Wer als Blogger oder Webseiten-Betreiber vor dem Hamburger Landgericht landet, der hat fast immer verschissen. Aus gutem Grund zerren Abmahnkanzleien ihre unfreiwillige Kundschaft bevorzugt vor die Hamburger Richter. Nach deren Auffassung gehört öffentliche Meinung im Internet verboten, Blogger und Webseiten-Betreiber sollten am besten unerfüllbare Auflagen kriegen, damit sie ihren Job endlich hinschmeißen oder jegliche Foren/Kommentiermechanismen abschalten. Das Schlimme in Deutschland: die Landgerichte urteilen in diesen Fällen unterschiedlich, es gibt damit keine eindeutige Rechtslage.
Jetzt hat Focus.de einen Beitrag zur Sache veröffentlicht, warnt vor Abmahnfallen.
Im Focus-Beitrag wird unter anderem der Fall des bekannten Medienjournalisten Stefan Niggemeier erwischt, der sich Ende 2007 ereignet hat. Der hat sich in seinem Blog kritisch über die Geschäftspraktiken einer Call-In-Fernsehsendung geäußert. Sonntagmorgens um 3.37 Uhr wurde dieser Blog-Beitrag von einem Leser mit einem abmahnbaren Beitrag kommentiert. Niggermeier entdeckte diesen kritischen Kommentar Sonntagvormittag und löschte ihn um 11.06 Uhr.
Niggemeiers Reaktion war leider zu spät - die Betreiber der kritisierten Call-In-TV-Sendung hatten den Beitrag bereits gelesen und eine Abmahnung in die Wege geleitet. Das Hamburger Landgericht stimmte der Abmahnung zu. Urteilsbegründung: Niggemeier wusste, dass er einen heiklen Blog-Eintrag veröffentlich hat und hätte dementsprechend davon ausgehen müssen, dass dieser Beitrag "unrechtliche" Kommentare provozieren kann. Er hätte alle Kommentare von Lesern deshalb vor ihrer Veröffentlichung überprüfen müssen.
Glück im Unglück: trotz des Urteils hatte die TV-Produktionsfirma anscheinend Schiss in die Schlagzeilen zu geraten und hat ihre Forderungen gegenüber Niggermeier schließlich zurückgezogen.
Recht interessant im Focus-Beitrag sind auch die Hinweise zu den neuen geplanten Abmahnrichtlinien des Bundesjustizministeriums. Darin ist unter anderem geplant, dass Abmahnungen nur noch maximal 100 Euro kosten dürfen. Der Knackpunkt dabei: diese Einschränkung gilt nur für Abmahnungen im "privaten Umfeld", im gewerblichen Fall greift sie nicht. Die Frage dabei: ab wann ist ein Blog beispielsweise eine gewerbliche Sache? Im Prinzip reicht bereits ein Werbebanner auf einer Webseite um ihr gewerbliche Aktivität vorzuwerfen.
Focus.de hat im Rahmen des Beitrags auch einige Tipps zusammengestellt, wie sich Blog/Webseiten-Betreiber vor Abmahnungen schützen können. Einer davon: den Lesern die Möglichkeit zum Kommentieren abzuschalten, wenn man eine Zeit lang nicht in der Lage ist, die Kommentare zu überwachen.
Quelle: Focus.de.