Facebooks Übernahme der kostenlosen SMS-Alternative Whatsapp für 19 Milliarden Dollar, schlug ein wie eine Bombe. Whatsapp hat sich binnen rund fünf Jahren nach seiner Gründung weltweit geschätzt 450 Millionen Nutzer erobert. Mit einer simplen Strategie: im Gegensatz zu SMS ist Whatsapp kostenlos, beziehungsweise kostet nach dem ersten einjährigen Nutzungsjahr jährlich nur knapp einen Euro.
So was spricht sich schnell rum. Richtig flott verbreitet hat sich Whatsapp allerdings durch einen simplen Trick: um loslegen zu können, müssen Nutzer ihre Telefonkontakte komplett rüber lassen, ihre "Freunde" ungefragt "verkaufen". Außerdem müssen "kilometerlange" englischsprachige Nutzungsbedingungen akzeptiert werden, die vermutlich kaum ein Whatsapp--Nutzer jemals durchgelesen hat.
Die miese Nummer ist keine Erfindung der Whatsapp-Macher, sondern eine von Mark Zuckerberg. Facebook hat neu angemeldete Nutzer permanent dazu gequengelt, ihre "Mail-Kontaktdaten" rüberzulassen, um dadurch eventuell Freunde auf Facebook zu finden. Diese Kontaktdaten wurden dann für eine Spam-Lawine, in noch nie zuvor dagewesenem Ausmaß, missbraucht.
Facebook hat quasi jede eingeheimste Email-Adresse einfach angeschrieben und deren Besitzer mitgeteilt, ein "Freund" hätte ihn zu Facebook eingeladen. Mit dieser Masche ist Facebook (wie Whatsapp) rasend schnell gewachsen.
Die meisten, die Facebook und Whatsapp ihre Freunde ungefragt verkauft haben, wussten vermutlich nicht mal wirklich, was sie tun, welche Konsequenzen das hat. Durch die miese Methode, haben auch strikte Verweigerer von Facebook und Whatsapp keine Chance, diesen Systemen zu entrinnen.
Und wer die privaten Telefonbücher hunderter Millionen Menschen kennt, kann daraus verdammt viel errechnen. Das geht über ein einfaches "Wer kennt wen?" weit hinaus. Da Apps wie Whatsapp auch volle Kontrolle über Geräte verlangen, kennen sie prinzipiell auch jeden Kontakt den man anruft, oder von dem man angerufen wird. Und loggt man dann noch so Sachen wie den Standort mit, dann multiplizieren sich die Analysemöglichkeiten noch weiter. Jüngst gab es eine Meldung, dass Facebook anhand des Kontaktverhaltens seiner Nutzer bereits recht zuverlässig im Voraus errechnen kann, wo sich eine potentielle Partnerschaft anbahnt.
Es ist schon absurd, dass Datenschützer erst jetzt wegen Whatsapp wach werden. Der Kern ist einfach der, dass es bereits längst verboten sein sollte, Menschen "auszutricksen", sie dazu zu bringen, Kontaktdaten anderer weiterzugeben, die das vielleicht gar nicht wollen.
Die Whatsapp-Nutzer haben den Whatsapp-Machern vertraut. Und wurden von ihnen verkauft. Auf Whatsapp,com findet sich immer noch die Erklärung der ehemaligen Betreiber, dass Whatsapp keine Anzeigen verkaufen wird. Und damit bleibt halt als Finanzierungsmöglichkeit eben nur noch der eine Dollar pro Jahr. Im Hinblick auf 450 Millionen Nutzer weltweit, bei steigender Tendenz, hätte Whatsapp seinen Betreiber gewiss genug Geld in die Tasche geschaufelt. Und vermutlich wären die meisten Whatsapp-Nutzer sogar mit einem höheren jährlichen Preis einverstanden gewesen. Es gab also eine prima Chance, mit einem sauberen Geschäft richtig dick zu verdienen. Aber die 19 Milliarden Euro von Zuckerberg waren halt wohl doch zu verlockend.
