Meine Frau hört sich Sonntags immer die Predigten auf Bayern 1 an.
Am 2. März predigte da eine Frau Prof. Johanna Haberer der "evangelischen" Fraktion über den Begriff "Neid".
Das, was sie sagte, war auch für einen Atheisten wie ich es bin sehr interessant.
Ich habe mir diese Predigt besorgt und möchte Euch mal die Passage, die mich am meisten bewegte, vorstellen.
man sollte wirklich mal darüber nachdenken. Und darüber, wie die Tendenz für die Zukunft aussieht.
Denn noch ist "Gier" nicht als Krankheit eingestuft.
Jürgen
Die unselige Rede von der Neidgesellschaft
In den letzten Jahren - eigentlich seit wir zwischen Hartz IV und den Diätenerhöhungen von Politikern hin- und herdiskutieren hat ein weiteres Wort Hochkonjunktur.
Das Unwort der letzen Jahre ist - wie ich finde das Wort »Neidgesellschaft« oder »Sozialneid«. Als bloß neidisch verunglimpft werden diejenigen, die die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit neu stellen. Das ist die ernste Frage, die die Menschen in unserem Land durch alle Schichten bewegt, wie es sich auch in neuesten Wahrergebnissen spiegelt.
Kann man wirklich von einer Neidgesellschaft oder von Sozialneid sprechen, wenn in der Debatte um die Lokführerstreiks zutage tritt, dass ein Mann, der als Lokführer mit dem Risiko von hunderten von möglichen realen Toten im Nacken - beispielsweise im ICE - hinter sich, alltäglich seinen Dienst versieht, den hundertsten Teil von dem Lohn erhält, den sein Boss überwiesen bekommt, der für den Erhalt der Arbeitsplätze ebenso zuständig ist wie für die Zufriedenheit der Aktionäre. Oder versucht das Wort »Sozialneid« oder »Neidgesellschaft« eine Debatte zu unterdrücken und zu denunzieren, die in diesem Land gefuhrt werden muss:
Was heißt in unserem Land noch gerechter Lohn, was heißt Gerechtigkeit in der Verteilung des Erwirtschafteten?
Warum verdient ein Fußballer Millionen, warum wird ein Manager, der den Betrieb, dem er vorsteht, verhökert, auch noch belohnt, warum wird einer bis zum Platzen bezahlt, nur weil er ein paar Lieder in ein Mikrophon singt oder seine Beine im Handball trainiert und die Altenpflegerin, die ihren Dienst zwischen Todesangst, Altersschweiß, Urin und Kot tut, bekommt einen Hungerlohn, ebenso wie die Krankenschwester auf der Kinderkrebsstation, der Eltern das ganze Gewicht ihres Lebens aufs Herz legen? Warum bleiben einem Geburtshelfer, der auf Millionen verklagt werden kann, wenn etwas schief geht und der fünf Stunden neben einer gebärenden Kassenpatientin sitzt und acht gibt, dass ihrem Baby nichts passiert, am Ende 70 Euro, während der Arzt der schnell einen Kaiserschnitt macht, finanziell seinen Schnitt macht. Mit dem Wort Neid kann man wohlfeil Politik betreiben und die berechtigte Frage nach gerechter Verteilung, nach Lohn und Leistung denunzieren.
Es ist nur im Interesse einer unkontrollierten Wettbewerbsgesellschaft ein theologisches Muster, wie das der Todsünde Neid zu benutzen, um die bohrende Frage nach einer solidarischen und gerechten Gesellschaft aus der Welt zu schaffen.
Die Frage nach Solidarität, gerechter Verteilung von Zuwendung, Verdienst und Last darf nicht durch trügerische Verwendung des Wortes Neid von der Tagesordnung gewischt werden.
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"Ich geh` Sonntags in die Kirche - Montags schlag ich meine Frau"
MFG: ein böhser Onkel