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News: Anonymität mit Folgen

NSA: Tor-Nutzer per Rasterfahnung als "Extremisten" gebrandmarkt

Michael Nickles / 22 Antworten / Flachansicht Nickles
(Foto: mn)

Das Tor-Netzwerk gilt seit vielen Jahren als Geheimtipp um anonym im Internet surfen zu können. Der Datenweg beginnt mit Aufbau einer verschlüsselten Verbindung zu einem Tor-Eingangs-Server.

Der leitet die verschlüsselten Daten/Anfragen dann über zig sich ständig wechselnde andere Tor-Server weiter (weltweit ca 5.000) bis sie vom finalen Tor-Ausgangsserver über eine unverschlüsselte Verbindung zum Empfänger geschickt werden.

Viele Tor-Nutzer glauben, dass Tor wirklich anonymes Surfen ermöglicht, sie sich unbeobachtet im Internet bewegen können. Das ist ein fataler Irrtum. Denn: die Anonymität funktioniert nur dann, wenn alle verwendeten Tor-Server vertrauenswürdig sind. Und das sind sie schlichtweg nicht, weil praktisch jeder einen Tor-Server bereitstellen kann.

Fatal ist Tor dabei auch in einem ganz simplen Punkt: interessiert sich jemand für Tor, ergibt sich zwangsläufig der Verdacht, dass er irgendwelche Sauereien vorhat. Von Fanatikern mal angesehen, wird sich jemand der sich den aktuellen Wetterbericht im Internet angucken will, kaum die Mühe machen, das heimlich zu tun.

Und genau auf diesen naheliegenden Gedanken ist wohl auch der US-Spionagedienst NSA gekommen. Laut Bericht der Tagesschau liegen NDR und WDR Auszüge vom Quellcode des XKeyscore-Ausspäh-Tools der NSA vor. Daraus soll sich erschließen, dass die Internetnutzer in Deutschland bezüglich Tor Opfer einer gigantischen Rasterfahndung geworden sind.

Wer von der NSA als Tor-Nutzer identifiziert wurde, kriegte die Brandmarkung "Extremist" und wird entsprechend mit besonderer Aufmerksamkeit beim Surfen verfolgt. Details zur Sache soll es heute Abend um 21.45 Uhr bei Panorama im Ersten geben.

Michael Nickles meint:

Nein, ich bin nicht schockiert oder überrascht. Das war einfach zu absehbar. Zu Tor gilt zu wissen, dass so ein Netzwerk natürlich mehr Chance auf Anonymität verschafft, als total nackt durchs Internet zu rennen. Aber ein definitiv anonymes Surfen im Netz ist halt nicht möglich.

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fakiauso Michael Nickles „NSA: Tor-Nutzer per Rasterfahnung als "Extremisten" gebrandmarkt“
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Was ist als schlimmer anzusehen?

Der Prozentsatz Nutzer, die Tor tatsächlich missbrauchen oder der Ansatz der Geheimdienste, jeden Besucher/Nutzer des Netzwerks als Extremist vorzuverurteilen, was auch immer das nach deren Maßstäben heissen möge?

http://www.taz.de/Kommentar-Ueberwachung-Tor-Nutzer/!141783/

http://www.taz.de/!141659/

Stilisiert sich hier nicht eher der Überwacher noch zum Opfer, der analog zum Terror als Totschlagargument selbstverständlich alles nur zu unserem Schutze tun muss, wenn dabei auch ein minimaler Anteil an Unschuldigen in´s Raster gerät?

Schicker Ansatz, der gleich einmal die Unschuldsvermutung außer Kraft setzt und stattdessen jeden vorverurteilt, der Interesse an Tor hat.

Am Ende ist das nur ein weiteres Mosaiksteinchen im Gesamtbild der totalen Überwachung, die hier angestrebt wird - mein täglich NSA gib mir heute.

Außer Orwells 1984 fällt mir da noch der Film "Running Man" ein, der eine gewisse Analogie zeigt, eine militaristisch durchregierte Gesellschaft, die jeden auskickt, der aus der Reihe tanzt und den Rest mit mehr oder weniger dünngeistigem Medienkonsum bei Laune hält (in diesem speziellen Fall der Menschenjagd).

Wer hätte je gedacht, das dieses Endzeitdrama auf dem besten Weg ist, zur Realität zu werden:-(

"Anyone who believes exponential growth can go on forever in a finite world is either a madman or an idiot (or an economist)" - Hellsongs
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