Was genau muss ich denn machen – das Addon Enigmail installieren und dann?
Du musst ein Schlüsselpaar erzeugen und den öffentlichen Schlüssel davon Deinen Kommunikationspartnern geben. Dazu brauchst Du als dritte Komponente (neben Thunderbird und Enigmail) noch ein Verschlüsselungsprogramm, z.B. GPG4Win. (Zu Mac-Alternativen kann ich nichts sagen, die wird es aber sicher auch geben.)
Müssen alle meine Kontakte das auch installieren?
Nicht zwangsläufig, das hängt natürlich vom jeweiligen E-Mail-Programm ab, das die Leute nutzen.
Was wenn sie keinen Thunderbird haben?
Es gibt auch andere E-Mail-Programme, die mit verschlüsselten E-Mails umgehen können.
Und man kann auch unabhängig von einem bestimmten E-Mail-Programm jede beliebige Datei verschlüsseln, so dass sogar Programme ohne Verschlüsselungsoption zur Übermittlung verschlüsselter Inhalte genutzt werden könnten.
Ein Mailprogramm, das keinerlei Verschlüsselungsoption bietet ist allerdings heutzutage genau so abzulehnen wie ein Browser, der nicht verschlüsseln kann.
Können die dann meine verschlüsselt ankommenden Nachrichten nicht mehr lesen bzw. wenn doch – warum?
In der Frage steckt ein grundsätzliches Wissensdefizit Deinerseits drin: Du kannst überhaupt nur an jemanden eine verschlüsselte E-Mail senden, wenn derjenige Dir vorher seinen öffentlichen Schlüssel gegeben hat. Das ist nur der Fall, wenn derjenige sich selbst schon mit dem Thema befasst hat und selbst die Voraussetzungen für den verschlüsselten Empfang geschaffen hat.
Eine verschlüsselte Mail an jemanden zu senden, der selbst nicht verschlüsselt, ist somit quasi nicht möglich.
Welchen gewaltigen Nachteil hatte ich bislang dadurch, dass ich dieses Feature nicht genutzt habe?
Alle Inhalte aller Deiner Mails werden von Geheimdiensten (und nicht nur von denen) mitgelesen und gespeichert. Du hast Null Privatsphäre. (Aber das muss ich Dir doch eigentlich nicht erklären, oder?)
Kommuniziert dein kompletter Bekanntenkreis auch mit verschlüsselter Mail, und wenn nicht,
Nein, leider nicht. Viele denken, es wäre umständlich. Selbst IT-affine Leute verweigern sich gern diesem Thema.
Ich versuche, bei entsprechenden Gelegenheiten, die Leute dafür zu sensibilisieren. In meinen Internet-Kursen lernen die Teilnehmer den grundsätzlichen Umgang mit verschlüsselten E-Mails.
Das mache ich mit ThunderbirdPortable; ich habe das Standardverfahren mit Thunderbird, Enigmail und GPG4Win leicht modifiziert, so dass es auch mit der portablen Version von Thunderbird genutzt werden kann.
wie verständigt ihr euch dann?
Dann natürlich unverschlüsselt. Und genau das ist das Problem: Je mehr sich alle anderen verweigern, umso mehr leiden die darunter, die sich nicht verweigern.
Das ist ähnlich wie bei den Leuten, die ihre Rechner nicht vor Malware schützen nach dem Motto "Mir doch egal, ich habe nichts zu verbergen und ich habe keine wichtigen Daten, mir ist es wurscht, ob mein Rechner verseucht ist." Diese Leute haben dann sicher kein Problem mit einer Verseuchung, andere Nutzer sehr wohl...
Was bitte hat Herr Snowden damit zu tun, ob ich meine Mails verschlüssele oder nicht?
Sehr einfach. Mir fallen zwei schwerwiegende Argumente ein, es gibt aber sicher noch mehr:
1. Seit den Snowden-Veröffentlichungen ist die bloße Ahnung, wir würden flächendeckend überwacht werden zu einer für jedermann sichtbaren Gewissheit geworden. Niemand kann jetzt noch ernsthaft von "Verschwörungstheorien" faseln, wenn klipp und klar bewiesen ist, was da abgeht! Das Argument "Das habe ich ja alles nicht gewusst", zieht nicht mehr.
2. Auf Grund von (1.) sind seit 2013 viel mehr Veröffentlichungen zu diesem Thema erschienen, das Wissen über die Notwendigkeit dürfte inzwischen bei weit mehr Leuten vorhanden sein.
Gruß, mawe2