Nachdem Apple die professionellen Nutzer lange hat warten lassen renoviert das Unternehmen aus Cupertino nun endlich den schon fast tot geglaubten Mac Pro. Die letzte - nur sehr halbherzige - Überarbeitung und Erneuerung der Reihe lag schon so weit zurück, dass vielerorts bereits vermutet wurde dass Apple den Mac Pro aussterben lassen wolle - was Apple teilweise mit der aktuellen Erneuerung auch getan hat - aber der Reihe nach:
Anfangen könnte man mit einem kleinen Ratespiel - wo hat sich auf diesem Bild ein Computer versteckt. War der letzte Mac Pro trotz aller Apple-typischen Eigenarten dennoch immer noch ein modularer Computer aus hauptsächlich Standard-Komponenten, so ist der neue Mac Pro von Apple - im wahrsten Sinne des Wortes - eine Black Box. Eine Erweiterung oder der Austausch einzelner Komponenten durch Endanwender im Falle einer Aufrüstung oder eines Defektes wird, abgesehen von Speichermodulen und eventuell noch CPU, kaum noch möglich sein.
Der neue Mac kommt mit (möglicherweise) bis zu zwei Xeon CPUs von Intel neuster Generation (dem Ivi Bridge EP mit bis zu 12 physischen Kernen), zwei integrierten Grafikeinheiten von AMD, professionellem DDR3 ECC-Speicher (zur Korrektur von Speicherfehlern und der Möglichkeit für Module mit größerer Kapazität) und mit integrierter PCIe-SSD - also quasi einer Flash-Festplatte, die jedoch nicht über SATA angeschlossen wird, sondern direkt über PCIe, was einen großen Vorteil bei der Geschwindigkeit bringt. Jedoch sind alle Komponenten in dem System hoch integriert und nicht im Standard-Format oder über Standard-Schnittstellen angebunden. Dies resultiert zum einen in einer sehr kompakten Form des Gerätes - es ist nur noch knapp 25 Zentimeter hoch - und der Möglichkeit einer ganz neuen Formgebung. Die alte Käsereibe (das Design des "alten" Mac Pro mit Lochblech) ist passe.
Diese kompakte Bauweise erfordert jedoch auch ein leistungsfähiges Kühlkonzept das nach Möglichkeit gleichzeitig Ohren schonend sein sollte, waren doch die alten Mac Pro in der Vergangenheit nicht immer für einen leisen Betrieb bekannt. Hier hat Apple sich etwas interessantes ausgedacht und die besonders heißen Komponenten wie CPU und Grafikmodule um einen Kühlkern herum angeordnet. Durch den stehenden Aufbau kann sich in den Kühlrippen ein Kamin-Effekt aufbauen, der die heiße Luft quasi von alleine aufsteigen lässt - so zumindest die Theorie. Der gemeinsame Kühlkern ermöglicht es auch, diesen so zu dimensionieren, dass er nicht auf Vollast aller Komponenten ausgelegt sein muss, denn bei Volllast beispielsweise der Grafikkerne haben die CPUs in der Regel weniger zu tun und geben deswegen auch weniger Wärme ab.
Trotz dieser Kühlkonstruktion kann natürlich ein System mit bis zu zwei leistungsfähigen Xeon Prozessoren und zwei vollwertigen Grafik-Modulen nicht komplett passiv gekühlt werden. Infolgedessen spendiert Apple dem neuen Mac Pro einen einzelnen, zentralen Radiallüfter auf der Oberseite, welcher am Rande der auf dem ersten Bild sichtbaren Vertiefung des Gehäuses rotiert und den Luftstrom infolge des Kamin-Effektes unterstützt. Diese Lösung dürfte das Potenzial haben im normalen Betrieb sehr leise zu sein. Allerdings mache ich mir hier doch etwas Sorgen bezüglich des "Papierkorb-Effektes", denn diese Lösung und dieses Design scheint mir prädestiniert zu sein Staub und Krümel geradezu einzuladen und inwiefern ein Säubern des Inneren bei diesem Aufbau durch den Kunden möglich sein wird muss sich noch zeigen.Der Marktstart des neuen Mac Pro soll gegen Ende des Jahres erfolgen.
Alles in Allem ein interessanter Aufbau und ein sehr eigenes Konzept - jedoch mit Tücken in mehrerlei Hinsicht. Gerade die Pro-Modelle werden oft von professionellen Anwendern und Unternehmen im Medien-Bereich genutzt und hier kommt es auf Leistung und geringe Ausfallzeiten an. Ließen sich bei den "alten" (noch sind es die aktuellen trotz der in die Jahre gekommenen Hardware) Mac Pros noch recht einfach zum Beispiel mit leistungsfähigeren Grafikkarten und Massenspeicher aufrüsten, so ist der neue quasi nicht mehr erweiterbar - von einer Reparatur durch Anwender oder dem "Computerfritzen um die Ecke" ganz zu schweigen. Eine defekte Garfikkarte könnte hier den Tod des ganzen Systems bedeuten, zumindest aus wirtschaftlicher Sicht bei einem nicht mehr ganz frischen Gerät -wer die Preise des Apple-Service kennt weiß wovon ich rede. Lediglich Arbeitsspeicher und CPU scheinen sich noch ohne größeren Aufwand tauschen zu lassen - zumindest wenn sich das Gehäuse hier nicht widerspenstig erweisen sollte. Eventuell kann auch noch die PCIe-SSD getauscht werden, sofern sich für Endkunden ein Ersatz- oder Aufrüst-Teil finden lässt.
Dies passt eigentlich zu dem Brainstorming im Nickles-Forum vor einigen Tagen zum Thema "Die Zukunft des Heimcomputers", auch wenn es sich hier um ein professionelles Gerät handelt. Die Miniaturisierung und die Abkehr von Standardkomonenten scheint hiermit eingeläutet und ich vermute, dass auch Hersteller wie Dell, Lenovo und HP mehr und mehr in diese Richtung entwickeln werden.