Der Druck war groß genug. Das Landgericht Köln rudert bezüglich des aktuellen Pornoabmahnungsskandals jetzt klar und deutlich zurück. Laut Mitteilung von Pressesprecher Dr. Christian Hoppe haben einige betroffene Kammern inzwischen eingeräumt, dass erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der IP-Adressenermittlungen bestehen.
Die Kammern neigen dazu, ihre ursprüngliche Einschätzung zu revidieren, ihren Beschluss aufzuheben und einzugestehen, dass dadurch die Rechte der Anschlussinhaber verletzt wurden. Inzwischen wird auch erörtert, ob "Streaming" überhaupt als Urheberrechtsverletzung beurteilt werden kann.
Ein bisschen enger wird es indessen für die Abmahner. Die Staatsanwaltschaft Köln hat inzwischen (endlich) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet: wegen Verdachts der Vorlage falscher eidesstattlicher Versicherungen.
In der Mitteilung des Landgerichts wird auch erklärt, dass inzwischen eine Vielzahl von Betroffenen - teils via Anwalt- Antrag auf Akteneinsicht gestellt hat. Das Landgericht Köln ist bemüht, diesen Gesuchen schnellstmöglich nachzukommen. Betroffene werden gebeten zur "Vereinfachung" ("Extra-Nötigung"), eine Kopie des Abmahnschreibens beizufügen, Anwälte ihre Vollmacht. Zur Beschleunigung kann der Krempel auch gefaxt werden. Endgültige Entscheidungen über die Beschwerden Betroffener sollen frühestens im Januar (also viel zu spät!) gefällt werden.
"Wir haben eine riesengroße Scheiße gebaut" - genau das, will uns die Mitteilung (nicht) sagen. Der Dreck fängt schon mal mit der Verwässerung an.
Das Landgericht Köln redet nicht vom Landgericht Köln, sondern von den Kammern. Ich will wissen, welche Richter exakt die Scheiße verbockt haben! Welche Richter waren so dämlich und haben nicht sofort erkannt, dass "Streaming" kein anerkanntes Urheberrechtsdelikt ist?
Wer war so dämlich, nicht sofort zu erkennen, dass die beschriebene Ermittlung der IP-Adressen (also die eidesstattlichen Versicherungen) zum Himmel stinkt? Nein, ich erwarte von keinem Richter, von keinem Menschen, dass er ein Universalgenie ist! Aber wer Entscheidungen in dieser Dimension fällt, der muss wissen was er tut.
Denn: es geht hier nicht um einen Einzelfall, sondern um eine Massenabmahnung in "Zehntausender"-Größenordnung! Zehntausende Menschen haben in der Vorweihnachtszeit eine teure Rechnung erhalten, weil sie angeblich (!!!) Pornos im Internet geguckt haben.
Wäre es wirklich zu viel verlangt gewesen, dass Richter für solche Entscheidungen den Rat eines externen Gutachters einholen? Ich meine damit einen Gutachter, der nicht nur so tut als ob er einer ist, sondern der wirklich weiß was er tut.
Meine Befürchtung ist ganz einfach, dass die Kölner Richter genau das getan gaben, was heute modern ist: durchwinken statt denken und richtig handeln. Exakt deshalb ist Deutschland seit Jahren ein Paradies für Abzocker geworden. Bis Betrügern Einhalt geboten wird, vergehen immer viele Jahre.
Und wenn die Betrüger dann irgendwann ein bisschen verurteilt (gestreichelt) werden, gehen die Betrogenen sowieso leer aus. Sammelklagen sind in Deutschland bekanntlich nicht möglich, jeder Beschissene muss sich selbst drum kümmern, seine Kohle vielleicht wieder zu kriegen. Das ist in der Regel aber unwirtschaftlich, weil der finanzielle Aufwand dafür zu hoch ist. Genau das ist der Punkt, wo endlich was passieren muss.