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Lohnt sich allgemein die Reparatur einer Platine?

PlutoZ / 4 Antworten / Flachansicht Nickles

Mein Technisat Digipal DVBT-Empfänger hat keinen Strom mehr.
Es hat Knack gemacht und der Saft war weg. Aus der Spule auf der Platine kommt ein sekündliches leises Summen. Sonst ist alles tot. (siehe auch Bild:http://img204.imageshack.us/my.php?image=001mt5.jpg)
Lohnt sich eine Reparatur? Bzw. ist es überhaupt möglich eine Platine zu reparieren?

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dl7awl PlutoZ „Selbst kann ich das nicht bewerkstelligen. Ich meinte reparieren lassen.“
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Selbst kann ich das nicht bewerkstelligen. Ich meinte reparieren lassen.

Ok, dachte ich mir schon. Ist ja auch immer gut, wenn man seine Grenzen kennt. Wer keine Ahnung hat und trotzdem herumdoktert, auch solche Superkünstler soll es ja geben, der bringt sich in erhebliche Gefahr durch gefährliche Spannungen - selbst noch nachdem das Gerät vom Netz getrennt wurde! (Dies nur als obligatorischer Sicherheitshinweis, denn damit ist wirklich nicht zu spaßen!)

Da Du allgemein gefragt hast, werde ich auch mal etwas allgemeiner antworten.

Reparaturen sind heutzutage - leider! - nur noch in den allerseltensten Fällen sinnvoll, wenn man bezahlte Fachleute damit beauftragen muss. Die Geräte sind so billig geworden, dass sich kaum eine Reparatur lohnt. Ich weiß gar nicht, ob es den klassischen "Radio- und Fernsehtechniker" als Lehrberuf überhaupt noch gibt, ich glaube aber nicht. Da ist in den letzten 10-15 Jahren ein ganzer Handwerkszweig mehr oder weniger weggebrochen. Aber die Leute wären mit heutigen Geräten wohl auch überfordert.

Wie soll sich auch das Suchen eines Fehlers in der hochkomplexen Elektronik - oft ohne Doku und Einblick in die interne Software (Firmware) - überhaupt noch lohnen, wenn schon eine Techniker-Stunde oft mehr kostet als das ganze Gerät?

Hinzu kommt, dass die heutigen Bauteile und Bauweisen kaum noch für manuelle Reparatur und Austausch geeignet sind, z.B. winzige Chips mit mehreren hundert Anschlusspins, die man selbst mit der ruhigsten Hand kaum mehr manuell löten kann, ohne Kurzschlüsse und thermisch bedingte mechanische Spannungen zu fabrizieren. Manche Chip-Bau-/Anschlussformen, z.B. ball grid array, sind sogar überhaupt nicht ohne weiteres für manuellen Austausch geeignet, weil sich die Lötstellen unter dem Chip befinden.

Aus allen diesen Gründen werden heute allenfalls noch ganze Platinen oder Baugruppen getauscht, aber mit dem Suchen und Tauschen defekter Einzelbauteile kann sich bei Konsumgeräten in aller Regel niemand mehr abgeben. Bei langlebigen Industriegeräten, Maschinensteuerungen, Medizintechnik usw. mag das anders sein, da darf eine Reparatur dann aber auch gern mehr kosten.

Also, als technisch unbedarfter Normalverbraucher und bei Geräten mit Neupreisen unter sagen wir 100-150 EUR kann man das Reparieren-Lassen IMHO getrost vergessen, so problematisch ich diese Rohstoff-Verschwendungs-Mentalität und die damit einher gehende Entwertung menschlicher Arbeitskraft auch finde...

Deswegen mag ich persönlich mich mit dieser perversen Logik auch nicht abfinden. Als jemand, der vom Fach ist und schon als Kind mit dem Lötkolben umzugehen wusste, habe ich natürlich auch viel mehr Möglichkeiten der Selbsthilfe. Bei mir wandert kein defektes Gerät in die sprichwörtliche Tonne, ohne vorher ausgiebig hinsichtlich der Reparaturmöglichkeiten inspiziert worden zu sein - allerdings eher aus Spaß und "sportlichen" Gründen als aus wirtschaftlichen. Die Erfolgsquote kann sich übrigens durchaus sehen lassen. (Z.B. das 7 oder 8 Jahre alte heutige "Zweit-Notebook", mit dem ich dies gerade schreibe, habe ich schon 2x repariert, das eine Mal war es die Rettung vor der normalerweise eigentlich sicheren Verschrottung. Und mein Autoradio läuft nur noch, weil ich auf einer doppelseitig dicht mit "Vogelfutter" bestückten Hauptplatine unter Hunderten von submillimetergroßen SMD-Bauteilen durch systematisches Vorgehen den einen defekten Kondensator finden und ersetzen konnte...)

Deine Infos reichen schon, um einiges über den Fehler zu sagen. Das ist ein schöner handfester Defekt mit realen Reparaturaussichten für Auskenner. (Sporadische Fehler sind viiiieeel tückischer!) Das Geräusch kommt aus dem Schaltnetzteil, welches sich auf der Hauptplatine befindet. Was du "Spule" nennst, ist der eigentliche Netztrafo, also die Trennstelle zwischen Hoch- und Niederspannungsbereich. Das tickende Summen entsteht sehr wahrscheinlich entweder, weil das Netzteil selbst einen Defekt hat, oder weil es aufgrund eines Defekts in der übrigen Schaltung überlastet wird.

Dies müsste zunächst "differentialdiagnostisch" unterschieden werden und ließe sich durch vorübergehendes Auftrennen einiger Verbindungen in der Gegend der senkrechten Kondensatoren-Reihe (direkt über dem mittleren der drei Knöpfe im oberen Bild) rasch herausfinden.

Falls der Fehler im Schaltnetzteil selbst liegt, hätte ich, wenn es mein Gerät wäre, vermutlich leichtes Spiel. Die Chancen für erfolgreiche Reparatur sind dann sehr gut, denn die Bauteile des Netzteils sind gut handhabbar, weil keine problematischen "Riesenkäfer" darunter sind. Außerdem ist die in sich abgeschlossene Schaltung eines Schaltnetzteils sehr überschaubar und in ihrer Funktion - mit etwas Erfahrung und einschlägigen Grundkenntnissen - auch ohne Schaltbild hinreichend zu verstehen.

Liegt der Fehler jedoch außerhalb des Netzteils, kann alles möglich sein: von der Trivialursache (ins Gerät gefallenes Metallteil verursacht Kurzschluss) bis hin zum hoffnungslosen Chipdefekt ist alles denkbar, d.h. die Reparatur-Erfolgs-Chancen könnten je nach Ursache und Fehlerort zwischen 0 und 100% variieren.

Auch noch denkbar sind mehrere Fehler infolge einer vom Primärdefekt ausgelösten Kettenreaktion.

Die Botschaft für Dich ist also summa summarum nicht sehr verheißungsvoll, aber ich hoffe sie war wenigstens ein bisschen informativ und unterhaltsam.

Schöne Grüße,

Manfred

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