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News: Dumm gelaufen

Presse blamiert sich mit Wilhelm

Redaktion / 22 Antworten / Flachansicht Nickles

Der neue deutsche Wirtschaftminister hat mit "Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg" schon einen recht langen Namen, der tatsächlich allerdings noch viel länger ist. Zusätzlich hat der Minister noch diese acht Vornamen: Maria, Nikolaus, Johann, Jakob, Philipp, Franz, Joseph und Sylvester. Ein anonymer Wikipedia-Teilnehmer hat sich den Scherz erlaubt, auf der Wikipedia-Seite zu Guttenberg (siehe Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg), noch einen weiteren Vornamen hinzuzufügen: Wilhelm.

Der Jux hatte fatale Folgen für die deutsche Presse. Zig Medien listeten den "falschen Wilhelm" auf. Die Journalisten hatten bei der Recherche geschlampt und sich offensichtlich einzig auf Wikipedia verlassen. Die Liste der Blätter und Medien, die sich blamiert haben ist lang. Ein Ausschnitt davon: Handelsblatt, Spiegel Online, taz, Sueddeutsche.de, Bild (hier schaffte es "Wilhelm" sogar auf die Titelseite der Druckausgabe.

Der anonyme Erfinder des "Wilhelm", hat auf bildblog.de einen Gastbeitrag zur Sache veröffentlicht: Wie ich Freiherr von Guttenberg zu Wilhelm machte. Überraschend ist die Eigendynamik, die sich beim Fall "Wilhelm" entwickelt hat. Es vergingen nur "Stunden", bis "Wilhelm" in der Presselandschaft auftauchte. Zwischendurch wurde der Wikipedia-Beitrag bezüglich des erfundenen Vornamens sogar angezweifelt und entsprechend kommentiert.

Eine Recherche im Internet bestätigte da allerdings bereits, dass "Wilhelm" korrekt ist - wenn es der Spiegel schreibt, dann muss es ja stimmen. Inzwischen haben die Medien ihre falschen Berichte korrigiert.

Spiegel.de hat seinen Beitrag (siehe Der Frankenblitz) richtig gestellt und nimmt bei der Selbstkritik kein Blatt vor den Mund:

Dieser Fehler kam durch eine Manipulation der Internet-Enzyklopädie Wikipedia und mangelnde Nachrecherche von SPIEGEL ONLINE zustande.

Einen umfassenden Bericht zur Sache hat Spiegel.de heute hier veröffentlicht: Falscher Wilhelm bei Minister Guttenberg

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gerhard38 Pumbo „...wobei der Willy eigentlich vom Infomationsgehalt resp. Impact her ziemlich...“
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Was würde wohl sonst 'ne Zeitung etc. kosten müssen, wenn ich erst mal die Geburtsurkunde amtlich beglaubigt zur Namenverifikation jedes Promis klar machen müsste, bevor ich seinen Namen schreiben darf?

Das sehe ich auch so und ich finde es typisch, dass man sich über diesen reichlich unwesentlichen Punkt derartig erregen kann, wo es doch im Hinblick auf diesen zusätzlichen Vornamen um rein gar nichts geht - Verwechslungsgefahr mit einem Namenszwilling kann wohl ausgeschlossen werden -, während andere Meldungen, die dramatische Folgen nach sich ziehen, anscheinend anstandslos akzeptiert werden. Ich denke da beispielsweise an die kritiklose Übernahme der US-amerikanischen Darstellung der Massenvernichtungswaffen im Irak, die eine militärische Intervention rechtfertigen sollten. Wer hat damals gefragt, ob die Medien diesen Umstand richtig recherchiert haben? Ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur eines der Medien bei dieser Behauptung den Konjunktiv benützt hätte: Das wurde 1:1 übernommen wie es die US-Stellen die Welt wissen lassen wollten. Oder hat irgend jemand später in irgend einem der Medien einmal ansatzweise eine Entschuldigung dafür gelesen, dass hier die Weltbevölkerung durch schlampige Recherche und leichtfertige Wortwahl grob in die Irre geführt wurde, sodass es vielfachen Rückhalt - und damit eine Mitverantwortung - für die US-amerikanischen Aktionen durch die Öffentlichkeit gab? Es gab "neue Erkenntnisse", die publiziert wurden, aber keine Entschuldigung für die früheren Falschmeldungen. Aber bei einem Vornamen zu viel - da gibt es ein "mea culpa" und Rechtfertigungen!

Gruß, Gerhard
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