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News: Rüge vom Presserat

UPDATE: PC-Welt wegen Hacker-Tools am Pranger

Redaktion / 29 Antworten / Flachansicht Nickles

Der Papier-PC-Fachpresse geht es schlecht. Die meisten PC-Interessierten holen sich ihre Informationen längst aus dem Internet. Für die "Papier-Branche" wird es immer schwerer, Käufer für ihre Fachblätter zu finden. Als es den Bach runter ging, wurden bereits vor Jahren die sogenannten Heft CDs/DVDs eingeführt. Hier wird dem Leser suggeriert, er würde tonnenweise wertvolle Vollversionen zum Spottpreis kriegen. Meist sind das aber nur veraltete Versionen, echte brauchbare Schnäppchen sind selten dabei.

Inzwischen wurde auch die Heftpreise ins Bodenlose gesenkt - die Kompaktausgaben der PC-Magazine ohne CD-/DVD-Beilagen kosten gerade mal 1 Euro. Das noch verbliebene letzte Mittel Kiosk-Kunde zum Rausrücken ihres Euro zu bewegen, sind lockende Schlagzeilen auf der Titelseite wie beispielsweise der Dauerbrenner "Windows schneller machen".

Bis 2003 war ein Dauer-Titelthema das "Rippen von DVDs und Knacken von Audio-CDs". Dem machte das verschärfte Urheberrechtsgesetz einen Strich durch die Rechnung. Mit dessen Verabschiedung wurde es verboten Anleitungen zu veröffentlichen, mit denen sich ein Kopierschutz aushebeln lässt.

Seit 2007 ist auch ein weitere beliebtes Titelthema verboten: "Hacker- und Spionagetools". Seit Einführung des Hackerparagraphen § 202c ist die Verbreitung von Hacker-Tools (für Passwörter von PCs, Software, WLANs und dergleichen) eine Straftat. Mit "Verbreitung" meint der Gesetzgeber auch, es anderen mitzuteilen, wo solche Tools zu beschaffen sind.

Jetzt hat es die PC-Welt erwischt:


Im Oktober 2008 hatte die PC-Welt unter anderem das Thema "Verbotene Hacker-Tools - Die 15 illegalsten Programme".

Inhaltlich hat sich die PC-Welt in ihrem 4seitigen Beitrag auf verschiedene "Hacker-Tools" bezogen mit denen sich Passwörter und Kopierschutze knacken lassen. In zwei Textkästen haben die Kollegen zudem unmissverständlich auf die Gesetzgebung bezüglich "Hacker-Tools" und "Kopierschutz" verwiesen.

Aus diesem Grund hat die PC-Welt jetzt eine Rüge vom Presserat gekriegt (siehe hier). In der Pressemitteilung erklärt der Presserat das im Klartext so:

Ziffer 1 des Pressekodex verletzt sah der Beschwerdeausschuss durch eine Berichterstattung der Zeitschrift PC-WELT. Diese hatte über die „15 illegalsten Hacker-Tools“ berichtet und deren Funktionsweise ausführlich dargestellt. Eine solche Berichterstattung über nicht legale Programme entspricht nicht den journalistischen Grundsätzen. Das Ansehen der Presse gerät in Gefahr, wenn eine Zeitschrift „Gebrauchsanweisungen“ für verbotene Software gibt. Ziffer 1 besagt:

Ziffer 1 - Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

Eine öffentliche Rüge ist die härteste Strafe, die Journalisten kriegen können. Sie kostet zwar keine "Kohle" aber die Zeitschrift ist gezwungen, diese Rüge in der kommenden Ausgabe abzudrucken.

Update: Die PC-Welt hat heute selbst eine News zur Sache veröffentlicht: Presserat rügt PC-WELT. In diesem Rahmen wurden auch zwei Links eingestellt, die zu den kostenlosen Online-Varianten des kritisierten "Hacker-Artikels" führen:

Verbotene Hacker-Tools

Die gefährlichsten Hacker-Tools der Welt

Michael Nickles meint: Ich habe viele Jahre lang Titelthemen für PC-Magazine geschrieben und als Redakteur Titeltexte für die Cover entworfen. Ein potentieller Leser entscheidet am Kiosk in Sekundenbruchteilen, ob er ein Heft kauft oder nicht. Wäre es mein Job gewesen, dann hätte ich für das Thema eine ähnliche Schlagzeile wie die PC-Welt verwendet.

Generell listet der 4seitige Artikel eigentlich nur 15 längst bekannte Tools auf und erläutert jeweils kurz, was man damit anstellen kann. Die PC-Welt veröffentlichte keine detaillierten Anleitungen, wie diese Tools zu verwenden sind (die braucht man allerdings auch ehr kaum, weil die Tools selbsterklärend sind). Außerdem wurden keine Links veröffentlicht wo diese Tools zu kriegen sind, sie wurden allerdings namentlich genannt.

