....was, wie Willy Brandt meinte, zusammengehört?
Nach dem posting zur Ostalgie-Welle (und nachdem man mich ignoranten Wessi ob meines Desinteresses an den guten Seiten der DDR fürchterlich niedergemacht hat) möchte ich hier einfach mal meinen Unmut über die Einstellung vieler (nicht aller!) Ostdeutscher zur BRD loswerden.
Als die Mauer fiel, war ganz Deutschland (mit Ausnahme einiger Stasi- und SED-Bonzen) voller Euphorie. Die Ernüchterung folgte bald. Den Wessis wurde allmählich klar, was sie das alles kosten würde, und die Ossis wurden von drittklassigen Wirtschaftsexperten und verlogenen Politikern aus dem Westen dermaßen über den Tisch gezogen, dass viele sich sehr bald fragten, ob es nicht vielleicht doch ein Fehler war, "Deutschland, einig Vaterland" gebrüllt zu haben.
Wenn ich mir das Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschen heute so ansehe, dann werde ich das Gefühl nicht los, dass es den meisten Leuten, die damals im Osten auf die Straße gegangen sind, gar nicht um demokratische Freiheiten ging, sondern um Marlboro, Mallorca und Mercedes.
Aus meiner (zugegeben beschränkten) westdeutschen Sicht stellt sich die Situation heute wie folgt dar:
Das deutsche Sozial-, Arbeitslosen- und Rentensystem ist kaputt - nicht zuletzt deshalb, weil knapp 16 Millionen Ostdeutsche davon profitieren, obwohl sie niemals einen Pfennig dafür eingezahlt haben. Freilich hindert das die Ostdeutschen nicht daran, laut über ihre neue Armut zu jammern. Dabei besteht diese neue Armut aber in Wirklichkeit nur darin, dass sie sich jetzt nicht alles das kaufen können, was es früher für sie überhaupt nicht gab (Marlboro, Mercedes und Mallorca zum Beispiel). Früher hatten sie Geld, für das sie nichts kaufen konnten, und heute könnten sie alles kaufen, wenn sie nur das nötige Kleingeld hätten. Ja, ja, ich weiss, eine Kettwurst war billiger als eine Currywurst, aber ob ich auf einen Trabbi zehn Jahre warten oder zehn Jahre auf einen Golf sparen muss - wo ist da der Unterschied ?
Die Löhne im Osten sind, selbst bei den Beamten, 10 % niedriger als im Westen. Ja und? Liebe Ossis, falls Ihr nicht gerade meint, in Berlin-Mitte wohnen zu müssen: hat Euch schon mal jemand gesagt, dass man z.B. in Köln-Nippes für eine 80-qm-Altbauwohnung locker 800.- Euro auf den Tisch legen muss ? (kalt, versteht sich!) Und wisst Ihr eigentlich nicht, dass jeder Westdeutsche ohne zu klagen seit 13 Jahren Monat für Monat seinen Solidaritätsbeitrag Ost abdrückt - mit dem Ergebnis, dass bei Euch inzwischen jede Dorfstraße frisch asphaltiert ist, während man in Duisburg von Schlagloch zu Schlagloch holpert und öfter neue Stoßdämpfer kaufen als tanken muss?
Kurz nach der Wende habe ich mich, angesteckt von der allgemeinen Euphorie, als Gastdozent für Staats- und Verfassungsrecht an die Fachhochschule der Polizei nach Brandenburg verdingt (übliches Honorar plus 3000.- DM steuerfreier "Buschzulage", wer kann da schon "nein" sagen!) Was mir in Potsdam besonders auffiel, waren die vielen ungeputzten, seit Jahrzehnten nicht mehr gestrichenen Fensterrahmen. Auf meine entsprechende Frage antwortete mein (Unter)vermieter: "Wieso'n icke? Det is doch nicht mein Haus!" Die Wessis verstehen, was ich damit sagen will, die Ostdeutschen wahrscheinlich nicht. (kleiner Hinweis: Fenster kann man auch putzen oder streichen, wenn sie einem nicht gehören.)
In den Lehrveranstaltungen sah ich sie dann, die ehemaligen VoPo's zwischen 20 und 40. Sie saugten meine Ausführungen zu Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) und Art. 9 (Versammlungrecht) so absolut kritiklos auf, dass ich ziemlich sicher bin: wenn ich denen erzählt hätte, wie man politisch Andersdenkende unauffällig beseitigt, das hätten die genau so eifrig mitgeschrieben. Und in einer Pause offenbarte mir ein besonders fleißiger "Neudemokrat", dass er ja eigentlich Pech gehabt hätte, weil die Wende kurz vor seiner Beförderung zum Major stattfand und er deshalb "trotz seiner nachgewiesenen Qualifikation" als "Schütze Arsch" wieder anfangen musste. Irgendwie lag es mir auf der Zunge, ihn zu fragen: "Wieviel Flüchtlinge musste man denn so im Durchschnitt umlegen, um Major zu werden?", aber ich habe mir das verkniffen und bin wenig später reumütig in den Westen heimgekehrt. Jeder lethargische, bekiffte West-Student ist mir lieber als diese "im Grunde waren wir ja immer schon dagegen"- verlogenen Osssi-Polizisten!
Und noch eine Sache hat mich mächtig gestört. An fast allen Baudenkmälern in Brandenburg waren riesige Schilder zu sehen: "Hier baut das Land Brandenburg", und gaaaanz klein darunter: "mit 80 % Bundesmitteln". Auf den Baustellen werkelten Arbeiter aus aller Herren Länder munter vor sich hin. Ostdeutsche waren eher selten - entweder konnten sie nicht, oder sie wollten sich nicht die Hände schmutzig machen.
Der langen Rede kurzer Sinn: die Mauer steht noch. Früher hinderte sie die Ostdeutschen, nach Westen zu gehen. Heute hindert sie die Westdeutschen, nach Osten zu gehen (weil sie dort unerwünscht sind und weil sie sich über die ständige Nörgelei der Ossis sowieso nur ärgern würden). Bevor ich auf Rügen (oder sonstwo jenseits der Elbe) auch nur einen Euro ausgebe, schenke ich ihn lieber irgendeinem rosenverkaufenden Asylbewerber. Der ist wenigstens dankbar.
Und noch eines: ich liebe dieses Land, in dem es mir zeitlebens besser ergangen ist, als das in der Heimat meiner Väter jemals möglich gewesen wäre. Wem es hier nicht gefällt, soll gehen (vielleicht nach Kongo, Afghanistan oder Nigeria? Wenn Ihr mit der AK 47 umgehen könnt (und das können alle Ossis über 30!), habt Ihr dort ungeahnte Möglichkeiten.
So, und nun prügelt auf mich ein. (Wenn's geht, ohne: halt die Fresse, Du dumme Sau usw.; darauf weiss ich keine Antwort, ich bin ja nur "eingedeutscht" und mit den landesüblichen Fäkalinjurien nicht sonderlich vertraut.)
P.S.: Nächste Woche ist die vorlesungsfreie Zeit leider vorbei, dann habt Ihr wieder Ruhe vor mir (wenigstens zeitweise)