Im Grunde genommen sind meine Positionen gar nicht sooo weit entfernt vom Großadministrator, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Mich stört nur die Einseitigkeit und Starrheit seiner Betrachtungsweisen. Was erlaubt und was verboten ist, kann jeder selbst recherchieren; das Thema ist aber wesentlich komplexer.
> Ein allgemein vorherrschender ethischer Grundkonsens ist zunächst einmal, nicht zu stehlen.
> Wer klaut verhält sich nicht nur juristisch falsch, sondern auch moralisch.
Bis hierher vollste Zustimmung!
Zum ethischen Grundkonsens gehört aber nicht, dass die Definition von Diebstahl beliebig weit ausgedehnt wird, weil es einigen mächtigen Unternehmen so gefällt. Konkret:
Was mich stört ist, dass Begriffe wie "Diebstahl", "Klauen", "Raubkopie" viel zu weit gefasst werden. Wenn jemand im Laden eine CD klaut, ist das Diebstahl. Klarer Fall. Wenn jemand den Inhalt dieser CD aus dem Netz zieht - ist das wirklich das selbe und juristich wie moralisch gleich zu bewerten? Im 1. Fall entsteht dem Händler ein konkreter Verlust, er muss die CD abschreiben. Im 2. Fall ist es zweifelhaft, ob überhaupt ein wirtschaftlicher Schaden entsteht - siehe meinen Beitrag von eben. Etwas andres wäre es, wenn ein Künstler exklusiv für jemand auftritt und dann keine Gage bekommt.
Von Raubkopien kann man sprechen, wenn jemand kopierte CDs am Markt anbietet und sich damit zu Lasten anderer bereichert. Diese Art von Schmarotzertum kann man nur verachten. Das gleich zu setzen mit dem Download für private Zwecke, wäre eine völlig undifferenzierte Betrachtungsweise.
Der Begriff "Diebstahl geistigen Eigentums" ist sachlich unzutreffend. Niemand nimmt dem Künstler seine Musiktitel weg, jedenfalls nicht der KaZaa-Sauger, der sie herunterlädt. Dann schon eher der Konkurrent, der sie einfach abkupfert und als seine eigenen Werke vermarktet - womöglich noch mit dem Segen seiner Plattenfirma, siehe Ausgangspost.
Ich beschäftige mich sehr viel mit Musik, spiele selber Keyboard und habe allerlei Audio-Software - gekaufte natürlich...! Und ich kenne auch Leute, die versuchen, mit Musik Geld zu verdienen. Leute, die trotz mehrerer recht erfolgreicher Touren durch Deutschland und das benachbarte Ausland noch keinen Plattenvertag haben. Ehrlich gesagt: Ich frage mich, ob sie da überhaupt etwas versäumt haben... damit sind wir beim Punkt: MI und die Künstler.
> Musiker sollte man bei einer solchen Diskussion nicht unerwähnt lassen,... denn [sie] sind die eigentlichen Opfer.
Das liegt durchaus nahe, und darauf läuft die "Copy kills Music"-Kampagne hinaus. Aber ganz so einfach ist es nicht.
> Denn macht die MI Verluste, legt sie diese wenn möglich immer zuerst auf ihre künstler um, sei es direkt oder indirekt.
Das tut sie sowieso! Egal ob fette oder magere Zeiten herrschen, die MI besch... die Künstler von vorn bis hinten. Ich zitiere mal Courtney Love: "Für das Geld, was wir von den Plattenfirmen sehen, würden andere nicht mal im Supermarkt an der Kasse stehen". Das ist aber keine Folgeerscheinung der Flaute am Tonträgermarkt - das war schon immer so. Leider.
Nehmen wir mal an, ein Künstler hat in seinem Vertrag stehen, ihm stünden 10% der Erlöse aus Tonträgerverkäufen zu. Klingt zwar nicht üppig, aber immerhin. Dann steht ein paar Absätze weiter eine Klausel: Falls der Tonträger im Fernsehen beworben wird, wird diese Tantieme um 2% reduziert. Das wird dem Künstler schmackhaft gemacht mit dem Argument: Dann verkaufst du doppelt so viele Tonträger und verdienst mit 8% Tantieme viel mehr Geld als ohne Werbung mit 10%.
Ja - und dann wird auf einem billigen Popelsender, den kein Mensch anschaut einmalig um vier Uhr morgens ein Fernsehspot gesendet, und schon ist der Künstler 2% seiner Tantiemen los - für nothing. Nur ein fiktives Beispiel, aber so ähnlich geht es wirklich ab. Vor allem gibt es zumeist nicht nur diese eine, sondern gleich mehrere derartiger Klauseln, so dass das Einkommen des Künstlers auf Tonträgerverkäufen praktisch gegen 0 geht.
Robbie Williams hat einmal gesagt, ihm sei es "scheißegal", ob sich die Leute seine Musik kostenlos herunter laden. Ähnliche Äußerungen gibt es von R.E.M. Nun - sind alles Leute, die reich geworden sind mit ihrer Musik und bestimmt nicht so miserable Verträge haben wie oben geschildert. Aber wie sieht es mit den "Kleinen" in der Branche aus?
Ohne dass ich jetzt zynisch werden will, aber - ob ein Künstler von seiner Plattenfirma einen "halben" oder einen "viertel" Hungerlohn bekommt ist irgendwann auch egal. Er muss sich sowieso nach einer anderen Einkommensquelle umsehen. Wenn die Titel selbst komponiert und / oder getextet sind: GEMA-Einnahmen. Ansonsten Live-Konzerte, evtl. mit begleitenden Merchandising-Verkäufen (CDs, Fanartikel), ggfs. Sponsorengelder.
Diese Misere ist aber keineswegs eine Entwicklung der letzten vier, fünf Jahre. Die Umsatzeinbrüche sind allenfalls eine willkommene Ausrede der Firmen, um den Künstlern weitere Daumenschrauben anzulegen. Gespart werden könnte sicher auch woanders. Aber welcher Konzernverantwortliche wird schon sich selbst und seinesgleichen die Gehälter kürzen! Es ist wie in der großen Politik, es trifft immer die Schwächsten, und das sind hier leider die Künstler.
CU
Olaf