Gut fünf Jahre lang tobte ein Rechtstreit zwischen dem Heise-Verlag und der Musikindustrie. Im Januar 2005 hatte Heise einen Beitrag über die DVD-Kopiersoftware "AnyDVD" von Slysoft veröffentlicht. Das brachte die Medienindustrie auf die Palme, weil sich mit AnyDVD auch kopiergeschützte Scheiben duplizieren lassen.
Entsprechend kassierte Heise eine Abmahnung von acht Unternehmen der Musikindustrie. Stein des Anstoßes war, dass Heise im Beitrag einen Link zur Webseite von AnyDVD veröffentlicht hat. Die Musikindustrie betrachte diesen Link als eine Erleichterung für die Heise-Leser, an die "illegale" Software zu gelangen.
Heise indessen argumentierte, dass derlei Links bei interaktiver Berichterstattung üblich sind um Zugang zu weiteren Informationen zu ermöglichen. Anfang März 2005 verurteilte das Münchener Landgericht Heise und der Link musste entfernt werden. Dass der Link nicht unmittelbar zum Download oder der Download-Seite von AnyDVD, sondern nur auf die Startseite von Slysoft führte, spielte dabei keine Rolle.
Das Gericht betrachtete das Setzen des Links als vorsätzliche Beihilfe zum Bezug einer Methode, mit der sich Kopierschutzmaßnahmen aushebeln lassen. Heise ging beim Oberlandesgericht München in Berufung und scheiterte erneut. Im Oktober 2008 wurde dort das Urteil des Landesgerichts betätigt.
Dagegen legte der Heise-Verlag Verfassungsbeschwerde ein. Jetzt nach die Geschichte mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs eine überraschende Wende genommen (siehe Heise vs. Musikindustrie: Bundesgerichtshof verwirft Link-Verbot).
Das Urteil des Oberlandesgerichts wurde aufgehoben, die Klage der Musikindustrie abgewiesen. Die muss auch die Kosten des Verfahrens tragen. Die Entscheidung ist überraschend, da es eigentlich grundsätzlich um die Frage ging, welche Funktion der Link im kritisierten Bereich eigentlich hatte. Diente er nur dem Zweck weiterführender Informationen oder dazu, die Beschaffung der illegalen Software zu erleichtern?
Heise hat wohl nur haarscharf gewonnen. Ein Richter war durchaus der Meinung, dass der Link im Fall des Berichts nicht nötig gewesen war. Der Vorsitzende entgegnete allerdings, dass Links auch als Beleg für eine Berichterstattung dienen können.
Eine detaillierte Urteilsbegründung gibt es aktuell noch nicht, das Urteil ist aber rechtskräftig. Komplett erledigt ist Thema allerdings noch nicht unbedingt. Die Musikindustrie hat noch die Option vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Michael Nickles meint: Es ist gesetzlich verboten, Kopierschutzmechanismen auszuhebeln. Es ist verboten darüber zu berichten, wie so was gemacht wird, Anleitungen zu veröffentlichen. Und es ist verboten entsprechende Tools zu verbreiten.
Beim Punkt "Link" wird es auf jeden Fall heikel. Hätte Heise einen direkten Download-Link zu AnyDVD veröffentlicht, dann wäre das Urteil gewiss anders ausgegangen. Das war nicht der Fall. Jeder Link im Internet führt typischerweise zu zig weiteren Links und Inhalte können sich jederzeit ändern.
Es ist also erfreulich, dass der Bundesgerichtshof dem Spuk ein Ende bereitet hat. Denn andernfalls könnte ja bereits ein Verlinken auf eine Suchmaschine ein Verbrechen sein.