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Neidgesellschaft

jueki / 24 Antworten / Flachansicht Nickles

Meine Frau hört sich Sonntags immer die Predigten auf Bayern 1 an.
Am 2. März predigte da eine Frau Prof. Johanna Haberer der "evangelischen" Fraktion über den Begriff "Neid".
Das, was sie sagte, war auch für einen Atheisten wie ich es bin sehr interessant.
Ich habe mir diese Predigt besorgt und möchte Euch mal die Passage, die mich am meisten bewegte, vorstellen.
man sollte wirklich mal darüber nachdenken. Und darüber, wie die Tendenz für die Zukunft aussieht.
Denn noch ist "Gier" nicht als Krankheit eingestuft.

Jürgen

Die unselige Rede von der Neidgesellschaft

In den letzten Jahren - eigentlich seit wir zwischen Hartz IV und den Diätenerhöhungen von Politikern hin- und herdiskutieren hat ein weiteres Wort Hochkonjunktur.
Das Unwort der letzen Jahre ist - wie ich finde das Wort »Neidgesellschaft« oder »Sozialneid«. Als bloß neidisch verunglimpft werden diejenigen, die die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit neu stellen. Das ist die ernste Frage, die die Menschen in unserem Land durch alle Schichten bewegt, wie es sich auch in neuesten Wahrergebnissen spiegelt.
Kann man wirklich von einer Neidgesellschaft oder von Sozialneid sprechen, wenn in der Debatte um die Lokführerstreiks zutage tritt, dass ein Mann, der als Lokführer mit dem Risiko von hunderten von möglichen realen Toten im Nacken - beispielsweise im ICE - hinter sich, alltäglich seinen Dienst versieht, den hundertsten Teil von dem Lohn erhält, den sein Boss überwiesen bekommt, der für den Erhalt der Arbeitsplätze ebenso zuständig ist wie für die Zufriedenheit der Aktionäre. Oder versucht das Wort »Sozialneid« oder »Neidgesellschaft« eine Debatte zu unterdrücken und zu denunzieren, die in diesem Land gefuhrt werden muss:
Was heißt in unserem Land noch gerechter Lohn, was heißt Gerechtigkeit in der Verteilung des Erwirtschafteten?
Warum verdient ein Fußballer Millionen, warum wird ein Manager, der den Betrieb, dem er vorsteht, verhökert, auch noch belohnt, warum wird einer bis zum Platzen bezahlt, nur weil er ein paar Lieder in ein Mikrophon singt oder seine Beine im Handball trainiert und die Altenpflegerin, die ihren Dienst zwischen Todesangst, Altersschweiß, Urin und Kot tut, bekommt einen Hungerlohn, ebenso wie die Krankenschwester auf der Kinderkrebsstation, der Eltern das ganze Gewicht ihres Lebens aufs Herz legen? Warum bleiben einem Geburtshelfer, der auf Millionen verklagt werden kann, wenn etwas schief geht und der fünf Stunden neben einer gebärenden Kassenpatientin sitzt und acht gibt, dass ihrem Baby nichts passiert, am Ende 70 Euro, während der Arzt der schnell einen Kaiserschnitt macht, finanziell seinen Schnitt macht. Mit dem Wort Neid kann man wohlfeil Politik betreiben und die berechtigte Frage nach gerechter Verteilung, nach Lohn und Leistung denunzieren.
Es ist nur im Interesse einer unkontrollierten Wettbewerbsgesellschaft ein theologisches Muster, wie das der Todsünde Neid zu benutzen, um die bohrende Frage nach einer solidarischen und gerechten Gesellschaft aus der Welt zu schaffen.
Die Frage nach Solidarität, gerechter Verteilung von Zuwendung, Verdienst und Last darf nicht durch trügerische Verwendung des Wortes Neid von der Tagesordnung gewischt werden.

- Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen "NEIN!" Kurt Tucholsky
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Fetzen Luke5 „Tja, solange es dumme Menschen gibt wird es Politker geben die dummen Menschen...“
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Wess' Brot ich ess'... ist sicher der übliche Lösungsansatz, die momentane Frage ist aber eher, wie gering darf die Bezahlung für den Sänger noch ausfallen, damit er die passende Töne tiriliert.
Dass man nach dem Zynismus in seiner reinsten Form, nämlich den Ärmsten die Leistungen zu kürzen, damit sich für die Unterbezahlten die Arbeit wieder lohnt, nicht den Scheiterhaufen für Politiker eingeführt hat, zeugt doch nur davon, wie weit unsere Verdummung schon fortgeschritten ist und wie bodenlos wir bereit sind alles zu akzeptieren, solange Galileo noch die längste Wurst und das grösste Schnitzel präsentieren kann.
Dass die Unterbezahlten keinen Cent mehr bekommen und nicht im mindesten besser dastehen, nur weil andere jetzt noch weniger haben ist den meisten wohl entgangen. Dass sie sich im Gegenteil noch ein gutes Stückchen ihrer kleinen Portion zusätzlich haben nehmen lassen, wird ihnen garantiert erst beim Gang zur Arge bewusst werden.(interessant auch der Humor unserer Wächter: http://de.wiktionary.org/wiki/arg )

Außerdem sind solche Gedanken hier auf Nickles schon vor langer Zeit geäußert worden, es ist eher verwunderlich, dass jemand aus einem so volksnahen Betrieb, wie der Kirche, erst jetzt dahinter kommt, oder sind sie schon zu tief in DIE PARTEI (ist ja nur noch eine, mit versch. Untergruppen, oder liege ich falsch?) integriert und fallen solche Äußerungen somit unter Häresie?

Das wahre Leben ist nicht der Kampf zwischen Gut und Böse, sondern zwischen Böse und noch Schlimmeren!(Joseph Brodsky)
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Rechenschwäche! charlie62
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