Die schnellste Grafikkarte der Welt. 22.4.2001
Die Leute sind doch verrückt – denke ich alle 14 Tage. Wenn wieder mal eine neue Computer-Zeitschrift erscheint und Grafikkarten getestet werden.
Wieder ein neuer Rekord. 92 statt 84 Frames pro Sekunde. Das ist wirklich ein großartiger Fortschritt. Da bezahlt man gerne die 1300 Mark, die das Teil kostet. Fast so viel wie der Rest des Rechners.
Die Leute sind verrückt, denke ich. Und gehe, wie zufällig, zu meiner Bastelkiste. Kiste? Ein halber Schrank voll, mittlerweile.
Ich fange an, zu bauen. Ein altes Mainboard, so eines mit diesen komischen, schwarzen Steckplätzen, Speicher ist auch noch da...ich könnte doch mal wieder einen ‚alten – neuen’ Rechner zusammenbauen.
Irgend etwas fehlt noch. Ach so, die Grafik. Hatte ich nicht mal ganz früher...??
Ich hatte, sie liegt noch in einer Ecke. Eine Grafikkarte, so lange, wie der ganze Computer tief ist.
„Video 7 VRAM“ steht drauf. Und die Jahreszahl 1988. Dahinter steckt eine kleine Geschichte.
Irgend wann einmal wollte ich etwas wirklich gutes für meinen Computer kaufen – übrigens ein ‚8088 XT’ mit der berühmten Taktfrequenz 4,77 Megahertz.
Etwas wirklich gutes, zukunftsträchtiges. Da hat doch, stand in einer Zeitschrift, die hieß, glaube ich, ‚DOS’, da hat doch eine Firma in Californien etwas revolutionäres herausgebracht. Eine Grafikkarte, die gleichzeitig Daten einlesen und ausgeben kann. Die schnellste der Welt. Demnächst sei sie auch in Europa zu haben.
Wochenlanges warten. Und immer wieder überlegen. Soll ich wirklich? Alle Ersparnisse in dieses wunderbare Stück Technik? Kann man das rechtfertigen?
Sicher doch, dachte ich. So etwas gutes, leistungsfähiges, das hat man dann auch für’s Leben. Den Rechner kann man einmal austauschen; und die Wunderkarte behalten.
Dann war sie also da. 1928.- inclusive Mehrwertsteuer. Mit 256 Kilobyte V-Ram. Ein paar Monate später habe ich noch einmal in die Tasche gegriffen und aufgerüstet. Weitere 256 Kilobyte ‚V-Ram’ für 800.-. Mehr ging nicht. Aber es sollte ja eine Investition für die Zukunft sein.
Die Leute sind doch verrückt. Denke ich alle 14 Tage.....
Die Karte habe ich übrigens gerade wieder ausgebaut. Das Programm, das ich gerade installieren will, verlangt nach mindestens 256 Farben. Und der Monitor ist auch ein wenig größer als der Kartenhersteller es sich damals vorstellen konnte.
Jetzt liegt sie wieder im Schrank.
Die Leute sind doch verrückt, denke ich alle 14 Tage.
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Man reiche mir mein Tränenfässchen...
Schau mal wieviel Spass Spiele heute machen.
Damals haben wir doch alle keinen Spass gehabt. Auf dem C64 (Gott sei seines Soundprozessors gnädig) konnte man doch nicht spielen! Da musste erstmal ein Amiga500 her. Dann gab es einen Irren in meiner Klasse, der hatte einen 386sx(25 MHz) mit irrsinnigen 2 MByte RAM und VGA-Grafikkarte. Sau teuer war die Schüssel damals! Aber er konnte Wing-Commander spielen... der Neid überkam alle..
Ein PC wurde angeschafft. Bei mir reichte die Knete nur für einen gebrauchten 286 (12 MHz) mit EGA-Grafik und S/W-Monitor.
Auch hatte meiner nur 1 MByte RAM. Wing Commander war unspielbar!
Das Wettrüsten begann.
Sage und schreibe 6 Jahre lang habe ich in das Gehäuse reingestopft, was die Geldbörse hergabe. Neue RAMs, eine 2. Platte (meine erste hatte nur 20 MByte), Soundblaster 2.0... Dann irgendwann ein gebrauchter 386er DX (33 MHz).
Und es hatte Sinn! Denn es gab immer etwas, dem man nachhechelte. Wing Commander 2 lief erst Jahre nach dem Erscheinen auf meinem Rechner. Dann kam Strike-Commander. Damit es lief brauchte man einen 486er DX2. Das hatte damals niemand. Also wurde gespart. Über ein Jahr hats gebraucht, bis ich mir das Motherboard und CPU leisten konnte. Dann musste noch RAM rein, 8 MByte für 320 Mark (in 4 Modulen!) ...
Irgendwann kaufte ich mir einen Pentium 100. Dann eine Voodoo1.
Ich nenne das den Beginn der neuen Zeit! Es war 1995...
Was ist heute???
Mehr Leistung hab ich unter der Haube, als ein modernes Programm im nächsten Jahr brauchen wird. Gekostet hat es mich rund 1200 Mark (1,2 GHz CPU + Motherboard + 256MByte RAM). Meine Soundkarte wird immer noch nicht von irgendetwas wirklich genutzt. Meine Grafikkarte übertrifft meine Voodoo1 um das x-fache. Es gibt eine 5-stellige Summe an Spielen, die ich auf meiner Kiste zocken könnte. Wing Commander ist vergessen, Strike Commander weg. Ich bin auch gar nicht so gierig auf ein Spiel, wie ichs früher war. WC habe ich Wochen und Monate gezockt, Ultima Underworld 2 und Elite2-Frontier sogar 1-2 Jahre lang.
Ein Vergleich: Quake 3 = 1/2 Jahr; SOF = 3 Monate; Elite Force = 1 Woche; C&C 3 = 1 Woche; ...
Kein Spiel reizt mich mehr, keins lockt mich unterm Ofen hervor.
Dann kann man noch nahtlos zum Multiplayer kommen. 1997 spielte ich mit einem Kumpel Patrizier. Pizza und Bier waren vorhanden. Wir sassen am PC und feixten. Multiplayer hiess vor 4 Jahren noch 2 oder mehr an einem Gerät.
Heute: Du brauchst 2 PCs, die können tausend Kilometer von einander entfernt sein. Der Partycharakter einer Zockerei sinkt ins bodenlose...
Ich danke für den "Fortschritt"
Philosophischer Gedanke zum Schluss:
"Ich spiele, um der Realität zu entfliehen.
Die Spielebranche entflieht ihrer Ideenlosigkeit in realitstischeren Darstellungen!"
PCO