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News: Urteil in Hamburg gefällt

Google verliert und gewinnt gegen Gema

Michael Nickles / 45 Antworten / Flachansicht Nickles

Seit geraumer Zeit tobt der Streit zwischen Youtube und der Gema. Beide Parteien schaffen es nicht, sich einig zu werden, wie Google die Gema bezahlen soll. So weit bekannt will Google mit einer Pauschale bezahlen und die Gema prozentual an Werbeeinnahmen beteiligen.

Die Gema fordert allerdings eine Beteiligung pro Abruf eines Titels und die ist Google wohl zu hoch. Seitdem wurden und werden auf Youtube Werke, die zum Gema-Repertoire gehören "gelöscht", beziehungsweise sind in Deutschland nicht abrufbar. Früher kam in solchen Fällen nur eine schlichte Meldung, dass dieses Video im Land nicht verfügbar ist, seit Mitte 2011 verweist Google detailliert auf die Gema als "das Böse".

Eine Klage der Gema gegen Youtube wurde jüngst beim Landgericht Hamburg eingereicht. Die Gema hatte für die Anklage exemplarisch zwölf Video-/Musiktitel genannt, deren Bereithaltung Youtube verboten werden sollte. Es ging beim Verfahren also generell darum gerichtlich festzustellen, ob und wie weit Google für die von Youtube-Nutzern eingestellten Videos verantwortlich ist.

Heute ist das mit Spannung erwartete Urteil gefallen. Die Hoffnung der Gema, dass Google als "Täter" verurteilt wird, wurde von den Richtern nicht erfüllt. Google wurde nur als "Mitstörer" verurteilt, geht aus der Mitteilung der Hamburger Justiz hervor.

Google ist veranlasst Titel die Urheberrechte verletzten zu entfernen, sobald Kenntnis darüber besteht. Weiter müssen "in zumutbarem Rahmen" auch Maßnahmen ergriffen werden, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern.

Den aktuell auf Youtube befindlichen Videobestand muss Google allerdings nicht auf Urheberrechtsverletzungen überprüfen. Im Fall von sieben der Musiktitel rügte das Gericht, dass Google diese erst rund eineinhalb Monate nach Beschwerde der Gema entfernt hat.

Gefordert wird aber unverzügliches Handeln. Als unzureichend wurde auch Googles "Content-ID-Programm" verurteilt, mit dem Google beim entfernen "illegaler Titel" auch Duplikate aufspüren kann.

Dieser Mechanismus sucht allerdings nur nach "identischen Tonaufnahmen" in Videos und berücksichtigt nicht Varianten davon. Deshalb wurde Google auferlegt, zusätzlich einen Wort-Filter zu installieren, der auch in Titeln von Videos nach Duplikaten sucht.

Michael Nickles meint: Das Urteil lässt weder den einen noch den anderen wirklich als Gewinner da stehen. Wichtig ist es natürlich, weil es generell für die Behandlung von Urheberrechtsverletzungen im Internet von Bedeutung ist.

Und da sieht es nun definitiv so aus, dass "Webseiten"-Betreiber nicht unmittelbar haftbar für Dinge sind, die andere bei ihnen veröffentlichen. Aber die "Mitstörhaftbarkeit" ist gewiss schon heikel genug.

Was passiert jetzt? Das "Horrorszenario für deutsche Internetnutzer ist gewiss, dass Google die Schnauze von der Gema voll hat und Youtube in Deutschland einfach beendet. Das wäre auch für die Gema allerdings kein Gewinn, da Titel auf Youtube in gewisser Weise bestimmt auch "verkaufsfördernd" sind.

Und Kohle einsacken wollen sie beide: Google mit Werbung und die Gema mit ihren Rechten. Es wird den beiden harten Gegnern also nicht viel mehr übrig bleiben, also sich wieder an den Verhandlungstisch zu hocken.

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UselessUser Olaf19 „Im Ganzen kann ich deiner Argumentation eher folgen als der...“
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Hallo Leute,

auch ich finde die Haltung von The Wasp oft argumentativ nachvollziehbarer als andere Positionen, auch wenn ich nicht gerade ein Freund der GEMA bin. Aber er hat eine konsequente Haltung, Hut ab!

