Viren, Spyware, Datenschutz 11.213 Themen, 94.155 Beiträge

News: Viren, Spyware, Datenschutz

Kaspersky fällt uns allen in den Rücken

Olaf19 / 27 Antworten / Flachansicht Nickles

Völlige Anonymität im Internet gibt es sowieso nicht, das wissen wir alle. Aber wenigstens ist es noch nicht so weit, dass jeder von uns anhand seiner IP-Adresse *ohne weitere Umwege* mit Namen und Anschrift identifizierbar ist.

Wenn es nach unseren Politikern ginge, sollte sich die Schlinge weiter zuschnüren, der Internetausweis soll es möglich machen. Nun bekommen solche Vorstellungen Schützenhilfe von recht unerwarteter Seite: siehe Bericht auf golem.de.

Olaf19 meint: Dass das Internet ursprünglich gar nicht für die breite Masse der Bevölkerung konzipiert war, damit hat Kaspersky zweifellos recht. Nur, was hat es uns heute zu interessieren, was "früher" war?

"Früher" hatten wir auch noch den Kaiser... das Internet von heute ist nicht mehr das ARPAnet von 1969, es ist vielmehr zu einem Massenmedium geworden und droht schon, Radio und Fernsehen an Bedeutung zu überholen. Hier sind in den letzten Jahren, spätestens seit Ende der Neunziger, einfach Fakten geschaffen worden.

Ich finde es schade, dass ausgerechnet ein Unternehmen wie Kaspersky, dessen Produkte unter anderem auch von vielen privaten Endanwendern vertraut wird, sich in dieser Frage auf die Seite der überwachungstaatlichen Regulierungswut unserer Politiker stellt.

Und dass es ein "Fehler" gewesen sein soll, das Internet der Öffentlichkeit vorzustellen, würde ich an Stelle von Kaspersky auch nicht ganz so laut sagen - davon leben die nämlich.

Hinweis: Vielen Dank dem Verfasser der News. Diese News stammt von einem Nickles.de-Teilnehmer. Die Nickles.de Redaktion übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt und die Richtigkeit dieser News.

Bei Nickles.de kann übrigens jeder mitmachen und News schreiben. Aktuell befindet sich dieser Mechanismus noch im Alpha-Stadium.

Wer eine News schreiben mag, kann das einfach in einem passenden Nickles-Forum tun. Danach einfach eine Mail an mn@nickles.de mit Betreff "News für Nickles.de" schicken und den Link zum Foren-Beitrag mitteilen, damit er als News für die Startseite freigeschaltet werden kann.

Hinweis: Vielen Dank an Olaf19 für das Verfassen der News. Diese News stammt von einem Nickles.de-Teilnehmer. Die Nickles.de Redaktion übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt und die Richtigkeit dieser News.

Bei Nickles.de kann übrigens jeder mitmachen und News schreiben. Dazu wird einfach in einem Forum ein neues Thema begonnen und im Editor die Option "News" gewählt.

"Das sind Leute, die von Tuten und Ahnung keine Blasen haben" (ein Reporter auf die Frage nach der politischen Bildung des typischen Anhangs von Donald Trump)
bei Antwort benachrichtigen
Andreas42 Olaf19 „Kaspersky fällt uns allen in den Rücken“
Optionen

Hi!

Im Golem-Artikel wird auf die Quelle verlinkt: es handelt sich um ein Interview mit dem Gründer von Kaspersky:
http://www.zdnetasia.com/insight/security/0,39044829,62058697,00.htm

Ich bin mir mir nach dem Lesen des englischen Interviews nicht sicher, ob Golem hier die Tendenz des Interviews korrekt wiedergegeben hat. Betrachtet man die Überschrift von ZDNetAsia zu dem Interview, dann zielt diese in eine ganz andere Richtung: "Microsoft OneCare was 'good enough'"

Die Einstiegsfrage lässt schon durchblicken, was den Mann in seinem beruflichen Denken bewegt:
"Q: You've been a security analyst for 20 years. What frustrates you most in the work to keep cybercriminals at bay?"

Was frustriert ihn am meisten?

Seine Antwort beginnt mit "Understanding what we do is very important. We're not just doing business or just developing some software. We're fighting with the bad guys."

Ich lese seine Antwort auf die Frage als "Seufzer". Die Leute verstehen nicht, dass Kasperski (als Firma) nicht einfach nur Geschäfte machen und Software schreiben. Sie stehen aktiv im Kampf mit den Bösen Jungs.

Die nächste Frage vertieft das dann:
Q: "Are you saying that people often don't understand the complexities of the work security researchers are involved in? Consumers, businesses and even governments?"
Seiner Meinung nach wissen die meisten Privat-User nicht, was ein Internetsicherheitsunternehmen leisten muss, sie müssen es aber auch nicht wissen bzw. verstehen.

A: "Governments do understand because they are more and more in touch with these problems. Enterprises, big enterprises, some of them have dedicated teams of security experts and they really understand what's going on. Consumers generally have no clue, but they don't need to understand."

Die nächste Frage bringt es dann auf den Punkt: Was würde er ändern, wenn er die macht hätte drei Dinge zu ändern?

Q: "If you had the power to change up to three things in the world today that are related to IT security, what would they be?"
A: "Internet design--that's enough."

Die Änderung des Internetdesigns würde genügen.

Warum? Aus meiner Sicht kann ich das verstehen bzw. nachvollziehen, wenn ich die Sache aus seiner Perspektive betrachte. Das Problem ist, dass man der Bösen Jungs nicht handhabbar werden kann.
Das liegt natürlich primär daran, dass sie anonym agieren können. Die Nutzung eines WLAN-Hotspots in einem Internetkaffee wird als Beispiel aufgeführt, die genügt, um sich hinter einer IP "zu verstecken".

