Es ist natürlich ein bisschen was dran... durch den triumphalen Einzug der Linken bei der letzten Bundestagswahl gab es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Wenn ich mir allerdings ansehe, wie diese beiden Koalitionen uns ein knappes Vierteljahrhundert lang regiert haben, kann ich nicht behaupten, dass das ein allzu großer Grund zur Trauer ist :-) Anders gesagt: Wesentlich Schlimmer als Schwarz-Gelb oder Rot-Grün finde ich das Wirken und Schaffen der Großen Koalition auch nicht...
Schon 1980, ein paar Monate vor der Bundestagswahl, zeigte der "Stern" auf seiner Titelseite den damaligen Kanzler Helmut Schmidt umringt und umrankt von tropischen Schlingpflanzen, Überschrift: "Stürzen die Grünen Helmut Schmidt?". Eine Anspielung darauf, dass die Grünen den Einzug in den Bundestag mit großer Sicherheit verpassen, die für sie abgegebenen Stimmen aber der Sozialliberalen Koalition zum Sieg fehlen würden. Tatsächlich holten die Grünen 1,5% - trotzdem wurde die Regierung Schmidt/Genscher mit eindeutiger Mehrheit wiedergewählt, was wohl in erster Linie darauf zurückzuführen war, dass die breite Mehrheit der Bevölkerung keinen Bundeskanzler Franz-Josef-Stauß wollte.
Ich halte generell nichts davon, die Abgabe seiner Stimme von irgendeinem taktischen Geplänkel abhängig zu machen. Mit dem Rechenschieber ausklamüsern, wie viele Prozentpunkte für welche Partei nötig wären, um eine ganz bestimmte Konstellation herbeizuführen, und sollten die anderen den Einzug in den Bundestag verpassen, dann reichen für die absolute Mehrheit ja schon 47%, vorausgesetzt, dass sich der mit dem und dem zusammentut...
Irgendwie erinnert mich dieses ganze Getue an die Gruppenspiele bei Fußball-WMs und EMs: "Uns reicht im letzten Gruppenspiel ein Unentschieden, am besten ein 0:0, höchstens ein 1:1, aber bloß kein 2:2 oder mehr, sonst sind die anderen wegen des besseren Torverhältnisses weiter...".
Nein, man soll die politische Richtung stärken, die den eigenen Ideen, Vorstellungen und Überzeugungen am nächsten kommt, und sich einen Dreck darum scheren, ob diese Partei nun irgendeiner Koalition zur absoluten Mehrheit verhilft. Wenn nicht, dann stärkt man eben die Opposition - auch gut! Aber aus taktischen Gründen das Gegenteil von dem wählen, was man sich eigentlich wünscht, das finde ich ziemlich dämlich.
CU
Olaf