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TCPA - Teil 2

pco / 46 Antworten / Flachansicht Nickles

Nachdem mein winziges Posting rund um TCPA einen Thread der Länge einer Wagner-LP angenommen hat, habe ich meiner Paranoia weiter freien Lauf gelassen.
Diese lässt sich auch wunderbar mit aktuellem Zeitgeschehen verknüppern wie man hier nachlesen darf.

Frohes Diskutieren!

pco

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Das ist ein Irrtum... Olaf19
Das ist ein Irrtum... lard
Olaf19 lard „Das ist ein Irrtum...“
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Obwohl die Gelegenheit denkbar ungünstig ist - Board: Computer-News, Thema: TCPA - kann ich ein paar Dinge nicht so stehen lassen. Sorry an alle für's Abschweifen - ich hätte auf Lards erstes Posting schon nicht so einsteigen dürfen.

> wenn auch die Sympathie der Winifred Wagner und anderer Wagner-Clan-Mitglieder zu Hitler unbestritten bleiben muss

Ich weiß nicht, wer außer Winifred Wagner noch alles mit den Nazis sympathisiert hat - es wäre aber unfair, dies dem (Ur-)(Groß-) Vater Richard Wagner anzulasten oder ihn gar dafür haftbar zu machen. Wie Du schon sagst: "Ob er Nationalsozialismus abgelehnt haette faellt in den Bereich der Fiktion...". Seinem politischen Engagement nach zu urteilen (Unterstützung sozialistischer Bestrebungen) würde man ihn normalerweise eher dem linken Lager zuordnen. Dafür spricht auch seine unübersehbare Kapitalismus-Kritik im "Ring des Nibelungen".

> Wagners Hang zu Herrenmenschentum... duerfte auch unbestreitbar sein!

Wirklich? In seinen Werken find ich darauf keinen Hinweis. Im "Ring" treten zwei Herrenmenschen der übelsten Sorte gegeneinander an: Göttervater Wotan und Nibelungen-Diktator Alberich. Letzterem fällt zwar die eigentliche "Bösewichtrolle" zu - doch Auch Wotan wird keinesfalls als Sympathieträger dargestellt. Seine Eitelkeit, Selbstüberschätzung und die Willkür, mit der er die eigenen göttlichen Gesetze bricht, lassen ihn schließlich scheitern - und am Schluß eine böse Quittung erhalten.

Falls Du auf Siegfried hinaus willst: Der hat nun wirklich nichts von einem Herrenmenschen. Vergiß die Klischees vom blonden und blau-äugigen Helden - das sagt nichts über seinen eigentlichen Charakter. Siegfried ist ein ungestümer junger Mann, dem es vor allem an Bildung und Lebenserfahrung fehlt. Derart schlecht vorbereitet, begibt er sich auf ein gesellschaftliches Parkett (die Begegnung mit der Gibichungen-Familie in der Götterdämmerung), dem er nicht gewachsen ist - er wird das Opfer übelster Intrigen und schließlich eines Mordkomplotts, das ihn am Ende das Leben kostet. Siegfried ist keinesfalls dumm - er weiß nur wenig vom Leben, was andere für sich auszunutzen wissen. Ich halte ihn für eine ziemlich tragische Figur.

Antisemitisch genug einen Holocaust zu dulden waehr er wohl gewesen(imo) auch Triumph des Willens als Film und diverse Aufmaersche haetten in ihm sicher keine Abschaeu erweckt!

Das ist wiederum Spekulation, gegen die ein toter Wagner sich nicht wehren kann. Auch wenn es für uns heute mit dem historischen Hintergrund der Schrecken des III. Reiches kaum vorstellbar ist: Eine antisemitische Einstellung war zu Wagners Zeit, im frühen bis mittleren 19. Jh. nichts Ungewöhnliches - eher so, als wenn heute jemand sagt, daß er die Engländer nicht mag. Wer das denkt, wünscht sich damit noch lange nicht die Ausrottung eines Volkes! Jedem von uns begegnen im Leben Menschen, die man nicht leiden kann, ohne daß man ihnen deswegen den Tod wünscht.

Übrigens hat Wagner gelegentlich mit jüdischen Musikern zusammen gearbeitet und zum Teil auch privaten Kontakt gehabt. Ich bin mir daher im Zweifel, wie ernst es ihm mit seiner Ablehnung gegenüber dem Jüdischen Volk gewesen ist. Das Welt- und Menschenbild, das mir in seinen Werken begegnet, steht imho in einigem Widerspruch dazu.

Glaub mir, ich habe mich lange und intensiv mit dem "Ring des Nibelungen" und anderen, zumeist späten Werken (Tristan / Parsifal / Meistersinger) Wagners beschäftigt; diese Auseinandersetzung erstreckt sich auf bald 20 Jahre. Wagners Musik und die in ihr transportierte Gedankenwelt hat mir sehr viel gegeben; das wenigste davon läßt sich einfach in Worte fassen. Das gängige Wagner-Bild, das uns immer wieder begegnet - deutschtümelnd, monumental und dabei latent faschistoid -, halte ich für völlig falsch: Vielmehr ist Wagner trotz seiner Popularität einer der meist verkannten Komponisten der Geschichte.-

CU
Olaf

Die Welt ist ein Jammertal ohne Musik. Doch zum Glueck gab es Bach, Beethoven, Haendel und Goethe (Helge Schneider)
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Wagner - ein Linker? lard
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