Hallo zusammen,
Was haltet ihr von diesem Artikel? Mich macht er gerade ein bisschen ratlos:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Datenschutz-im-Internet-Harte-Linie-gegen-Website-Betreiber-1193121.html
Eigentlich wünschen sich die meisten von uns einen effektiveren, konsequenteren, ehrlicherern, was auch immer, Schutz der Privatsphäre. Und doch, hier will sich bei mir die Dankbarkeit nicht so recht einstellen - "mit Kanonen auf Spatzen geschossen" ist eher mein Eindruck.
Wird da nicht eher an einem harmlosen Privatmann einigermaßen willkürlich ein Exempel statuiert? Wie soll der denn diesen ganzen Wust an hochspezialisiertem Hightech-Klimbim beantworten? Warum tritt man mit solchen Fragen nicht an die Webhoster bzw. im Falle von AdSense an Google heran? Die könnten dann auch gleich eine "gebündelte" Antwort geben, so dass nicht jeder private Website-Betreiber einzeln abgeklappert werden muss.
Gleichbehandlungsgrundsatz geht sowieso anders. Den Herrn Reincke hat es nun zufällig erwischt, tausend andere nicht.
CU
Olaf
Homepage selbermachen 7.846 Themen, 35.563 Beiträge
Hallo Olaf,
Es geht mir hier nicht vordergründig um privat vs. gewerblich
Mir auch nicht. Die Gesetze sind (hoffentlich) für alle gleich.
auch nicht darum, ob eine IP-Adresse "personenbezogen" ist oder nicht
Das sehe ich anders. Darum geht es sehr wohl, daran macht sich (fast) alles fest. Du selbst hast doch die Befürchtung geäußert, dass man beim IP6 evtl. eine feste IP-Adresse kriegt, über die man lebenslang identifizierbar ist. Wie kannst Du im nächsten Moment sagen, dass die IP-Adresse nicht personenbezogen ist?
Sicher können wir das hier nicht abschließend klären, das ist klar.
Es ist einfach nicht einzusehen, dass ein Websitebetreiber, der einen völlig legalen(!) Dienst wie Google AdSense benutzt, plötzlich für dessen Geschäftspraktiken geradestehen soll.
Das wird doch zu keinem Zeitpunkt verlangt. Aber wenn man es schon (aus fragwürdigen finanziellen Gründen) für sinnvoll hält, AdSense zu nutzen, sollte man es auch auf der Grundlage geltenden Rechts machen. Und das heißt, ich muss den Nutzer meiner Seiten vor der Übermittlung der IP-Adresse an Google darüber informieren und ihm die Möglichkeit geben, dass er dies aktiv verhindern kann (= Site nicht nutzen).
Ob Google AdSense legal ist, kann ich nicht beurteilen.
Aber nein, an Google macht sich natürlich niemand die Finger schmutzig.
Das stimmt so nicht. Die Datenschutzbeauftragten kümmern sich sehr wohl um Google und deren fragwürdigen Umgang mit dem Datenschutz. Aber das sind zwei verschiedene Baustellen. Ich kann meinen eigenen Gesetzesverstoß nicht dadurch rechtfertigen, dass andere auch gegen das Gesetz verstoßen! Für mein Handeln bin ich verantwortlich, für das Handeln von Google usw. sind andere verantwortlich - ist doch ganz einfach.
die irgendein Denunzianten-Troll auf dem Kieker gehabt hat
Olaf, das ist unterirdisch unsachlich! Wenn Du jeden, der ungesetzliches Verhalten zur Anzeige bringt, als "Denunzianten-Troll" bezeichnest, hast Du den Sinn von Gesetzen und Ihrer Einhaltung nicht verstanden. Hier war es ja noch nicht mal eine Anzeige, sondern nur eine Beschwerde.
Auch wurde hier nicht eines der sinnlosen Abmahnverfahren losgetreten, die von fragwürdigen Anwälten zu hohen Kosten initiiert werden sondern der Betreiber wurde aufgefordert, eine "Datenverarbeitungsverfahrensbeschreibung..." abzugeben.
Das Vorgehen des Datenschutzbeauftragten ist unfair, schikanös und unredlich.
Nein, ist es nicht. Es entspricht geltendem Recht und auch ein Datenschutzbeauftragter darf sich nicht eigenmächtig über geltendes Recht hinweg setzen.
Mein Gott, was gehen mir diese Internet-Spielverderber-Spießer inzwischen auf den Sack. Das Internet war mal ein so geiles Stück Freiheit.
Da gebe ich Dir sogar ein Stück weit Recht. Das Internet war tatsächlich mal viel freier als heute. Und zwar zu der Zeit, bevor internationale Großkonzerne wie Google oder Microsoft oder Apple es unter ihre Kontrolle gebracht haben. Dass die Kommerzialisierung des Internets, die wir Anfang bis Mitte der 90er Jahre erlebt haben, das freie Internet kaputt machen wird, war damals schon allen klar.
Daran ist aber nicht der Datenschutzbeauftragte schuld. Erst durch die fragwürdigen Praktiken von Google und Co. wurde es ja nötig, dass die Datenschutzbeauftragten auf diesem Gebiet überhaupt tätig werden. Ohne deren regulierender Funktion wäre heute der Wildwuchs unerträglich und das Klagen über missbrauchte persönliche Daten wäre noch größer.
Noch ein anderer Aspekt:
Witzig finde ich, dass der betroffene Herr Reincke jetzt als das arme Opfer dargestellt wird, das nur privat ein bisschen im Web rumspielt und dem man deshalb nicht zumuten kann, die gesetzlichen Bestimmungen zu kennen. Fakt ist aber auch (jedenfalls im Wortlaut des Heise-Artikels), dass Reincke ein "Webmarketing-Spezialist" ist. Von einem solchen erwarte ich zuallererst, dass er sich mit diesen Mechanismen auskennt und nicht leichtfertig als "Hobby" so einen Unfug anstellt.
Auch wenn das Gesetz grundsätzlich für alle geleichermaßen gilt: Von jemandem, der berufsmäßig mit den in Frage kommenden Themen zu tun hat, kann man durchaus ein größeres Wissen über seinen Gesetzesverstoß erwarten als von einer Privatperson, die ansonsten in einer ganz anderen Branche tätig ist.
Also bitte jetzt nicht den ach so bemitleidenswerten Privatmenschen bedauern, der von dem bösen Datenschutzbeauftragten belästigt wird!
Gruß, mawe2