Dass Zuckerberg verspricht, es würde sich bei Whatsapp (vorläufig) nichts ändern, ist kein Trost. Gut möglich, dass es direkt in Whatsapp weiterhin keine Werbung geben wird. Aber es wird sich garantiert ein trickreicher Schleichpfad finden, um aus dem enormen Datenbestand Profit zu ziehen.
Der Kauf durch Facebook hat viele Whatsapp-Nutzer offensichtlich derart verärgert, dass sie bei Whatsapp abhauen, nach Alternativen suchen. Und das Thema "Alternativen zu Whatsapp" ist auch in der deutschen Presse seit Tagen ein Topthema. Das Insider-Rezept der Stunde lautet, ein Messenger-System zu verwenden, das "verschlüsselt" funktioniert, mit "Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" arbeitet und das möglichst vollständig Open Source ist, damit die Vertrauenswürdigkeit überprüfbar ist.
Ist ein System nicht Open Source, dann kann man es im Prinzip vergessen. Also: es soll verschlüsselt sein, es soll Open Source sein und es soll natürlich möglichst kostenlos sein. Weder Open Source noch kostenlos ist die Messenger-Lösung Threema. Dennoch scheint dieser Dienst aktuell einen gewaltigen Zulauf zu haben. Viele Whatsapp-Flüchtige scheinen also blind zum "nächstbesten" Dienst zu rennen, in der Hoffnung, dass sie dort nicht verraten und verkauft werden. Aktuelle heiße Tipps, die alle drei Bedingungen erfüllen, sind unter anderem Telegram und Surespot.
Auch der Spiegel ist ein Trittbrettfahrer beim aktuellen "Whatsapp-Skandal" geworden, hat diesen Beitrag veröffentlicht: Messenger-Dienste: Das sind sichere WhatsApp-Alternativen, in dem fünf Alternativen vorgestellt werden. Am Ende resümiert der Spiegel:
SPIEGEL ONLINE hat die vorgestellten Apps nicht selbst geprüft. Für absolut vertrauliche Kommunikation ist ein Smartphone womöglich die falsche Wahl. Besser als eine SMS zu verschicken oder eine der vielen Apps ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sind die hier genannten WhatsApp-Alternativen aber allemal.
Der Spiegel empfiehlt also (wie generell alle anderen auch) in Bezugnahme auf irgendwelche Meinungen irgendwelcher "Experten" halt ein paar Alternativen, von denen bestenfalls gehofft (!) werden kann, dass sie irgendwie besser, sicherer sind. Die Leser sollen sich also für irgendeine Alternative entscheiden, rumprobieren. Genau das scheitert aber daran, dass man ein Messengersystem nicht mal so eben wechseln kann. Das macht nur Sinn, wenn die Freunde auch mitwechseln.
Meine aktuelle Empfehlungen bezüglich Whatsapp: nichts tun! Es ist Käse Hals über Kopf loszurennen, vielleicht bestenfalls vom Regen in die Traufe zu geraten.
Also besser erstmal Whatsapp weiterverwenden, bevor der Freundeskreis noch weiteren Messenger-Unternehmen "verkauft" wird. Die Diskussion um Datenschutz bei Messenger-Systemen brodelt aktuell, da wird in den nächsten Tagen und Wochen noch einiges kommen. Und dann ist immer noch Zeit genug, sich eine Alternative auszusuchen - oder sein Kommunikationsverhalten vielleicht generell mal gründlich zu überdenken.
Noch ein Tipp: Wer Whatsapp loswerden will, dem sollte klar sein, dass es nicht reicht, die App einfach zu deinstallieren!
Sämtliche Kontakte verbleiben dann im Whatsapp-System gespeichert. Und: auch die jährliche Gebühr für die Nutzung wird weiter eingezogen.
Wie ein Whatsapp-Account richtig gelöscht wird, steht hier in der offiziellen Beschreibung. Natürlich gibt es auch im Fall einer Kontolöschung keine Garantie, dass Whatsapp alle gesammelten Daten wirklich löscht.