Wer kann mir den Begriff "soll" definieren?
Ich meine nicht "Soll" im buchhalterischen Sinn als Gegensatz zu "haben", sondern "soll" als Begriff in einer Reihe, die etwa so aussehen könnte:
"kann - soll - muß."
Man kann "soll" sehr locker interpretieren, Beispiel: "Du sollst auf der Autobahn nicht schneller als 130 fahren." In diesem Satz bedeutet "soll": "...Wenn du aber schneller fährst, ist es auch okay."
Nimmt man dagegen das biblische Gebot "du sollst nicht töten", dann heißt das so viel wie "du darfst nicht töten" - dann ist der Begriff "soll" also ein Verbot (oder Gebot).
Ich habe mich heute mit einem Juristen darüber unterhalten, der meinte, das "soll" käme dem "muß" sehr nahe - aber er konnte das genauso wenig belegen wie ich das Gegenteil.
Beispiele für die o.g. Frage gibt es natürlich in jeder Richtung - nur, welche stimmt?
sapere aude
A4.
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Servus A4,
du sprichts hier etwas an, was mich manchmal bei unseren Hausjuristen in den Wahnsinn treibt - ich kann dich hier, gerade wenn es um eine Art Satzung geht - vollkommen verstehen! Früher habe ich immer bei Gesprächen mit den Kollegen versucht, Wörter aus anderen Sprachen zu verwenden, um den Sinn adäquat zu transportieren (z.B. im Englischen gibt es ja für dein "sollen" die Begriffe "must" und "need", wobei das erstere das "zwingende sollen" [Befehlsform / keine Ausnahme] und das letztere das "fakultative sollen" [Möglichkeitsform / Ausnahmen zulässig] abbildet - solche Feinheiten haben wir beim "sollen" ja nicht immer, da musst du schon mit "müssen", "dürfen", "brauchen", "können" arbeiten).
Auch der Begriff "oder" ist einen Gedankengang wert, die lateinischen Begriffe "vel" und "aut" werden zwar auch mit "oder" übersetzt, das eine ist jedoch das "ausschließliche oder", das andere das "sowohl-als-auch oder"....
Bevor ich noch weiter abschweife - ich würde bei deiner Formulierungsänderung ("...ist zu vergeben" in "soll vergeben werden") mit den Mitgleidern des Vereins explizit besprechen, was genau durch diese Änderung erreicht werden soll (Sprache muss man ja immer im Kontext sehen - und das meine ich nicht nur im Bezug auf andere Satz- bzw. Schriftstückteile, sondern auch im Hinblick auf den damit Verbundenen Willen der schreibenden Person) - falls hier wirklich ein "Axiom" bzw. eine "eherne Gesetz" aufgestellt werden soll, dann sollte das "ist" beibehalten werden, bei einer "Richtlinie" (für den Normalfall, Flexibilität im Ausnahmefall ist aber manchmal nötig) würde ich das Ganze in "soll" wechseln (allerdings wirst du dann irgendwann Spaß mit Kollegen bekommen, die auf jeweils eine anderes Bedeutung von sollen pochen *g*).
Ich versuche mich mal an einem Beispiel - ihr seid ein Sportverein und wollt den Vorplatz eures Vereinsheims unter allen Umständen bei Heimspielen an lokale Unternehmen vermieten (z.B. Würstchenbude / Bierstand, etc.) - dann würde ich so formulieren "Bei Heimspielen der Mannschaft ist der vor dem Vereinsheim befindliche Platz an ortsansässige Unternehmen aus dem Gastronomischen Gewerbe zur Verfügung zu stellen"; sofern auch andere Unternehmen zum Zuge kommen sollen entsprechend mit einer Ergänzung "Bei Heimspielen der Mannschaft soll der vor dem Vereinsheim befindliche Platz an ortsansässige Unternehmen aus dem Gastronomischen Gewerbe zur Verfügung gestellt werden, bei Absage / fehlender Interessensbekundung durch vorgenannte Unternehmen bis 3 Werktage vor dem Tag des jeweiligen Heimspiels ist die Vergabe an ortsfremde Unternehmen zulässig".
In diesem Sinne - lass den Kopf rauchen 8-)
BG,
Bergi2002