung stoßt. Auf Grund der nicht vorhersehbaren Folgen, welche sicher eine Vergiftung nachsich führen können, ist dies zu anden. Ihr zu Gute halten könnte sein, wenn sie ein Fachkraft ist der zu zu muten ist, und sie mit Sicherheit auschliesen kann, daß die Ware tatsachlich schlecht ist und der Chef sich Irrt. Dann kann sie zwar nicht nach dem Lebensmittelgesetz verurteilt werden, aber mit Sicherheit des Diebstahles.
Na was glaubst du ?
Werde jetzt die anderen anhören und dann deine Version!
Gruß Lukulus
Ich glaub da konnte sie ganz beruhigt sein, da diese Ware ja noch an diesen Abend in verkauf war und ebenso 5min vor Ladenschluß verkauft werden können ;)
Ich denk der Supermarkt muss gewährlesiten das seine Ware auch X Tage beim kunden genießbar bleibt bei richtiger lagerung und deshalb muss er abundzu Frischwaren wegschmeißen die durchaus noch einige zeit genießbar sind.
Das verhalten des Chef und des Richters hat mich nicht sonderlich überrascht, auch wenn ich überzeugt bin das es eine Abmahnung auch getan hätte(war sie eh schon abgemahnt oder ähnliches würd ich vermutlich ähnlich handeln). Das hat den einfachen Grund das mit solchen vorgehen das geschäft geschadet wird, da dadurch Kunden auch aus anderen Quellen versorgt werden können. Dies ist zwar bei vergänglichen Waren schwer möglich aber ich vermut schon das Mitarbeiter die das dürfen auch gerne artikel in bekanntenkreis verteilen(vll auch für ein kleines Entgeld).
... die Lage ist eindeutig - das ist definitiv Diebstahl,
auch wenn das "Empfinden" dagegen spricht..
Viel wichtiger ist meiner Meinung nach die von Olaf gestellte Frage:
"Rechtsempfindung" und "Rechtsprechung".
Wollt Ihr einen Fall aus dem Mietrecht?
Ich habe so etwas im Moment laufen und die meisten von Euch würden
dabei jetzt "die Messer wetzen" (ich muss so vorsichtig sein und die Anführungsstriche setzen).
Aber mein Mietnomade zeckt und zockt mich ab...
Nochmal: es geht hier um "Rechtsempfinden" versus "Rechtssprechung".
Andreas
Man könnte sich nun streiten, was unter entsorgen zu verstehen ist. Aus der Sicht des Geschäftes wurde der Fisch ja "entsorgt", will heissen der Chef wurde von der "Sorge entbunden".
Es wurde ja durch den Chef nicht explizit definiert wie der Fisch zu entsorgen ist, also rein in die Tonne , oder über die Mauer auf Nachbars Grundstück, ins Klo oder wie auch immer !
Wobei wohl für die Verkäuferin der richtige Weg gewesen wäre, ihren Chef einfach zu fragen, ob sie was mitnehmen könnte, da man ihn ja sowieso vernichtet.
Drei Rechtsgelehrte und vier Meinungen !
[Diese Nachricht wurde nachträglich bearbeitet.]
Ich antworte jetzt mal, ohne irgendeine Antwort gelesen zu haben:
Das Arbeitsgericht hat der Frau recht gegeben, weil dem Chef kein Schaden entstanden ist und Entsorgung ein dehnbarer Begriff ist. Sie hat die Fische entsorgt, auf welche Weise ist ja nicht vorgeschrieben, sie hat sogar sehr umweltfreundlich und gut gehandelt.