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Mit dem Mietwagen durch den Wilden Westen.

weissnix2 / 1 Antworten / Flachansicht Nickles

Über Ostern war ich mit meinem Enkel in den USA, und weil wir viel und weit fahren wollten, hatte ich über Check24 bei Hertz einen oberen Mittelklassewagen (small SUV) gebucht - 10 Tage für 640 € = nicht billig, aber das Auto war diesen Preis wert. Nun wusste ich aus eigener Erfahrung, dass es bei der Fahrzeugübernahme in den USA regelmäßig Wartezeiten von bis zu zwei Stunden gibt - kein Wunder, wenn da ein A 380 mit 560 Passagieren ankommt, von denen die meisten einen Mietwagen benötigen.

Im Internet hatte ich aber gelesen, dass man die Warteschlange bei Hertz (ob auch anderswo, weiß ich nicht) leicht umgehen kann, wenn man sich dort als "Gold Member" registriert. Dabei gibt man alle Personal-, Bank- und Führerscheindaten an, also alles, was üblicherweise erst bei der Fahrzeugübernnahme registriert wird und erhält dann eine Mitgliedskarte mit Mitgliedsnummer, die man sich ausdruckt. Zum Thema "Datensicherheit" sage ich jetzt mal nichts, aber was soll Hertz schon mit meinen gespeicherten Daten anfangen, die spätestens bei der Fahrzeuganmietung vor Ort ja sowieso erfasst würden?

Bei unserer Ankunft per Shuttlebus am Mietwagenterminal in Los Angeles stehen, wie erwartet, schon unzählige Leute vor den Schaltern der Mietwagenfirmen Schlange, bei Hertz geht die Schlange bis nach draußen. Ich wedle mit meiner "Gold-Member-Card", und (natürlich auf englisch) :

"Oh, Sie sind Mitglied. Gehen Sie hinter das Gebäude direkt zu den Autos!" Gesagt, getan, dort ein anderer Hertz-Mitarbeiter:
"Oh, Sie sind Mitglied, was haben Sie gebucht?"
Ich: "Einen kleinen SUV!"
Er: "OK, nehmen sie den da!" - und zeigt auf einen riesigen, nagelneuen weißen GMC-SUV.
Ich: "Entschuldigung, ich habe einen kleinen SUV gebucht!"
Er: "Ja, das ist ein kleiner SUV! Der Schlüssel steckt, have a nice trip" - (Offenbar verstehen die Amis unter "klein" etwas anderes als wir.)

Natürlich gibt es, wie in USA üblich, keine Einweisung, also mache ich mich gut eine Viertelstunde lang mit der Instrumentierung vertraut und fahre dann einfach los - bis zur Schranke, da sitzt ein Angestellter im Kasssenhäuschen, und der:

"Oh, Sie sind Mitglied. Kann ich kurz ihren Pass sehen?" - vergleicht meinen Namen im Reisepass mit dem Namen auf meiner Mitgliedskarte, tippt meine Mitgliedsnummer in seinen Computer, heraus kommen nach wenigen Sekungen zwei Blatt Papier, und:

"Hier sind Ihre Dokumente, enjoy your trip."

Wenn ich die Viertelstunde außer acht lasse, in der ich mich mit der Technik beschäftigt habe, dann hat Ganze keine fünf Minuten gedauert. Als ich mit dem Auto vom Hof fahre, steht die Schlange am Schalter immer noch bis draußen...

Bliebe noch anzumerken, dass die Fahrzeugrückgabe genau so einfach ging: ein Angestellter geht rund um das Auto, macht ein paar Haken auf einen Zettel, gibt mir den, fragt: "Schlüssel steckt?" - und das war's. Sowas lässt man sich gefallen...

...und weil ich einmal dran bin, das Wetter schlecht ist und ich Langeweile habe (muss ja niemand lesen):

In Gedanken bin ich immer noch auf diesem USA-Trip. Eigentlich fahre ich nur Auto, wenn ich unbedingt muss, aber in Amerika macht das Fahren Spaß. Nicht in New York, das kannst Du vergessen. Da fahren sie wie die Bekloppten in jede frei werdende Lücke, sobald "Grün" ist, in die Kreuzung, selbst wenn die schon verstopft ist, blockieren so den Querverkehr, und ganz Manhattan ist ein einziger riesiger Dauerstau. Wer da Auto fährt, der ist selbst schuld an seinem Elend.

