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Kürzlich habe ich eine Weile das von ARD/ZDF gemeinschaftlich ausgestrahlte "Morgenmagazin" erlitten. Eigentlich hätte ich gar nicht gemerkt, dass diese Sendung von den öffentlich Rechtlichen ist, wenn oben in der Ecke nicht das ARD-Logo gewesen wäre. Inhaltlich war das ähnlich seicht und schrottig, wie man es so von den "Unterschichten"-Sendern gewohnt ist. Die haben allerdings den Vorteil, dass sie wenigstens "kostenlos" sind und keine Zwangsgebühren für ihr Programm einzutreiben versuchen.
Erstaunt war ich, wie ausufernd und peinlich schamlos die Werbung (Neudeutsch "Sponsoring") im ARD/ZDF-Vormittagsprogramm war.
Es scheint dort gefühlt kaum noch einen noch so lausigen Informationsfurz zu geben, der nicht vor irgendeinem Unternehmen gesponsert wird.
Der Werbewahnsinn im ARD/ZDF-Vormittagsprogramm brachte mich auf die Idee, mal exakt zu protokollieren, wann in den öffentlich rechtlichen so rumgeworben und rumgesponsert wird. Die Idee erwies sich dann aber recht schnell als überflüssig.
Denn: es gibt Unternehmen, die sich auf die Vermarktung von ARD und ZDF spezialisiert haben und die deren Angebot auch ausgiebig im Internet präsentieren. Eine erste interessante Adresse ist ASS.
Damit ist nicht "Arsch" gemeint, sondern ein Unternehmen namens ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH. Der Umfang dieser Webpräsenz ist gleichermaßen erschlagend wie interessant. Bei der Werbeformen-Präsentation erfährt man, wie umfangreich die Werbevarianten bei der ARD inzwischen sind: "Best Minute", "Best Seconds", "Solospot", "Jubiläumsspot", "Still and Move-Split", "Special Intro/Outro", "Wechsel-Split", "Abspann-Split am Nachmittag", "Abspann-Split am Vorabend", "Program-Split", "Countdown-Split Sportschau", "Hinweis-Splits Sportschau", "Ergebnis-Split-Sportschau". Die "klassische Werbung" gibt es natürlich auch noch. Werbeinteressierte werden also mit allen erdenklichen Formaten gelockt. Im Showroom Special Creation wird geworben mit:
„Ich wusste ja gar nicht, dass so etwas bei Ihnen möglich ist“ – doch, es ist möglich. Nicht alles, aber vieles. Sonderwerbeformen im wörtlichen Sinne im Ersten. Werbeformen ganz individuell auf jeden Kunden einzeln abgestimmt."
Der Hinweis
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, der juristischen Machbarkeit teilweise schon – wir prüfen das gerne für Sie..
schließlich lässt erahnen, dass hohe Bereitschaft besteht, die aktuelle Werbeformat-Vielfalt noch weiter auszubauen.
Sehr interessant, sind die Informationsseiten im Menü "Programmschema". Dort wird präzise angezeigt, wann an Wochentagen und Wocheenden welche Werbeformate im Programm platziert werden. Am übersichtlichsten ist die Darstellung des Programmschemas im PDF-Format:
Die bräunlich eingefärbten Bereiche sind die Werbeelemente der ARD im Zeitraum von 14 bis 20 Uhr. (Foto: ARD-Prospekt)
Diese Übersicht zeigt die verschiedenen Werbe-/Sponsoring-Blöcke, die im Programm der ARD von Montag bis Freitag und am Samstag eingebaut werden. Alle bräunlich eingefärbten Bereiche sind Werbung. Schockierend: diese Darstellung deckt lediglich das Zeitfenster von 14 Uhr bis 20 Uhr ab! Das Vormittags- und das Nachtprogramm sind hier nicht dabei! Und der Sonntag wird komischerweise auch nicht aufgeführt.
