Mit der Ankündigung bei Internet-Flatrates eine Datendrosselung einzuführen, hat die Telekom für viel Wind und Diskussionen gesorgt und heftige Kritik kassiert. Dennoch wurde die Sache am 1. Mai durchgezogen beziehungsweise vorbereitet. Telekom-Neuverträge sind seit 1. Mai dahingehend umformuliert, dass die Telekom ab einem bestimmten Monats-Datenverbrauch die Geschwindigkeit drosseln darf - auf quasi sinnlose 384 KBit/s.
Zunächst sah es so aus, dass die Telekom ihren Weg unbeirrbar durchzieht und das Ende des ungebremsten Internets einleitet. Jetzt wurde klar, dass auch weiterhin mit Vollgas gesurft werden darf - so man bereit ist entsprechend dafür zu blechen. Noch-Telekom-Konzernchef René Obermann hat verkündet, dass es auch weiterhin sogenannte "echte" Flatrates geben wird. Die kosten dann halt 10 bis 20 Euro mehr pro Monat - wird aktuell vom Telekom-Chef grob geschätzt. Es kann auch deutlich teurer werden!
Auf jeden Fall wissen wir jetzt, dass sich die "Flatrate"-Verarsche vom mobilen Bereich (siehe dazu auch Report Internet mobil - schnell drin, schnell pleite) auf Festnetz-Tarifpakete ausdehnen wird.
Echte und unechte Flatrates…
Dass der Begriff "Flatrate" sowieso längst am Arsch ist, zeigt unter anderem dieser Twitter-Beitrag von Congstar:
Wo es etwas "Echtes" gibt, muss es selbsterklärend auch etwas "Unechtes" (also Falsches) geben. Oder?Auf jeden Fall haben sich die Telekom-Konkurrenten erstmal ordentlich zurückgehalten und zugeguckt wie sich die Sache entwickelt. Wer sich für ein DSL-Paket interessiert, der wird sich natürlich überlegen, ob er sich auf die Telekom einlässt - und der damit drohenden Drosselung. Telekom-Bestandskunden müssen sich überlegen, ob sie einen Vertrag verlängern oder lieber zu einem anderen Anbieter wechseln. Bloß welchem?
1&1 Spezialangebot mit unversteckter Drosselung…
An dieser Stelle ist es wichtig zu wissen, dass auch andere Anbieter längst drosseln. Ein Beispiel ist 1&1:
uf der 1&1 Hauptseite der DSL-Angebote werden mehrere Pakete angeboten. Bislang gibt es die Datendrosselung nur beim günstigsten Paket (siehe Pfeil). Bei den anderen Paketen steht bei Internet-Flat "Datenvolumen unbegrenzt".
Aktuell ist mit "Datenvolumen unbegrenzt" wohl gemeint, dass beliebig viel mit maximaler (bis zu) Geschwindigkeit gesurft werden kann. Die Bezeichnung lässt sich streng genommen allerdings auch anders interpretieren, sie schließt die Möglichkeit einer Drosselung nicht wirklich aus.
Details zu 1&1 Surf & Phone Flat SPECIAL 16.000 - "speziell" ist bei diesem DSL-Angebot vermutlich nur noch die Beschreibung des sogenannten "DSL Anschluss mit Internet-Flat".
Immerhin macht 1&1 es direkt und versteckt es nicht in einer Fußnote:
"Surfen mit bester Netzqualität – mit bis zu 16.000 kBit/s (Download) und bis zu 1.024 kBit/s (Upload) bis 100 GB Datenvolumen pro Monat, danach mit bis zu 1.024 kBit/s (Download) und bis zu 128 kBit/s (Upload) bis Monatsende."
Der Tritt auf die Bandbreiten-Bremse erfolgt also, sobald 100 GByte Daten im Monat verbraucht sind. Dann wird die Download-Geschwindigkeit auf 1.024 KBit/s runtergedrosselt, die Upload-Geschwindigkeit auf 128 KBit/s reduziert.
