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Hin und wieder lese ich im Tagebuch meines Onkel Hoste.
Die meisten Sachen die er schreibt sind trivial bis krank.
Folgende Eintraege haben mich aber dann doch auesserst nervoes gemacht.
Was geschah mit Onkel Hoste?


Liebes Tagebuch! Was sind das für fragile Wesen, die unseren Planeten bevölkern? Ellenlange Gedichte werden ihnen gewidmet, Kriege werden für sie geführt, Lanzen gebrochen. Sigmund Freud beschäftigte sich ein Leben lang mit ihnen und doch verstand er ihr Streben nicht. Läuft letztlich wohl auf einen Selbstversuch heraus.....

01.01.2000 Es ist mir Ernst! Ich schrecke vor nichts zurück: Ich versuche erstmals, im Sitzen zu pinkeln. Das ist sehr schwer, weil der Rand des Deckels wirklich kein geeigneter Platz zum draufsetzen ist und ich mit den glatten Socken immer wieder von der Klobrille abrutsche. Erst als ich die Socken ausziehe und mich mit den Zehen an der Brille festklammere, klappt´s mit dem Pinkeln. Die komplizierte Technik muß der Grund dafür sein, warum Frauen nie allein auf´s Klo gehen.

10.02.2000 Meine behaarten Beine jucken fürchterlich unter der Strumpfhose und so entschließe ich mich endlich, sie zu rasieren. Verbrauche eine komplette Dose Rasierschaum und fünf Klingen. Aus der Menge an Haaren, die im Waschbecken liegt, machen sich andere eine Perücke. Schließlich betrachte ich mein Werk vor dem Spiegel, drehe mein linkes Bein devot nach innen und hebe die Ferse leicht an. Sieht schon irgendwie geil aus. Lächerlich wirken nur die nackten Murmeln.

02.03.2000 Es gibt über hundert verschiedene BH-Verschlüsse. Ich beherrsche nicht einen Einzigen. Als ich mir endlich einen Büstenhalter mit dem Tacker geschlossen und über den Kopf gezogen habe, fülle ich ihn mit rotem Wackelpudding, weil ich mir eine natürliche Bewegung meiner Büste wünsche. Als der Bus jedoch über ein größeres Schlagloch fährt, greift mein Gegenüber kotzend zum Nothammer und rät mir, wegen der Sache doch mal einen Gynäkologen zu konsultieren.

10.03.2000 Als ich mir im Pennymarkt einen Sixpack holen will, fällt mir das erste Mal die Palette mit dem linksdrehenden Joghurt auf. Seltsam! Werde dem Phänomen nachgehen müssen. Muß noch an meiner Gestik feilen. Als Frau breitbeinig im Bus zu sitzen wirkt ordinär, ich kann aber die Beine nicht übereinanderschlagen, weil ich mir sonst was abquetsche. Richtige Frauen wie wir haben es echt schwer!

23.03.2000 Mache eine bizzare Erfahrung: Trotz meiner perfekten Rasur (GUILLETTE LadyShave) und meinem entwaffnenden Lächeln will der Pascha in der Strassenbahn einfach den Sitzplatz nicht freimachen. Erst nach mehreren wohlgezielten Schlägen mit meiner backsteinbeladenen Handtasche besinnt er sich eines Besseren und rutscht ohnmächtig vom Sitz. Anerkennendes Kopfnicken der umstehenden Damenwelt. Mein Lächeln gefriert, als ich am Boden meinen langjährigen Skatkumpel Horst wiedererkenne, dem langsam ein Horn durch den Filzhut wächst.

28.03.2000 Wilder Traum heute Nacht. Hatte Geschlechtsverkehr mit einem großen, starken Mann und habe "unten" gelegen. Habe versucht, einen Orgasmus vorzutäuschen, man kann nie früh genug damit anfangen, sowas zu üben. Sollte ich einmal überraschend Verkehr haben, will ich vorbereitet sein. Dieser Versuch ist leider fehlgeschlagen und so mußte ich mitten in der Nacht die Laken wechseln.

01.04.2000 Das, wo vor ich mich immer gefürchtet habe, ist eingetreten: Obwohl mein Chef von meinem Selbstversuch weiß, hat er mir am Kopierer an den Arsch gefasst, offensichtlich aus einem Reflex heraus. Leider lassen meine Reflexe zu wünschen übrig und so trete ich ihm mit dem Absatz meiner Pumps durch seine Halbschuhe hindurch, anstatt mich stöhnend auf ihn zu werfen. Er schlägt mir vor, den kompletten Vorfall in gegenseitigem Einvernehmen zu vergessen, weil er Familie hat. Ich habe keine Familie, will mir aber nicht vorwerfen lassen, ich sei schwul, oder lesbisch, oder wie das jetzt heißt. Bin diesbezüglich etwas verwirrt.