Ganz anders dagegen im einstmals "Wilden Westen". Wir haben jetzt schon zum wiederholten Mal die Nationalparks in dem Dreieck zwischen Los Angeles, San Francisco und Monument Valley abgeklappert und die über 3.500 Meilen dabei entspannt genossen. PKW und LKW, alle fahren gleich schnell. Welche Spur Du nimmst, ist egal, Hauptsache, Du bleibst in der Spur. Selbst in abgelegenen, kaum befahrenen Gegenden werden die Tempolimits von beachtet. OK, man fährt schon mal 57 statt der erlaubten 55, aber keine 60. Das liegt nicht nur an den drastischen Strafen für Verkehrsdelikte, das ist ein Stück der dort in über 100 Jahren gewachsenen Fahrkultur. Zugegeben, ganz selten erlebt man schon mal einen Möchtegerne-Rennfahrer, der sich mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Spuren schlängelt (und Kopfschütteln der anderen Fahrer erntet), aber schneller als 75, wo nur 55 erlaubt sind, fährt der auch nicht. Und in Las Vegas habe ich sogar zwei oder drei Autoposer gesehen, die mit dröhnendem Auspuff und quietschenden Reifen von einer bis zur nächsten Ampel bretterten, aber das sind ganz große Ausnahmen. Ich erinnere mich, dass ich auf der gut ausgebauten, fast schnurgeraden und übersichtlichen Landstraße von Williams zum Grand Canyon mal über 60 km lang mit Tempomat gefahren bin, ohne einmal bremsen, Gas geben oder die Spur wechseln zu müssen. Man rollt einfach gemütlich dahin und genießt die schöne Umgebung.

Interessant auch: an Kreuzungen ohne Ampel gilt meistens "Stop all way", das heißt: jeder muss anhalten; wer als Erster ankommt, darf als Erster weiter fahren. Kommen Zwei gleichzeitig an, müssen die sich per Handzeichen verständigen. In Deutschland wäre so eine Verkehrsreglung eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtsanwälte, im "Wilden Westen" funktioniert das. Oder die in Ballungsgebieten mal als "Convoi", mal als "Car pool" auf mehrspurigen Straßen ausgewiesenen linken Extraspuren für Fahrzeuge, die mit mindestens zwei Personen besetzt sind: in der Ortszufahrt nach Los Angeles - und nicht nur dort - sind wir ab und zu ungehindert an kilometerlangen Staus vorbei gefahren, und kein Einzelfahrer wäre auch nur im Traum auf die Idee gekommen, die Mehrpersonenspur zu missbrauchen, um schneller weg zu kommen. Das liegt aber wohl auch an der rigorosen Strafandrohung: wer als Einzelfahrer auf der Extraspur erwischt wird, der zahlt mindestens 500 Dollar und je nach Einkommen auch mehr.

Und in San Francisco habe ich es dann tatsächlich geschafft, nach links in eine mehrspurige Einbahnstraße abzubiegen; plötzlich stand da nicht nur der Gegenverkehr, sondern auch die Cable Car vor mir. Der Straßenbahnfahrer aus der offenen Kabine mit fröhlichem Grinsen: "Sir, this is a One-way-road!" - und alles wartete geduldig, bis ich meine Riesenkarre mit dreimal Vor- und Zurücksetzen gewendet und dann mit schamrotem Kopf das Weite gesucht hatte. In Deutschland hätte man vermutlich eine Großfahndung nach mir ausgelöst, aber hier: kein Gehupe, kein Geschimpfe, da hatte sich halt jemand vertan - na und? Das kann ja mal passieren...

Man mag über die Amis denken, was man will, aber so relaxed wie im Westen der USA fährt man nirgends Auto. OK, in Australien soll es ähnlich diszipliniert zugehen, aber die fahren da ja alle auf der falschen Seite...

Wer klug ist, kann sich auch schon mal dumm stellen. Umgekehrt wird's schwierig...
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schoppes weissnix2 „Mit dem Mietwagen durch den Wilden Westen.“
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Na, das ist doch mal ein umfassender Reisebericht!
Vielen Dank dafür.

(Offenbar verstehen die Amis unter "klein" etwas anderes als wir.)

In den USA ist alles etwas größer als bei uns, sogar die Äpfel im Supermarkt.  Cool

Ich schiebe deinen Beitrag auf ein Brett, das mir passender erscheint.

Grüße

"Früher war alles besser. Sogar die Zukunft." (Karl Valentin)
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