Um es klar zu sagen: bravo! Immerhin macht 1&1 es wirklich fair, es wird kapierbar beschrieben. Menschen, die nicht wissen, wie viel N KBit/s sind und den Unterschied zwischen Upload und Download nicht kennen, haben ohnehin verloren - und von denen gibt es garantiert verdammt viele! Was nervt ist allerdings, dass der Begriff "Flat" der einst für "unbegrenzt" stand, jetzt auch abseits von mobilen Internet-Tarifen gnadenlos missbraucht wird.
Also liebe Anbieter: hört auf uns zu verarschen, macht den Begriff "Flat" einfach weg. Zum Angebot ist zu sagen: "Nur" auf 1.024 KBit/s gedrosselt zu werden ist natürlich schon mal viel besser, als die 384 KBit/s Vollbremsung, die von der Telekom angekündigt ist. Mit 1.024 KBit/s geht wenigstens noch ein bisschen was, sogar Videos in "VHS-Qualität".
Noch was zum 1&1 Spezialangebot: dieses Angebot für Wenig-Surfer ist nicht erst jetzt nach der Telekom-Drosselungs-Ankündigung gebacken worden, 1&1 hat es schon länger. Für 24 Monate kriegen Wenig-Surfer für rund 20 Euro pro Monat durchaus ein günstiges Paket.
Die übliche Falle lauert halt wie immer im Kleingedruckten, beim Sternchen hinter der Preisangabe. Das mit den 20 Euro gilt nur für 24 Monaten - danach geht es rauf auf rund 30 Euro. Hier muss man aufpassen, ob sich ein Vertrag nach 24 Monate um eine längere Frist verlängert oder ob monatliche Kündigung möglich ist. Wie es im Fall von 1&1 ist, weiß ich nicht. Es war mir zu zermürbend mich komplett durch die AGB zu kämpfen.
Kabel Deutschland versteckt Drosselung im Kleingedruckten…
Wie schon öfters mitgeteilt, bin ich Kabel Deutschland Kunde. Vor 6 Jahren als ich an den Stadtrand von München gezogen bin, wäre die einzige Alternative "halbes" DSL-Light gewesen. Das Aufmacherfoto von diesem Beitrag stammt von meiner Kabel Deutschland Installation im Keller, die vier Teilnehmer versorgt. Inzwischen gibt es hier auch VDSL, ich habe volle Auswahl, bin aber bei Kabel Deutschland geblieben. Wenn es mal "klemmte" war der telefonische Support immer perfekt und kompetent.
Ich habe ein Paket mit 30 MBit/s (2 MBit/s Upload) und Festnetz-Telefon-Flat für 30 Euro - das ist für die gebotene Leistung sehr günstig. Die 30 MBit/s Download kriege ich im Bedarfsfall immer. Mit dem Upload habe ich Probleme. Ich erinnere an mein Projekt Fahr zur Hölle Liebling. 2006 ist mir mit diesen Tipps die Echtzeitübertragung von Videostreams in erstaunlicher Qualität gelungen.
Und ich hatte damals Telekom DSL mit einer "lächerlichen" Upload-Rate von nur 768 KBit/s. Damit war Echtzeit-Übertragung mit quasi TV-Qualtät möglich. Seit meinem Umzug und Wechsel zu Kabel Deutschland habe ich 2.000 KBit/s Upload-Geschwindigkeit. Die Streaming-Leistung von früher habe ich damit aber nie mehr erreicht - irgendwie klemmt da was bei Kabel Deutschland. Ich werde es demnächst mal wieder probieren.
Ob ich heute nochmals zu Kabel Deutschland wechseln würde, glaube ich nicht. 2007 hatte Kabel Deutschland noch saubere Angebote, war ein sympathischer Laden. Inzwischen hat Kabel Deutschland leider das ekelhaft verzwickteste Gewurstel an Kleingedrucktem, das ich kenne. Es wird hier quasi kein Trick ausgelassen.
