Je nun, wer eine Frage stellt, outet sich als jemand, der (an dieser speziellen Stelle) ein Wissensdefizit hat. Gleichzeitig liefert er sich dem Befragten gewissermaßen aus, weil es von dessen Großzügigkeit abhängt, ob dieses Wissensdefizit ausgeglichen wird oder nicht.
Der Gefragte kann sich nun geschmeichelt fühlen und - um seine Überlegenheit zu unterstreichen - mehr oder weniger süffisant (sachlicher vs. belehrender Tonfall) die Antwort geben.
Oder aber er verspricht sich aus seinem Wissensvorsprung einen Vorteil und gibt die Antwort nicht.
Andererseits sind diejenigen, die Inf_ormationen zurückhalten, um sich selber in die (vermeintlich) bessere Position zu bringen (dies ist gern in Unternehmen zu beobeachten, aber auch unter Studenten und Schülern) meist Personen mit schwach ausgeprägtem Selbstbewusstsein bzw. -vertrauen. Und für die ist es eben ein fast natürlicher Reflex, den "Feind" (bzw. Konkurrenten) nicht durch direkte Konfrontation (dazu wäre Selbstvertrauen notwendig), sondern auf subtilere (man könnte auch sagen: hinterfotzige) Weise aus dem Feld zu schlagen.
Man denke an einen Studenten, der durch Zufall an die Lösung der bevorstehenden Examensklausur gekommen ist. Wird er seinen Wissensvorsprung nutzen, um dadurch seine Examensnote gegenüber den Kommilitonen zu verbessern, oder wird er Andere an seinem Wissen teilhaben lassen?
Das Grundproblem ist: Wissen ist (oft) Macht. Und wer teilt schon gerne so etwas wie Macht?