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Argon-Füllung bei Isoliergläsern

gerhard38 / 32 Antworten / Flachansicht Nickles

Ich hoffe, ich bin hier im off-topic-Bereich? Im Foren-Menü sonst nichts gefunden ...

Also, ich werde nicht schlau, warum moderne Isoliergläser mit Argon gefüllt werden. Angeblich wegen der geringeren Wärmeleitfähigkeit. Nach Wikipedia liegen die Wärmeleitfähigkeiten von Gasen aber eher eng beisammen http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmeleitf%C3%A4higkeit
ca. 20% Unterschied zu Stickstoff - und der wäre erheblich billiger. 20% ist zwar schon ganz schön, aber der gesamte Wärmetransport durch ein Fenster ist ja nur zum Teil die Leitung, zum größten Teil vermutlich die Strahlung.

Dann wird in diversen Foren gepostet, weil Argon auch den Schall schlechter leitet. Noch besser wäre Krypton, aber das wäre noch teuerer. Allerdings finde ich keine mir verständliche Erklärung, warum das so sein sollte. Wäre nämlich überhaupt kein Gas zwischen den Scheiben, gäbe es weder Wärme- noch Schallleitung (typische Thermosflasche nach dem Dewar-Prinzip). Warum also sollte beispielsweise Argon die Wärme besser weiterleiten als das schwerere Krypton? Am Einatomig-Sein kann es auch nicht liegen, da früher auch SF6 (Schwefelhexafluorid) zur Schalldämmung zwischen den Fensterscheiben verwendet wurde, was aber wegen der Umweltbelastung anscheinend nicht mehr stattfindet. http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrscheiben-Isolierglas
Was bei dem gerade zitierten Artikel noch auffällt: Da gibt es im Fenster ein Trocknungsmittel, um eingedrungene Feuchtigkeit zu binden: Wie kann da Feuchtigkeit hineinkommen? Wenn da Feuchtigkeit hinein kann, kann das Argon auch hinaus ... warum sollte es schön brav drinnen bleiben? Wenn das Zeug aber wirklich dicht ist, könnte man doch von Anfang an trockenes Argon einfüllen, sodass man sich das Trocknungsmittel spart, das ja auch noch ausgetauscht werden müsste, wenn es im Laufe der Zeit voll Feuchtigkeit ist. Alles irgendwie rätselhaft.

Gruß, Gerhard

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gerhard38 olliver1977 „Das Trocknungsmittel wurde afaik nur bei Verglasung die mit Luft befüllt wurde...“
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Wie ich bereits erwähnte stelle deine Fragen am besten mal an einen hersteller entsprechender Fenster, die sollten deine Fragen definitiv beantworten können.

Hier meine Begründung, warum ich mir davon nicht viel verspreche: Meiner Meinung nach ist das eine Frage der Thermodynamik. In einem Produktionsbetrieb sind keine Wissenschafter, sondern Ingenieure. Die gehen an so ein Problem anders heran. Wenn es um möglichst wärmeisolierende Fenster geht, überlegen sie sich unter anderem, wie man den Wärmeübergang bei den Scheiben vermindern kann. Einglaslösungen scheiden wegen der (relativ) hohen Wärmeleitfähigkeit von Glas aus - also mindestens Zweischeibenlösungen. Ein Vakuum dazwischen wie bei einem Dewar geht nicht, da würde der äußere Luftdruck die Scheiben zusammenpressen und brechen. Daher sucht man ein Füllmittel
* das optisch durchlässig ist (Styropor scheidet beispielsweise aus)
* dem Luftdruck Stand halten kann, ohne dass die Glasscheiben einen erheblichen Anteil des Luftdrucks abfangen müssen (Flüssigkeiten wären ziemlich inkompressibel und von daher gut geeignet)
* leicht ist (Flüssigkeiten, Gele scheiden aus)
* umweltneutral ist (SF6 scheidet aus, auch diverse andere Stoffe und Gase, die bei Glasbruch freigesetzt würden)
* stabil, dauerhaft ist (Stickstoffe, Edelgase, etc.)
* einen möglichst kleinen Wärmeleitwert hat
* kostengünstig ist

Dann greift er sich ein Tabellenwerk mit Wärmeleitzahlen und findet Argon, Krypton und Xenon. Der Ingenieur als Ingenieur stellt nicht die Frage, warum das so ist, er ist anwendungs- und handlungsorientiert, nicht grundlagenorientiert wie ein Wissenschafter. Für ihn ist das halt so, gottgegeben, gemessen, die Physiker werden schon irgend eine Erklärung haben, und damit wirtschaftet er jetzt.

Ich will nicht unterstellen, dass Ingenieure nicht auch ein Interesse an Zusammenhängen haben, aber von Berufswegen interessieren ihn diese Dinge nur wenig.

Ich hatte gehofft, dass hier bei Nickles vielleicht auch ein Thermodynamiker vorbeischaut. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Argument so lauten könnte: Wegen des Gleichverteilungssatzes der Energie und E=mv²/2, gilt E = m1v1²/2 = m2v2² /2.
Durch Umformung erhält man, dass v1²/v2² = m2/m1 ist, wobei m für die Masse des Teilchens und v für seine mittlere Translationsgeschwindigkeit steht. Nun ist laut Wikipedia die Masse m1 von Argon rund 40, die von Krypton rund 84. Setzt man das in die Formel ein, ergibt sich ein v1/v2 als Quadratwurzel aus rund 2 (84/40), also =1,4. Bei der gleichen Temperatur bewegen sich daher Argonteilchen im MIttel um rund 40% schneller als Xenonteilchen. Entsprechend schneller können sie freie Wegstrecken bis zum nächsten Zusammenstoß mit einem anderen Teilchen oder der Glaswand zurücklegen und dabei ihren Impuls übergeben. Dadurch kommt der Energietransport in Gasen durch "Leitung" zustande. Nun kann man aber den schon oben geposteten Werten entnehmen, dass die Wärmeleitfähigkeit von Argon ca. doppelt so groß ist wie jene von Krypton. Das heißt aber auch, dass die gerade angestellte Überlegung noch irgend einen schwerwiegenden Mangel haben muss, da wir rund 60% des Effekts mit diesem Modell nicht erklären können.

Auch in bezug auf die von der Firma behauptete Reflexionsfähigkeit von Argon würde ich gerne einen Physiker hören. Da Argon zu fast 1% in der Atmosphäre vorkommt heißt das, dass eine 1 m dicke Luftschicht genauso viel an Wirkung hätte wie 1 cm reines Argon. Dass die einige 10 km dicke Erdatmosphäre Strahlung reflektiert weiß man spätestens seit den Treibhauseffekten. Aber bei einer 1-2 cm dicken Gasschicht zwischen den Glasscheiben kann ich mir kaum vorstellen, dass da _nennenswerte_ Reflexionseffekte zustande kommen, denn andernfalls müsste es im Freien an einem sonnigen Tag, wenn man 1-2 m von der Sonne weggeht, schon deutlich weniger warm strahlen ... denn da hätte man zwischen sich und der Sonne ebensoviel Argon zugelegt wie bei den Fensterfüllungen. Ich glaube nicht, dass das jemand bestätigen kann, aber vielleicht unterliege ich auch einem Denkfehler.

Jedenfalls danke schon mal für die Beiträge

Gruß, Gerhard
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