Hi!
Kann tief unter Wassernoch Luft aus einem Autoreifen entweichen?
Angenommen es sind 2 Bar (runde Zahl) drin.
Dann drückt die Luft bis (grob) 20 Meter Tiefe aus dem Ventil, wenn es geöffnet wird.
Und darunter?
Das Wasser drückt auf den Reifen und erhöht dadurch natürlich den Druck im Reifen, drückt aber gleichzeitig auch ins Ventil.
Dann ist doch eigentlich unter 20 Meter Tiefe kein Druckunterschied mehr vorhanden und folglich strömt weder Wasser ein noch Luft aus, oder?
Hintergrund (Achtung Spoiler!):
Eine Szene gegen Ende des Films Tansporter 3, in der der Held
Luft aus den Reifen seines sinkenden Autos entnimmt, um nicht zu ertrinken.
Dies macht er nicht tief unter Wasser, aber es hat mich aber zum Grübeln gebracht.
Gruss
Marcel
Off Topic 20.284 Themen, 225.248 Beiträge
So lange im Behälter (Reifen) nur Luft ist und diese gegenüber dem Wasserdruck einen Überdruck aufweist, ist es gleichgültig, wo die Öffnung (das Ventil) ist: Es wird Luft ausströmen.
Stell dir eine offene 1l-Flasche vor, bei der du eine Schnur um den Hals wickelst und befestigst. Am Ende der Schnur (ca. 20 cm, ist aber egal, es ist nur wichtig, dass dadurch die Flasche später stabil mit dem Boden nach oben untergeht) hängst du ein 1kg-Gewicht an. Dann erfasst du die Flasche am Flaschenboden, sodass sie mit dem Flaschenhals und dem daran befestigten Gewicht nach unten hängt, und versenktst sie so im Wasser. Sie wird untergehen und keine Luftblase wird sichtbar werden, obwohl sie offen ist: Da die Öffnung nach unten weist, wird bei 10m Tiefe die Falsche im unteren Teil halb voll mit Wasser sein, im oberen Teil - dort wo der Flaschenboden ist -, wird die auf 1 Atü (2atm) komprimierte Luft sein. Diese Luft hat zwar eine geringere Dichte als das Wasser, aber genau das ist der Grund, warum sie nicht die Flasche verlassen kann: Sie müsste erst innerhalb der Flasche durch das Wasser nach unten "tauchen", damit sie dann bei der Flaschenöffnung herauskommen und (bis zur Wasserobefläche) aufsteigen kann.
Analog ist es beim Autoreifen mit dem Ventil: Ist nach dem Einströmen des Wassers aufgrund des äußeren Überdrucks bis zum Erreichen des Druckgleichgewichts innen so viel Wasser, dass die Reifen-Innenseite des Ventils unter Wasser zu liegen kommt, kann dort auch keine Luft herauskommen, denn sie müsste entgegen dem archimedischen Prinzip "tauchen".
Ist bei Erreichen des Druckgleichgewichts das Ventil oben, so ist es sehr fraglich, ob da die Luft entweichen könnte. Erstens hängt es davon ab, ob das Ventilrohr abwärts geneigt ist oder nicht. Ist es abwärtsgeneigt, müsst die Luft, die innen jetzt auf gleichem Druck ist, die Wassersäule im Ventilrohr wieder "nach unten" herausdrücken, um zum Ausgang zu kommen. Das kann die Luft aber nicht, denn dazu müsste sie _mehr_ Druck haben wie das soeben eingeströmte Wasser, wir haben aber gesehen, dass das Wasser bis zum Gleichgewichtsdruck einströmt. Ist das Ventilrohr nach oben geneigt, dann müsste die Luft herauskommen trotz Druckgleichgewichts, und zwar aufgrund des Archimedischen Prinzips: Die Luftsäule innen hat wegen der geringeren Dichte ein geringeres Gewicht wie eine gleich hohe Wassersäule hätte (deshalb ist ja auch in einer Flasche die Flüssigkeit stets unten). Das Problem dabei: Wenn es sich um ein kleines Ventil handelt, müsste das Wasser an der Luft vorbei - und umgekehrt, und da könnte es aufgrund der Oberflächenspannung des Wassers leicht sein, dass das Wasser wie ein Kolben das Ventilrohr nach oben schließt (durch Ansaugen könnte man allerdings was rausbekommen). Ist das Ventilrohr genügend groß, wäre die Oberflächenspannung nicht mehr ausreichend, lokale Spannungsunterschiede aufgrund beispielsweise der Browsn'schen Molekularbewegung abzufangen, und es würde Wasser einströmen während gleichzeitig ein gleich großes Luftvolumen entweicht.
Experiment dazu: In eine Injektionsspritze ohne Nadel Luft aufsaugen und dann mit der Öffnung nach oben unter Wasser halten: Je nach Wassertemperatur im Vergleich zur Lufttemperatur in der Spritze und Wassertiefe wird ein wenig Wasser einströmen bzw. ein wenig Luft entweichen - und dann kommt das zum Stillstand, obwohl in der Spritze noch jede Menge Luft ist und eigentlich "nach oben" entweichen könnte.
Umgekehrt: Bierflasche (leer :) mit der Öffnung nach unten untertauchen und dann unter Wasser umdrehen, sodass die Öffnung nach oben schaut ... man wird sehen, dass es ziemlich turbulent zugeht, weil das Wasser, das rein will, erst die Luft, die drin ist, verdrängen muss und diese nur am Wasser vorbei beim Flaschenhals herauskommen kann, um Platz zu machen.
Gruß, Gerhard