Kabel Deutschland Paketeübersicht - sämtliche Preisangaben gelten nur für die ersten 6 bis 12 Monate. Außerdem muss man aufpassen, wie lange die Vertragsbindung ist und wie lange die automatischen Vertragsverlängerungen sind. Das attraktivste Angebot scheint mir aktuell "Internet & Telefon 16" zu sein. Rund 25 Euro ab dem siebten Monat für 16 MBit/s und Festnetz-Telefon-Flatrate ist verdammt günstig.
Alle Kabel Deutschland Angebote sind generell günstig und in einem Punkt gleichermaßen unfair. Alle mir bekannten Kabel Deutschland Pakete haben eine "Datendrosselung" dabei. Im Gegensatz zum obigen "Spezial-Angebot" von 1&1 wird diese Drosselung aber nicht direkt sichtbar kommuniziert sondern tief im Kleingedruckten versteckt:
Im Kleingedruckten erklärt Kabel Deutschland: "Drosselung: Ab einem Gesamtdatenvolumen von mehr als 10 GB pro Tag ist Kabel Deutschland berechtigt, die Übertragungsgeschwindigkeit für Filesharing-Anwendungen bis zum Ablauf desselben Tages auf 100Kbit/s zu begrenzen; aktuell wird eine Drosselung erst ab einem Gesamtdatenvolumen von 60 GB pro Tag durchgeführt."
Bei "Filesharing-Anwendungen" räumt sich Kabel Deutschland also das Recht ein, die Geschwindigkeit ab einem Tagesverbrauch von 10 GByte auf 100 KBit/s zu drosseln. Aktuell drosselt Kabel Deutschland erst ab 60 GByte - was aber keine dauerhafte Garantie ist. Wohlgemerkt bremst Kabel Deutschland nur die Filesharing-Anwendungen auf 100 KBit/s runter, der Rest bleibt schnell. Etwas unklar ist natürlich, welche Filesharing-Anwendungen exakt gemeint sind. Vermutlich sind das Dinge wie Bittorrent, Emule und Usenet, vielleicht auch "1-Click-Download-Hoster". Man weiß es halt nicht genau - das ist uncool.
Auf der Seite Kabel Deutschland: Unser Leistungsversprechen gibt es weitere Erläuterungen zur Drosselung. Dort erklärt Kabel Deutschland, dass nur 0,1 (in Worten Nullkommaeins) Prozent der Kunden von Einschränkungen bei Filesharing-Anwendungen betroffen sind. Da fragt man sich, warum Kabel Deutschland sich überhaupt den Kopf wegen Drosselung zerbricht.
Telekom-Offensive und die Folgen…
Dank der Telekom-Offensive zu "teureren echten Flatrates" muss künftig bei Angeboten also schärfer hingeguckt werden um nicht in versteckte Drosselungs-Fallen zu tappen. Gründlich geprüft werden muss auch stets, wie es mit dem Ausbremsen anderer Dienstleister wie beispielsweise kostenpflichtigen "Online-Videotheken" oder Videoportalen wie "Youtube" steht.
Die Telekom hat bereits erklärt, dass Youtube nicht gebremst wird, wenn Google bereit ist dafür zu blechen. Und was ist mit 1&1? Sollen Google und Co da auch blechen? Was ist mit "Porno-Streaming-Diensten"? Dürfen die überhaupt blechen um nicht gebremst zu werden? Werden sich Telekom und Co auch mit Hardcore-Streaming-Diensten auf Verhandlungen einlassen?
Antworten auf derlei Fragen gibt es in den Leistungsbeschreibungen der "Flat-Produkte mit Bremsen" noch nicht. Und es wird auch schwierig werden, solche Antworten zu geben. Weiß der Henker, welcher Streaming-Dienst morgen aus dem Stand ein Hit im Internet wird und wer den dann bremst oder nicht.
Das alles wird für alle also sehr kompliziert. Verdammt kompliziert.