Tatsache ist: jeder der will, findet über eine Internet-Suchmaschine tonnenweise "Hacker-Tools", die 15 Tools die PC-Welt auflistet, sind nur ein kleiner Auszug. Tatsache ist auch: es ist schwer zu beurteilen, ob ein "Hacker-Tool" ein "Hacker-Tool" ist. Es kommt drauf an, wozu man das Tool einsetzt. Typischerweise sind solche Hacker-Tools auch unentbehrlich um das eigene System auf Sicherheitslücken zu überprüfen.

Im Prinzip ist es hier wie bei einem "Messer". Jeder hat zig Messer im Haushalt, weil man die braucht. Allerdings kann ein Messer auch ein Mord-Werkzeug sein. Sollen Messer deshalb generell verboten werden? Aus diesem Blickwinkel heraus, steht der "Hackerparagraph" auch permanent unter Kritik.

Komplett schleierhaft ist mir die Begründung des Presserats mit Berufung auf Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex. Was hat ein Bericht über "Hacker-Tools" mit Verletzung von "Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde" zu tun?

In Ziffer 1 steht auch:

Die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit ist oberstes Gebote der Presse.

Kurzum: Die Schlagzeile MUSSTE so gewählt werden, damit das Heft zum Kauf lockt. Inhaltlich ist der Beitrag schlichtweg unspektakulär. Aus meiner Sicht ist die Rüge des Presserats in diesem Fall übertrieben. Drum meine volle Rückendeckung für die Kollegen von der PC-Welt.

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Chaos3 Redaktion „UPDATE: PC-Welt wegen Hacker-Tools am Pranger“
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Ich bin der Überzeugung, daß Printmedien ganz einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Unsere Urenkel werden wahrscheinlich Papier nur noch als Verpackung benutzen, Bücher und Zeitschriften wird man sich in Museen anschauen.

Aber wir sind vom Thema meilenweit abgekommen. Die Sache mit der Bestraffung für Umgehung des Kopierschutzes ist in meinen Augen Unrecht. Nicht selten vernichtet der eine oder andere Kopierschutz ganze Rechnerinstallationen sammt privater und wichtiger Daten. Dafür kommen die Kopierschutzhersteller bzw. die Hersteller der SW, die damit ausgestattet wurde, aber nicht auf. Was ist wenn eine wichtige und sehr Zeitintensive Doktorarbeit oder ähnliches sich in der Luft auflöst nur weil die Fa. XYZ irgendwelchen Kopierschutz installierte, der sich auf dem Rechner einnistet und alle Daten schreddert?

Zudem hat das ganze sehr interessante Auswüchse. Man darf sogar seine eigene, gekaufte CD nicht rippen um sie mit einem mp3 Player wiederzugeben. Wohlgemerkt nur und ausschließlich für den eigengebrauch, die original CD wird natürlich weiterhin in unserem Besitz verbleiben. Nach Gesetz kann uns also die Polizei auf der Strasse anhalten, den mp3 Player konfiszieren und Anzeige erstatten. Und das nur weil wir den Kopierschutz umgangen haben. Ich sehe irgendwie nicht ein, daß ich ein Lied nochmal Online kaufen muss um es im passenden Format zu nutzen.

Wenn eine Zeitschrift Hackertools auflistet, ja sogar den Gebrauch erklärt, sehe ich darin nichts verwerfliches. Wenn eine Autozeitschrift die 10 beliebtesten Fahrzeuge auflistet und evtl. noch eine "Gebrauchsanweisung" publiziert, dann wird sie ja auch nicht angezeigt oder gerügt. Obwohl doch jemand eines dieser Fahrzeuge dazu benutzen könnte um ein Verbrechen zu begehen. Die s.g. Hackertools sind für Administratoren und Systemtechniker (Netzwerk) unentbehrlich für ihre Arbeit. Also hat so ein Admin die Wahl seinen Job zu kündigen und zur ARGE zu gehen oder seinen Kunden schlecht zu schützen und somit den (Chinesischen) Raubkopierern ermöglichen, daß diese die Datenbanken der Firma durchforstern, oder aber er begeht ein Verbrechen in dem er versucht seinen verdammten Job zu machen.

Und schon wieder werden andere Menschen in ihrer Arbeit oder im ihren Leben, ihren Rechten zu gunsten der Rechteinhaber eingeschränkt. Und das Pauschal! Pauschale Bestraffung ist aber illegal! Wie kann es also sein, daß so ein Gesetz überhaupt in einem s.g. "Rechtstaat" möglich ist? Entscheidend ist doch der Zweck zu dem man die Software benutzt und nicht der bloße Besitz.

Seit wann heiligt der Zweck die Mittel?

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