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News: Heikle Sache

19jähriger rückt Passwort nicht raus: 4 Monate Haft

Michael Nickles / 93 Antworten / Flachansicht Nickles

Ein 19jähriger Brite wurde laut Bericht von BBC im Mai 2009 wegen Verdachts auf Kindesmisshandlung verhaftet. Dabei beschlagnahmte die Polizei auch seinen Computer.

Auf dem wurden Daten gefunden, die mit einem 50stelligen Passwort verschlüsselt sind. Die Polizei vermutet wohl, dass es sich dabei um verschlüsselte Kinderpornografie handelt, konnte die Daten allerdings nicht entschlüsseln.

Denn: der Verdächtige weigerte sich im September, das Passwort rauszurücken. Aus diesem Grund wurde ihm jetzt eine 4monatige Haftstrafe verhängt. Die Haftstrafe wurde durch ein Gesetz ermöglicht, das seit 2000 in Großbritannien die Telekommunikationsüberwachung definiert.

Behörden ist es dadurch gestattet, im Verdachtsfall die Kommunikation zu überwachen und auch die Herausgabe von Passwörtern zu verlangen.

Im Fall einer Verweigerung gibt es dann halt Knast.

Michael Nickles meint: So weit mir bekannt, gibt es so ein direktes Gesetz, das zur Herausgabe von Passwörtern zwingt, bei uns nicht. Das lässt sich allerdings mit der sogenannten "Beugehaft" deckeln (§ 70 Abs. 2 StPO). Wer sich weigert eine Aussage zu machen oder Informationen rauszurücken, kann bis zu sechs Monate eingelocht werden.

Im Fall von passwortgeschützten Daten ist das alles verdammt heikel. Eine Chance hat man eigentlich nur mit einem Verschlüsselungssystem wie dem kostenlosen Truecrypt, das unter anderem exakt so einen Fall berücksichtigt (siehe Schwerpunkt Daten perfekt verschlüsseln und verstecken).

Dabei kann man in einer verschlüsselten Datei einen zweiten verschlüsselten Bereich anlegen. Es gibt also zwei Passwörter für eine Datei und je nach dem welches Passwort man rausrückt, wird nur der eine oder andere Teil entpackt. Die Raffinesse dabei: man sieht einer Truecrypt-Datei nicht an, ob sie über einen zweiten "geheimen" Bereich verfügt. Auch das rettet allerdings nicht unbedingt.

Beispiel: Ich möchte nicht wissen, wie viele verschlüsselte Dateien ich auf meinem Rechner habe, an die ich mich gar nicht mehr erinnern kann und von denen ich nicht mal mehr die Passwörter kenne. Wenn ich ein großes Projekt per Internet übertrage (beispielsweise Dateien eines neuen Buchs), dann pack ich das generell in ein verschlüsseltes Archiv. Das dafür temporär ausgedachte Passwort teile ich dann dem Empfänger mit.

Und dabei verwende ich typischerweise halt ein Passwort, das ich mir auf die schnelle ausdenke und das ich dann nie mehr brauche - oft einfach der Nachname des Empfängers mit einer Ziffer dran. Im Prinzip brauch ich ein Archiv nach dem Versenden eigentlich nicht mehr, hebe es aber auf, damit ich Fall eines "Datenübertragungsfehler" es nicht erneut packen muss.

Und dabei werden derlei Archive natürlich auch schnell mal auf der Platte vergessen, nicht gelöscht und landen zwangsläufig auch schnell auf Backup-Datenträgern.

Was macht man also, wenn man gezwungen wird, das Passwort eines sagen wir mal "20 MByte" großen Archivs rauszurücken, das Jahre als ist und das man nicht mehr weiß?

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Über das Beseitigen Krakatau2
Joerg69 Michael Nickles „19jähriger rückt Passwort nicht raus: 4 Monate Haft“
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Udo Vetter kommentiert diesen Fall auch. Hier: http://www.lawblog.de/index.ph ... -passwort/

Hört mal, Mädels und Buben, sehr geehrtes Auditorium. Mir fällt es gerade wie Schuppen aus Haaren, daß dieser britische "Regulation of Investigatory Powers Act 2000" aus dem Jahre 2000 stammt und sehr massiv die Freiheit von Internet-/ Computer-Nutzern einschränkt. Die angelsächsische Seelenverwandtschaft, könnte diese bei den amerikanischen Behörden ähnliche Begehrlichkeiten geweckt haben? Kann es weiterhin sein, daß diese Begehrlichkeiten bei den Innehabern des internationalen Patents auf Freedom nicht so ohne weiteres durchzusetzen war? Was war das doch gleich für ein Ereignis, daß die Durchsetzung dann in 2001 ermöglichte?...

Abgesehen davon könnte von mir aus die Legislative bei zweifelsfrei überführten und rückfällig gewordenen Kinderschändern wie auch bei Finanzterroristen die rechtlichen Vorraussetzungen für eine öffentliche, ritualisierte Schlachtung schaffen. Jungs, die in Afghanistan mit Waffen herumballern, dürfen nach Verdacht abgeschossen werden. Dann bitte entsprechend die Finanzterroristen, die uns finanziell ins Jahr 1945 zurückgebombt haben. Aber unsere Politschwuchteln lassen sich von denen nach wir vor die Gesetzestexte diktieren. Jüngstes Beispiel: die Dienstleistungsverordnung, die kleine Unternehmer massivst mit Bürokratie und Sanktionierung gängelt, Banken und Glückspiele/ Casinos aber ausdrücklich davon freistellt. Sowas ist für mich lebensunwertes, zweibeiniges Abfallmaterial.
Viele Grüße von Jörg
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... Joerg69
Hmm, warum nicht? SoulMaster
Ok, ja. SoulMaster