Die Lösung ist dann natürlich zwangsweise eine klare Identifizierung der Internetteilnehmer. (Wenn die Anonymität die Ursache der Probleme ist, kann die Lösung nur die Aufhebung der Anonymität sein. Technisch betrachtet, halte ich diese Schlussfolgerung für absolut zutreffend.)

Das ganze wird im Interview als Vision. Darauf zielt schon die Frage nach dem Motto "Wenn du drei Wünsche frei hättest, was würdest du ändern?"
IMHO sieht man das auch an dieser Frage: "What would keep the vision of an Internet passport, Internet government and an Internet police from becoming reality?"
Was würde diese Vision verhindern? Klar, es wird an den Kosten und der zu grossen Bürokratie scheitern.
"It's expensive, and it's very bureaucratic to have all these agreements."

Das Abschliessende Statement zu diesem Thema befasst sich damit, dass man auf Regierungsebene noch zu lokal denkt: "Governments understand that the problem is a very important one to tackle but they behave in a national way. The minds of law enforcement are still focused on national borders, but the Internet does not have borders. It's a new world in which we have to think differently. That's why I always talk about the need for not just cyberpolice, but Internet police--Internet Interpol."


Im Rest des Interviews geht es dann um Microsoft und sein neues Security Produkt, dem Nachfolger von Oncare. Kaspersky ist hier der Meinung, dass MS ein Image-Problem hat: niemand nimmt MS Anstrengungen zur Sicherheit ab. Er würde an MS-Stelle eine neue Firma Gründen und das Sicherheitsprodukt unter diesem Namen vertreiben.


Wie gesagt: ich weiss nicht, ob sich Golem hier nicht einfach einen einzelnen Punkt herausgegriffen hat und den überhöht.


Ich lese das Interview in eine etwas andere Richtung: die heutigen Probleme bestehen darin, dass sich Kriminelle im Internet hinter der Anonymität verstecken können. Dies ist eine Folge, weil bei der Öffnung des Internets niemand daran gedacht hat, dass eine eindeutige Identifizierung der Teilnehmer nötig werden konnte. Im Prinzip sind diese Wünsche nicht neu und man kann das heute schon freiwillig über die üblichen zweigeteilten Schlüssel-Keys erreichen (Signieren von Mails und Beiträgen um sich eindeutig auszuweisen).

Eine solche Signierung von Anfang an, würde heute viele Probleme und Sicherheitsbedenken bei Online-Geschäften ausschalten. Das sehe ich ebenfalls so: zur Durchführung von ernsthaften Geschäften gehört, dass ich weiss mit wem ich Geschäfte mache und der Gegenüber ebenfalls weiss, dass ich wirklich derjenige bin, den ich angebe.

Technisch gesehen dürfte die Identifizierung im Arp-Net vor der Öffnung zum Internet bestanden haben, da der IP-Adressenraum damals ausreichend gross war und vermutlich die Teilnehmer untereinander persönlich bekannt waren.

Die heutige "Anonymität" ergibt sich u.a. als Folge, weil der Adressraum (IPv4) heute schon lange nicht mehr ausreicht. Die "Übersichtlichkeit" bei der Useranzahl ist natürlich heute nur noch ein Thema für nette Stories über die Anfangszeit des Internets...

Dieses Thema wird aktuell auch mit der Einführung von IPv6 zur Erweiterung des IP-Adressraumes diskutiert! IPv6 besitzt einen Adressraum der ausreicht um jeden Gerät eine eigene eindeutige unveränderliche IP-Adresse zuzuordnen!
Dieses Thema wurde in einem Artikel der c't erst in der letzten Ausgabe ausführlich diskutiert. Das war für mich auch neu. (http://www.heise.de/kiosk/archiv/ct/2009/21/80_kiosk)

Am Rande wird hier ebenfalls das Thema angesprochen:
http://www.heise.de/ct/meldung/Experte-Vorrat-der-letzten-IPv4-Adressen-koennte-schon-2010-erschoepft-sein-818544.html

Das Thema digitale Signatur für User (=eindeutige Identifizierbarkeit) wird meiner Meinung nach kommen, genau wie der Einsatz von IPv6 mit einer eindeutigen IP-Adresse pro User kommen muss, um das Internet in seiner existierenden Form (das am Rande seiner Leistungsfähigkeit arbeitet) in ein für die Zukunft taugliches globales Netzwerk zu überführen.

Gleichzeitig wird sich die Netzgemeinde aber stärker als bisher gegen Überwachungs- und Protokolierungswut der Staaten und Unternehmen wehren müssen. Das ist ebenfalls sicher!

Ich bin aber auch der Meinung, dass man Diskussionen zu diesen Thema nicht auf politikerverträgliche Punkte wie "Weg mit der Anonymisierung", "Her mit der Anonymisierung" und "Hilfe ich soll beobachtet werden" reduzieren kann.

Das Thema ist zu ernst und komplex für solche Vereinfachungen. Gleichzeitig muss man diese Themen ansprechen und diskutieren dürfen, sonst hat hinterher wieder niemand davon gewusst. ;-)

Bis dann
Andreas

Bitte bei der Ueberweisung im Betreff "Loeschen fuer Kohle" und den Beitrag angeben. Knausern hilft nicht!
bei Antwort benachrichtigen
Ergänzung Andreas42
Die Büchse der Pandora Olaf19
IPv6 Olaf19
Na klaro. SoulMAster SoulMaster