Vielleicht kann ich auch etwas zur Aufhellung des Themas beitragen, in der Süddeutschen Zeitung gab es letzten Sonntag einen schönen Artikel darüber.

Dass einigen Künstlern verboten wird, dass sie mit ihren eigenen Songs machen können was sie wollen, also sie bspw. freiwillig bei Youtube einstellen, hat ganz einfach damit zu tun, dass sie mit der GEMA ebenso freiwillig einen Vertrag abgeschlossen habe, damit diese ihre Rechte verwertet. Die GEMA hält sich an diesen Vertrag, indem sie das untersagt, die Künstler in diesem Fall nicht. Das mag man als folgerichtig oder bizarr interpretieren, in der Sache ist dies nach meiner Kenntnis aber so.

Warum nun kann ich einige Videos auf Youtube in Deutschland nicht sehen, in den USA aber schon? Auch das lässt sich relativ einfach erklären:
In vielen anderen Ländern gibt es schon abgeschlossene Verträge zwischen Google und den nationalen Verwertungsgesellschaften, so auch in den USA. Einige "Verwerter", Künstler und natürlich die deutsche GEMA sind der Ansicht, dort habe Google aufgrund seiner Marktmacht und finanziellen Ressourcen die Verhandlungspartner mit schlechten Konditionen abgespeist. Diese Verwertungsgesellschaften bekommen einen prozentuellen Anteil der Werbeeinahmen von Google (ich weiß nicht, ob sich das nur auf bestimmte Plattformen wie Youtube bezieht).
Die deutsche GEMA dagegen verlangt nicht nur diesen prozentualen Anteil, sondern möchte "klickbezogen", also nach der Anzahl der Downloads eines Titels kassieren. Da kommt deutlich mehr zusammen und Google möchte natürlich nicht mehr bezahlen, ohne dazu gezwungen zu werden. Dies bedeutet, die deutsche GEMA und Google haben sich noch nicht geeinigt. Die GEMA pocht auf ihre Sicht der deutschen (!) Rechtslage bei der Rechteverwertung und konnte sie schon bei einigen Künstlern durchsetzen - deshalb sind diese ohne entsprechende Tricks auch nicht mehr bei Youtube abrufbar.
Der jetzige Prozess war sozusagen ein Exempel der GEMA, nach Jahren ihr (vermeintliches oder reeles) Recht auch tatsächlich durchzusetzen. Google hat übrigens auch von selbst schon einzelne Künstler für Downloader mit deutschen IP-Adressen herausgenommen, ohne dazu genötigt worden zu sein. Entweder haben sie schon Schadensersatzforderungen besonders "renitenter" Künstler befürchtet oder wollten die User ein bisschen gegen die GEMA aufwiegeln, nach dem Motto: schaut mal her, das passiert, wenn sich die GEMA durchsetzt.
Andererseits könnte Google ja auch einfach den Forderungen der GEMA entgegenkommen und etwas von seinem großen "Kuchen" abgeben, was dem Konzern natürlich nicht gefällt.
Die GEMA soll dafür bekannt sein, möglichst "gute" Konditionen für ihre Mitglieder herauszuholen - wie immer man dazu stehen mag -, jedenfalls hat sich in Deutschland sogar der Rechteinhaber SONY unter ihre Fittiche begeben.

Es ist natürlich sehr schwierig zu beurteilen, wieviel ein Foto, ein Video, ein Musiktitel wirklich wert ist, das bestimmt eher der Markt. Mir leuchtet es zumindest ein, dass die Mehrzahl der Künstler nicht davon leben könnten, wenn sie für ein Werk einmal einen festen Betrag bekommen, wie z. B. der Handwerker für einen Tisch. Zumal ein Tisch sich auch nicht so einfach kopieren lässt wie ein Musiktitel, er muss jedes Mal neu gefertigt werden und man benötigt dazu Baumaterial. Also versucht man für geistiges Eigentum andere Regeln zu finden als für anfassbare Ware.
Ich meine, dass GEMA und Google sich darüber sogar einig sind - es geht ihnen nur noch um die Art und die Höhe der Abgaben!

MfG, UU

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