Bezüglich Sonntag und der Zeit nach 20 Uhr fand ich noch diesen Hinweis von ASS. Dort steht, dass es seit 1. Januar 2013 gemäß Rundfunk-Staatsvertrag eine Änderung der Bedingungen für Programmsponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Demnach soll es an Sonntagen und im ganzen Bundesgebiet anerkannten Feiertagen nach 20 Uhr keine Sponsorings mehr geben, wobei Übertragungen von Großereignissen (Olympische Spiele, Fussball) ausgenommen sind. Der Neuregelung fiel wohl auch sonntags das Tatort-Sponsoring der Brauerrei Krombacher zum Opfer. Krombacher hat den Tatort soweit bekannt 18 Jahre, 570 Folgen lang gesponsert (Quelle: Suedeutsche)
Was im Vormittagszeitraum ab 5:30 Uhr werbetechnisch so abgeht, erläutert das PDF-Dokument AS&S Sponsor Summary 2014:
Alleine im Zeitraum 5.30 bis 9.00 werden 22 Trailer mit je 7 Sekunden Länge ausgestrahlt, also insgesamt 154 Sekunden, rund 2,5 Minuten. Gemäß der Übersicht gibt es täglich (Wochentags) mindestens 42 Sponsor-Trailer, also 266 Sekunden, rund 5 Minuten Werbung "zwischendurch".
Ein Lese-Muss ist schließlich auch die Präsentation als PDF-Dokument. Darin wird genau erklärt, welche Sendungen und Werbezeiten beispielsweise welche Zielgruppen ansprechen. Und wer genau wissen will, was die verschiedenen "Werbeflächen" so kosten, erfährt das im PDF Tarifbroschüre 2014.
Wem beim Studium der ARD-Unterlagen noch nicht die Galle hochgekommen ist, der kann beim ZDF weitermachen, dessen Werbung von einer Firma namens ZDF Werbefernsehen GmbH verkauft wird.
Eine zeitliche Übersicht der Werbe-/Sponsoring-Einblendungen hab ich beim ZDF auf die Schnelle nicht gefunden. Allerdings fand ich eine interessante lesenwerte Seite namens "Lautheitsnormierte Tonaussteuerung". Dort erklärt das ZDF, dass es seit dem 21. August 2012 eine Vereinbarung gibt, die Lautstärke bei allen Sendungen und auch Werbungen konstant zu halten.
Und es wird erklärt, warum sich durch die neue "Lautheitsnorm" Vorteile (!) für Werbekunden ergibt. Das ZDF bezeichnet einen Vorteil als " Höhere akustische Dynamik unterstützt die Dramaturgie eines Werbespots".
Auch beim ZDF gibt es eine Präsentation der Programminhalte und der potentiellen Zielgruppen und Reichweiten.
Übrigens: sogar die Mainzelmännchen setzt das ZDF aktiv ein, um seine Werbung zu verkaufen. Forsa-Studien sollen die postive Wirkung der Mainzelmännchen innerhalb von Werbeblöcken belegt haben.
Sie sollen die "positive, emotionale Aktivierung der Zuschauer" , "die Akzeptanz des gesamten Werbeblocks" erhöhen und die "Spoterinnerung verbessern".
Sowohl ARD (ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH) und ZDF (ZDF Werbefernsehen GmbH) sind also auf Werbung spezialisierte Unternehmen, betreiben dafür eigene GmbHs.
Das verleiht der "GEZ-Zwangsgebühr", die letztlich für diese Firmen eingetrieben wird, ein weiteres fragwürdiges Element.
Mit den beiden Werbe-/Marketing-GmbHs ist es übrigens noch nicht getan! Die öffentlich rechtlichen Werbeunternehmen, betreiben noch eine gemeinsame Firma, eine GmbH die sich ARD & ZDF Fernsehwerbung GmbH nennt.
In der gemeinsamen Broschüre "Goldene Zeiten" (PDF) versprechen ARD und ZDF ihren Kunden eine goldene Zeit für ihre Werbung. Aus welchem Grund es auch noch die gemeinsame Werbungs-GmbH gibt, ist mir nicht ganz klar.
Zu den drei Werbeunternehmen von ARD und ZDF und den zahlreichen offiziellen Werbeformaten kommen schließlich noch bekanntlich schmutzige inoffizielle dazu. Im Januar 2013 hat Deutsche Wirtschafts Nachrichten beispielsweise das hier gemeldet: Schleichwerbung: ZDF und ARD überschreiten schamlos alle Grenzen. Das Thema wurde als Woche der Ausreden auch von der Sueddeutschen erörtert. Soweit ich mich entsinne, hatte dieser Schleichwerbungsskandal kein Folgen für die Verantwortlichen. Es ist inzwischen Gras drüber gewachsen.
Um übrigens einer eventuellen Abmahnung, wegen meiner Bezeichung von ARD und ZDF als "öffentlich rechtliches Werbefernsehen", schon mal vorab entgegenzuwirken: die Sender bezeichnen sich auf ihren Webpräsenzen selbst als "Werbefernsehen":
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