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Wer weis, was ein Haus 1957 gekostet hat

RogerWorkman / 26 Antworten / Flachansicht Nickles

Wir sind wohl nich alle alt genug, um es bewusst erlebt zu haben. Heute habe ich Unterlagen zu einem Hausbau au dem Jahr 1957 erhalten. In dem Bauvertrag steht, das Haus wird zu einem Baupreis von 22000,-DM erstellt. Ein typisches Siedlungshaus mit 2 Wohnungen zu ca. 80qm, hinzu ausbaufähigen Spitzboden,, sogar großer Unterkellerung mit Waschküche, Heizungsraum und bereits damals schon Holzofenzentralheizung. Sogar 2 Bäder sind drin.

Ich kann es einfach nicht glauben, die Wertsteigerung zu heute ohne Renovierung ist 2000%. Ich glaube,ich kann nicht Prozentrechnen, das Haus ohne Gründstück im Originalzustand wird von einem Gutachter mit 220000,-€ beziffert. Ja gibt es das? Kann doch nicht sein, oder?

Wer kennt sich von Euch mit Immobilien aus und könnte von ähnlichen Fällen berichten? Ich glaub es einfach nich.

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xafford RogerWorkman „Mit solchen Antworten hätte ich nicht gerechnet. Der ...“
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Sind dann diejenigen, die Ihr Haus für einen Spottpreis (wie oben) anbieten müssen, außerhalb jeglicher Urbanität?

Die Frage kann ich Dir teilweise ganz aktuell beantworten, da zum einen aus familiärem Hintergrund die Bewertung von Häusern recht aktuell war/ist und wir zum anderen derzeit selbst nach einem Haus suchen.

Heutzutage ist die Lage ein entscheidender Faktor neben dem Stand der Renovierung. Ich habe gerade heute eine Immobilie angeboten bekommen, dabei handelt es sich um eine ehemalige Industriellenvilla mit 10 Zimmern, über 220 qm Wohnfläche, Stuck, Echtholz-Dielen und liegt an einem Fluss. Würde man so etwas heute bauen, dann wäre der Baupreis in Regionen um die 2 Millionen. Kaufpreis liegt bei 220.000 Euro (zufällig der gleiche Preis wie dem Haus oben).

Oder anderes Beispiel: Villa in Simmertal - eine Immobilie, die uns auch (nicht ganz ernsthaft) auch interessiert hatte. Das liegt ebenso weit unter einem Neubauwert (ich schätze mindestens Faktor 10) und Inflationsbereinigt sehr weit unter dem damaligen Bauwert.

Die beiden genannten Immobilien liegen jetzt in einer Region mit kaum noch vorhandener Infrastruktur, relativ hoher Arbeitslosigkeit und ohne nennenswerte Arbeitsplätze - ergo: Kein Markt für Immobilienkäufer. Versetze so ein Haus in die Gegend München, Stuttgart oder Frankfurt und der Wert beträgt mindestens das zehnfache.

Dazu kommt, dass die heutigen Anforderungen an Wohnkomfort und die Energiekosten aufwändige Sanierungsmaßnahmen selbst bei Häusern aus den späten 80ern oder frühen 90ern notwendig machen. Da ist dann häufig eine Dämmung fällig (Dach, Fassade), eine neue Heizung, je nach Fall eine neue Verrohrung (Wasser, Abwasser) und vielleicht auch Elektrik. Dazu kommt dann eine aktuelle Heizung, vielleicht Putz, Tapeten, Bodenbeläge, Sanierung der Bäder und schnell ist man bei Kosten um die 100.000 Euro je nach Größe der Immobilie wenn man alles von Fachfirmen machen lassen muss.

Noch ein ganz aktuelles Beispiel von Freunden von uns... sie haben ca. 1990 ein Haus für damals 180.000 DM gekauft (Baujahr auch um die 1960) und mussten es aufwändig renovieren (Heizung, Strom, Wasser und Abwasser, Dach, Innenausbau...). Mittlerweile hat das Haus einen Marktwert um die 100.000 Euro (eher weniger). In 20 Jahren wird es wahrscheinlich überhaupt nichts mehr wert sein (Saarland, Dorf nähe St. Wendel).

Bevor ich mich jetzt verzettle ziehe ich lieber mal ein Fazit: Was eine Immobilie in ein paar Jahrzehnten wert sein kann ist wie auf die Wertentwicklung einer Aktie zu setzen - Spekulation. Man weiß nie, wie sich Regionen entwickeln (schau mal Bayern vor 50 Jahren und dagegen den Ruhrpott vor 50 Jahren), oder wie sich gesetzliche Vorgaben oder der Wohlstand entwickeln. Zudem würde ich auch nicht zu sehr Vertrauen in ein Wertgutachten stecken, denn ein Haus ist nur so viel Wert, wie jemand dafür bezahlen will. Wir haben uns z.B. ein Haus angesehen, für welches ein aktuelles Wertgutachten über 230.000 Euro vorlag, letztendlich wurde es aber für 180.000 Euro verkauft (immer noch zu teuer, wie ich meine).

Wenn ich also eine Immobilie als Altersvorsorge anschaffen wollte (was ich plane), dann nur mit dem Hintergrund dort im Alter zu wohnen und keine Miete mehr zu zahlen, dann muss man aber auch auf eine gewisse Sicherheit bei der Infrastruktur achten - mit 80 will man nicht mehr 30 km zum Arzt oder Supermarkt fahren, wenn man es überhaupt noch kann.

Noch ein weiterer Nachtrag: Ob Land oder Stadt sich besser entwickeln wird ist ebenso spekulativ, Land- und Stadtflucht haben sich in den letzten Jahrzehnten in bestimmten Grenzen regelmäßig abgelöst je nach Verkehrsanbindung, Spritkosten und Arbeitsplatzentwicklung.

Pauschalurteile sind immer falsch!!!
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