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News: 10 Euro für 500 Wörter

Pcwelt.de wird zur "Endstation" für IT-Journalisten

Michael Nickles / 42 Antworten / Flachansicht Nickles

Eine Email der PC-Welt sorgt aktuell für ordentlichen Spott in der Branche. Die Mail ging an diverse Journalisten raus. Es wurde mitgeteilt, dass für das Online-Portal pcwelt.de News-Lieferanten gesucht werden und es gab auch gleich ein konkretes Honorarangebot: 10 Euro pro News.

Sprachlos bei diesem Angebot war gewiss nicht nur der IT-Journalist und Blogger Michael Friedrichs, der über die Sache berichtet hat (siehe Qualitätsautoren (!) bei PC-Welt gesucht, für 10 Euro pro News). Der geht davon aus, dass die PC-Welt für so eine 10-Euro-News mindestens 500 Wörter, Links und natürlich perfektes Deutsch haben will.

Erschreckend am Honorarangebot der PC-Welt ist, dass es kein Irrtum war. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat beim Chefredakteur von pcwelt.de nachgehakt und der hat alles bestätigt.

Darauf hat der DJV eine Pressemitteilung rausgelassen, in der er Journalisten vor Zusammenarbeit mit pcwelt.de warnt, die Honorarhöhe als völlig inakzeptabel erklärt.

Mit derlei Mini-Honoraren werde die Vergütung von Freien auf das Niveau von Hartz-IV-Empfängern gedrückt. Kein freier Journalist solle seine Leistungen zu solchen Konditionen anbieten.

Zudem verweist der DJV darauf, dass derlei niedrige Honorare für journalistische Leistungen einen klaren Verstoß gegen das Urhebervertragsrecht darstellen. Darin wird unter anderem die Angemessenheit der Vergütung betont.

Michael Nickles meint: Laut Ausweisung der AGOF soll pcwelt.de rund 3,6 Millionen Leser haben. Das ist eine ganz schöne Menge.

Jetzt ist also bekannt, was der PC-Welt der Inhalt wert ist, den sie diesen Millionen Lesern serviert. Im Fall der PC-Welt kommt ja noch hinzu, dass sie dem US-Unternehmen IDG gehört - und IDG ist in den USA selbst ein gewaltiger IT-Nachrichten-Produzent (siehe www.idgnews.net).

Die Nachrichtenmasse, die IDG rausbombt, macht selbst ein News-Portal wie Heise.de zum Witz. Pcwelt.de müsste also einfach nur die Nachrichten ihrer US-Kollegen übersetzen.

Vermutlich finden sie aber keinen Übersetzer, der bereit ist, 500 Worte für 10 Euro zu übersetzen.

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nettineu Michael Nickles „Pcwelt.de wird zur "Endstation" für IT-Journalisten“
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Konkret kann ich hier leider nicht werden, hätte regional mit Konsequenzen zu rechnen.

Manche Zeitungs,- Online- und Nachichtenredaktionen setzen eigene Journalisten massiv unter Druck. Sie bieten öffentlich Hochschulen, Schulen und auch Hobbyjournalisten die Möglichkeit "kostenlos" Artikel und Fotos mit Infos zu liefern. Man nennt das Patenschaften oder Förderung von journalistischer Arbeit. Täglich bekommen die Redaktionen unzählige, aber oftmals sehr gute Themen rein.

Nun bleibt es der Redaktion überlassen, ob solche Artikel mit Stolz der Schreiber gleich übernommen, oder das Thema von einem Haus- oder freien Jornalisten angetragen wird. Es entsteht dramatische Konkkurenz. Der Amateurschreiber hofft, es wird veröffentlich, er bekommt 20 Euro dafür. Wird es nicht veröffentlicht, so geht alles, Text und Bilder in die das interne Suchmaschinen-Archiv.

Oder, wenn das Thema gut ist, so wird ein freier, oder mehrere freie Jornalisten, Fotografen usw. drauf angesetzt. Der, der den besten Artikel liefert, bekommt zwischen 40-120 Euro. Andere Freie, die auch gearbeitet haben, schauen in die Röhre. Nun wird dem "noch" angestellen Journalisten klar gemacht, wieviel Beträge er pro Tag bringen müßte, um als Angestellter bezahlt zu sein. Gehaltserhöhungen ausgeschlossen, weil am Markt gute Storys billig zu bekommen sind.

Das Ganze hat eine Eigendynamik erhalten, das ein vernünfiges, konsequentes Arbeiten mit fundierten Recherchen unmöglich wird. Hinzu kommt, das mittlerweile abertausende von Fotos im Archiv dümpeln. Dieses Archiv wird zu Themenschwerpunkten zum Kauf angeboten. Der Verlag macht damit auch richtig Kohle. Die Veröffentlichungsrechte bleiben bei den Urhebern....... für 20 Euro, falls veröffentlicht wird.

Da ich in der Sache involviert bin, sehe ich, das manch ein wirklich gutes Bild oder Text für 3000,--€ , im Einzelfall knapp 12000,- Euro verkauft wird. Der Urheber erhält 20,- Euro, denn er hat die Geschäftsbedingungen mit seinem Upload und Angabe seiner Anschrift akzeptiert.

Hier geht es garnicht mehr um wichtige und illustre Informationen oder Journalismus, sondern um Kapitalismus und Ausbeutung in Reinform, als Geschäft kann man das nicht bezeichnen, aber alles rechtmäßig einwandfrei.

Warum sollen es PC-Welt und diese Verlage anders machen? Da können Journalistenverbände machen, was sie wollen, sich beschweren und demonstrieren, hilft nix, denn Journalismus ist u.a. "freie" Berichterstattung.

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