Alle bisherigen Aussagen Hatterchen45, Borlander und Anne0709 kann ich nur voll unterstreichen.
1. (Hatterchen45) - hochkomplex
2. (Borlander) - es handelt sich um ganz verschiedene Sachverhalte
3. (Anne0709) - Leute reden viel, wenn der Tag lang ist
4. Kannst Du Erkrankungen nicht danach bemessen, wie jemand auf der Straße ausschaut
Aber ein klein wenig Licht möchte ich Dir doch ins Dunkle bringen, auch wenn ich das hier, wegen der Komplexität und der individuell unterschiedlichen Voraussetzungen, nicht vollständig aufführen kann, sondern nur grob skizziere:
- Schwerbehinderung
Zuständig ist i.d.R. das Versorgungsamt. Der GdB (Grad der Behinderung) wird in % gemessen. Ab einem GdB von 50% erhält man einen Schwerbehinderten-Ausweis, der auch weitere Merkmale, wie z.B. "Begleitung" Merkkennzeichen "B" enthalten kann (Notwendigkeit ständiger Begleitung) oder "erhebliche Gehbehinderung, Merkkennzeichen "G".
Vergünstigungen können sein
- erhöhter Urlaubsanspruch
- Befreiung von der Rundfunkgebühr
- steuerliche Pauschalbeträge u.m.
Der Grad richtet sich nach krankheits-/unfallbedingten Funktionsausfällen. Gibt es keinen Funktionsausfall, gibt es auch keinen GdB (Beispiel: Verkrüppelung des Arms nach Unfall, der Arm ist aber ohne Einschränkung weiter funktionstüchtig).
Die Höhe des GdB richtet sich nach allen durch Krankheit/Unfall ausgelösten Funktionsausfällen, nicht berücksichtigungsfähig sind altersbedingte Minderungen.
Die Funktionsausfälle werden auch nicht "zusammengerechnet", sondern in ihrer Gesamtheit betrachtet. Ausfälle die sich gegenseitig bedingen, werden nur einmal berücksichtigt (Beispiel: Bewegungsstörungen bei Morbus Parkinson sind nicht zusätzlich zu zählen, da sie leider ohnehin zum Krankheitsbild gehören).
Der GdB sagt nichts über die Erwerbsmöglichkeit aus und steht auch in keinem direkten Zusammenhang, kann allenfalls ein Indiz sein, für die:
- Erwerbsminderung(s-Rente):
Zuständig sind vor allem Rentenversicherungsträger und berufsständische Versorgungswerke.
Erwerbsunfähig ist derjenige, der Aufgrund einer Erkrankung/Unfall dauerhaft (mind. 6 Monate) nicht oder nur teilweise in der Lage ist, jedwede dem Erwerb dienende Tätigkeit auszuführen.
Dabei gilt, wie Borlander schon ausgeführt hat, eine "teilweise Erwerbsminderung", wenn der Geschädigte einer Tätigkeit zwischen 3-6 Stunden, eine "vollständige Erwerbsminderung", wenn der Geschädigte unter 3 Stunden beruflich tätig sein könnte. Ab 6 Stunden gilt der Geschädigte als "nicht erwerbsgemindert".
Wenn der Geschädigte erwerbsgemindert ist und auch tatsächlich keiner bzw. nur im Rahmen der Zumutbarkeit (Hinzuverdienstgrenzen) einer Erwerbstätigkeit nachgeht, werden bei teilweiser Erwerbsminderung 50% der Erwerbsminderungs-Rente gezahlt, bei vollständiger Erwerbsminderung 100%.
Fragen:
1. Warum führt ein GdB von 100% nicht zu einer vollständigen Erwerbsminderung, kann es aber?
Beispiel 1: Der Geschädigte ist vollständig blind -> 100% GdB. Er übt aber einen Beruf vollständig aus (sprachgestützter Computerarbeitsplatz, Blindenwerkstätte, etc.) -> "Keine Erwerbsminderung"
Beispiel 2: Der Geschädigte ist vollständig blind und durch seine Blindheit so psychisch erkrankt, dass er keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann -> "Vollständige Erwerbsminderung"
2. Warum führt eine "vollständige Erwerbsminderung" nicht automatisch zu einem GdB von 100%
Beispiel: Geschädigter leider unter krankheitsbedingten ständigen Schmerzen, die ihn zwingen leistungsmindernde Medikamente zu nehmen (z.B. Opiate) -> Je nach Schweregrad z.B. "teilweise Erwerbsminderung", da er nicht in der Lage ist länger als 6 Stunden zu arbeiten, aber nur ein GdB von z.B. 50%, da die körperliche Gesamtfunktion nicht zu 100% eingeschränkt ist.
- Rehabilitation
Dient in erster Linie dazu, eine Erwerbsminderung zu verhindern bzw. zu mildern. Da für Erwerbsminderung vorgenannte Renten vorgesehen sind, ist i.d.R. auch der Rentenversicherungsträger zuständig.
Der Geschädigte soll davor bewahrt werden, dauerhaft nicht mehr beruflich tätig sein zu können.
- Kuren
Zuständig i.d.R. Krankenkassen/-versicherer. Voraussetzung: Diverse, u.a. zeitliche. Kuren dienen üblicherweise dazu, bei einer "geschwächten" Person die Arbeitsleistung zu erhalten, d.h. dafür zu sorgen, dass die Person überhaupt erst nicht vollständig arbeitsunfähig in seinem bisher ausgeübten Beruf wird, durch allgemeine Roborierung (Kräftigung).
- AHB bzw. AGM
Anschlussheilbehandlung bzw. Anschlussgesundheitsmaßnahme. Zuständig: Kommt drauf an, Krankenkasse/-versicherer oder Rentenversicherungsträger.
I.d.R. nach schwerwiegenden Erkrankungen oder Operationen im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt. Je nach Ziel - Vollständige Genesung, Verhinderung einer Erwerbsminderung, etc. - ergibt sich die Zuständigkeit. Ansprechpartner ganz überwiegend zunächst der Krankenversicherungsträger
Ich hoffe, dass die Ausführungen, die beileibe nicht vollständig sein können, ein wenig weiterhelfen.
Es kommt tatsächlich auf viele verschiedene einzelne individuellen Faktoren an. So können auch nicht erwerbstätige Personen Kuren erhalten (Mutter-KInd-Kur) oder Behinderte ohne Erwerbstätigkeit eine Rehabilitation nach dem Schwerbehindertengesetz.