Allgemeines 21.922 Themen, 147.278 Beiträge

News: Europe versus Facebook

Facebook muss EG-Bürgern Daten lückenlos herausgeben

Michael Nickles / 27 Antworten / Flachansicht Nickles

Längst ist bekannt, dass Facebook wie verrückt Daten sammelt, aber welche genau und was damit passiert ist unbekannt. Seit Facebook kürzlich seine neue Timeline-Funktion vorgestellt hat, bei der Nutzer ihr "komplettes Leben" auf Facebook archivieren/präsentieren können, ist die Diskussion um den Datenschutz des Unternehmens erneut entbrannt.

Und es gibt viele Fragen. Was speichert Facebook alles, wie lange, wie wird man es los (kann man das überhaupt?) und vor allem: was weiß Facebook schon über einen selbst? Diesen Fragen geht beispielsweise die Wiener Initiative Europe VERSUS facebook nach, die der "sozialen Datenkrake" den Kampf angesagt hat.

Dort wird unter anderem jeder aufgefordert, bei Facebook seine Daten zu verlangen. Und genau das ist für Bürger der EG möglich. Aufgrund der Datenschutzrichtlinie " Art. 12 Directive 95/46/EG" sind Unternehmen die Daten speichern verpflichtet, Menschen auf Antrag kostenlos vollständige Auskunft zu erteilen, welche Daten von ihnen erfasst wurden, vorhanden sind.

Und Unternehmen die Daten von Menschen speichern, müssen denen auch diese Möglichkeit einräumen. Aus den Nutzungsbedingungen von Facebook geht hervor, dass unter anderem für Deutschland die Facebook-Niederlassung in Irland zuständig ist.

Und damit greift die oben besagte Datenschutzrichtline. Und tatsächlich existiert im deutschsprachigen Facebook, auch ein (wenn auch wohl gut verstecktes) Formular, mit dem man seine Daten bei Facebook anfordern kann: Antrag auf Herausgabe persönlicher Daten..


Das Antragsformular von Facebook ist nur scheinbar einfach auszufüllen, konkrete Hilfe dazu gibt es bei Europe VERSUS facebook. Man sollte beispielsweise unbedingt drauf achten, dass das auf Facebook eingetragene Geburtdatum richtig ist. Außerdem besteht Facebook in einem Feld darauf, dass man das Gesetz zitiert aufgrund dessen man die Daten beansprucht - da muss "Art. 12 Directive 95/46/EG" rein.

Laut Bericht von Europe VERSUS facebook ist es mit dem Abschicken des Formulars nicht getan - Facebook versucht den Antrag per Email abzuwimmeln oder schickt nur bruchstückhaft Daten. Zum Ziel kommt wohl nur, wer mit einer Anzeige bei der irischen Datenschutzkommission droht.

Wenn Facebook nachgibt, kriegt man die Daten wohl auf CD per Postweg - für einen Email-Versand ist die Datenmasse in den meisten Fällen wohl zu groß. Geliefert wird wohl eine PDF-Datei, die mehrere 100 MByte groß sein kann und eventuell über 1.000 Seiten umfasst.

Auf Europe VERSUS facebook wurden inzwischen mehrere Beispiel-PDFs veröffentlicht. Auf einer Unterseite listet die Initiative auf, welche Daten Facebook nachweislich speichert. Im Kurzformat: praktisch ALLES was zu kriegen ist, alles was der jeweilige Nutzer auf Facebook jemals getan hat (Kommentare, Chat-Inhalte).

Europe VERSUS facebook macht allerdings darauf aufmerksam, dass das gelieferte Datenmaterial keineswegs vollständig ist - Facebook weiß noch mehr. Dinge wie die Nutzung des "Gefällt mir"-Buttons, Verfolgung besuchter Webseiten werden nicht aufgeführt.

Ziel der Aktivisten ist es, Facebook zu der Transparenz zu zwingen, die es auch von seinen Mitgliedern haben will.

Auf jeden Fall hat sich das mit der Auskunftspflicht wohl rasch rumgesprochen und Facebook hat jetzt ein echtes Problem. Denn: laut Gesetz müssen angeforderte Daten binnen 40 Tagen geliefert werden. Laut Pressemitteilung der Initiative teilt Facebook inzwischen per Email mit, dass man aufgrund der unerwartet vielen Anfragen, die 40-Tages-Frist nicht einhalten könne und es zu erheblichen Verzögerungen käme.

Eventuell will Facebook auch nur Zeit gewinnen und man tüftelt dort panisch an einem Plan, wie man den Hals aus der Datenschutz-Schlinge kriegt. Aktuell haben die Aktivisten nach eigenen Angaben bereits 22 Anzeigen gegen Facebook erstattet.

Michael Nickles meint: Eine schöne - und sinnlose - Initiative. Was juckt Facebook Europa? Zuckerberg hat sich bestimmt schon in den Arsch gebissen, dass er die Niederlassung in Irland überhaupt eröffnet hat - denn nur die Präsenz dort lässt ja das Datenschutzgesetz der EG überhaupt greifen.

Was jetzt passiert ist logisch. Die Auskunftsanfragenden werden erstmal eine "Ewigkeit" hingehalten und dann wird die Niederlassung in Ireland dicht gemacht. Mit einer Änderung der Nutzungsbedingungen ist die Sache dann vom Tisch.

Auf jeden Fall ist jeder der Auskunft über seine Daten haben will für Facebook ein großer Gewinn. Denn: man muss dabei ja seine reale Anschrift angeben und ein Foto seines Personalausweises übertragen. Das macht die gesammelten Daten noch kostbarer.

bei Antwort benachrichtigen
Olaf19 Frenchie „Hallo Olaf, klar wäre es toll wenn man das nach ein paar Jahren löschen lassen...“
Optionen
Das Web vergißt nichts - nur die User vergessen daß das Web nichts vergißt

Da hast du absolut recht, allerdings war das auch schon vor der großen Facebook-Welle so: Wenn ich Inhalte ins Web stelle, die ich später bereue, kann ich sie jederzeit wieder entfernen, muss aber damit rechnen, dass andere sie vorher schon gespeichert und bei sich archiviert hatten.

Nur - wenn ich eigene Inhalte ins Web stelle, "ermächtige" (was für ein Wort!) ich damit weder Facebook noch sonstwen, diese auszuwerten und "Datamining" damit zu betreiben. Insofern hat Facebook noch eine ganz andere Qualität, zumal die Reichweite dieses Mediums ganz erheblich ist.

Generell halte ich deine eher vorsichtige Haltung für mehr als angebracht und kann dich nur darin bestärken, dabei zu bleiben.

CU
Olaf
"Das sind Leute, die von Tuten und Ahnung keine Blasen haben" (ein Reporter auf die Frage nach der politischen Bildung des typischen Anhangs von Donald Trump)
bei Antwort benachrichtigen