21.04.2000 Heute hat mich eine wildfremde Frau im Bus gefragt, ob ich den "Knackarsch" von dem Typ da vorne auch so klasse fände. Ich antwortete: "Ja süüüß!", weil ich mich nicht verraten wollte und wurde puterrot, als mir mein ursprüngliches Gechlecht einfiel und ich von einer Homophobie überfallen wurde. Meine Mitfahrerin machte allerdings ein Gesicht, als hielte sie mich für eine Jungfrau.

14.05.2000 Mich überkommt immer öfter das irrationale Verlangen, sogenannte "Einkaufsbummel" zu machen und Preise zu vergleichen. Die geliebte Auto-BILD habe ich gegen einen OTTO-Katalog ausgetauscht. Als ich meine gesamten Jahrgänge PLAYBOY zum Altpapier schleppe, schließt sich mir eine Gruppe geifernder, alter Männer an. Widerlich! Einen erkenne ich am nächsten Tag in den Lokalnachrichten wieder, weil ihn die Feuerwehr aus dem Papiercontainer schneiden mußte.

30.05.2000 Mein Chef humpelt nicht mehr, fängt aber an, in meiner Gegenwart frauenfeindliche Witze zu machen. Er zitiert Charles Bukowski: Der Feminismus wurde erfunden, um häßliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren. Das Macho-Schwein! Ich werde rot und muß mich mit einer Packung Cleenex auf die Toilette zurückziehen. Ich bin immer noch konsterniert, weil ich nicht weiß, wo ich das Tampon hinstecken soll.

02.06.2000 Ich habe gelernt, mir die Lippen zu schminken, ohne das jemand den Rettungswagen ruft, wenn er mich sieht.

05.06.2000 Ich habe gelernt, mir die Lippen mit einem Lippenstift zu schminken und nicht mit dem Eye-Liner. Danke Gabi!

10.07.2000 Mein Entschluß steht fest: Ich kann mit dem Zwitterdasein nicht mehr leben! Ich will eine richtige Frau sein! Ich will Karriere machen! Ich will die Welt entdecken! Ach Quatsch! Für den Anfang möchte ich erst mal wissen, wer sich um den Berg Schmutzwäsche kümmert, der aus dem Abstellraum herausquillt!

23.07.2000 In der Personalabteilung hat ein Neuer angefangen. Günther heißt der. Günther stellte mir gestern verstohlen Pralinen auf den Schreibtisch. Günther steckte mir gestern kleine Zettel an den Monitor, als ich mich schminken ging. Und Günther war es auch, der gestern mit einem blauen Auge nach Hause ging. Half alles nichts, er muß es wohl als Liebesbeweis aufgefaßt haben, denn heute hat er mir eine schmalzige e-mail geschrieben. Klar, eine Frau wie ich will ja erobert werden, aber muß es ein glatzköpfiger Masochist sein? Ich überlege, ob ich auf "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" mache oder mir von Günther zwischen die Beine fassen lasse. Dann könnte ich ihn wegen latenter Homosexualität erpressen. Hach, was sind wir heute wieder ein durchtriebenes Frauenzimmer!

02.08.2000 Habe mit der Hormonbehandlung begonnen. Mein Körper macht erstaunliche Veränderungen durch. Die gute Nachricht dabei: Ich muß mich nicht mehr so oft rasieren, die Schlechte: Ich muß sogar bei der "Sportschau" heulen.

10.10.2000 Spreche mit Doktor Dolor über die bevorstehende Operation. Meinen Penis werden sie irgendwie nach innen "umkrempeln", meine Hoden, an denen ich bisher so gehangen habe, brauche ich dann wohl nicht mehr. Aus Sentimentalität werde ich sie in die Glasvitrine stellen. Ich bin so aufgeregt!

03.11.2000 Ich stelle mich nackt und verstohlen vor meinen Spiegel und betrachte mich von oben bis unten. Wirklich beeindruckend! Ich streiche mit den Händen über meinen Körper. Doktor Dolor hat ganze Arbeit geleistet. Ist eben auch nur ein geiler Bock! Natürlich ist da noch die dunkle Stimme, das kantige Gesicht und irgendwie habe ich noch nicht richtig raus, wie "man" bzw. "frau" mit dem Hintern wackelt. Ich denke, ich werde meinen Weg im Leben machen, und wenn es der zum Psychotherapeuten ist.

12.12.2000 Heute habe ich Sandra kennengelernt. Sandra ist ein Traum von einer Frau. Zugegeben: Sie ist der Alptraum aller selbstbewußten Feministinnen und hat die Sonderschule besucht! Na und? Sie ist blond, doof wie Schifferscheiße, tropft vor Geilheit wie ein Kieslaster und hat ein Fahrgestell, wie du es kaum beim TÜV eingetragen bekommst! Ich muß Doktor Dolor anrufen. Wie lange kann man "Dinge" in Spiritus aufbewahren? Und wie sage ich Günther, daß ich ihn nicht heiraten möchte?