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Bürgergeld? oder Hartz 4?

Chaos3 / 118 Antworten / Flachansicht Nickles

Die FDP hat da eine Idee. Bloß ich kann mich erinnern, damals 795€ mit Harz 4 bekommen zu haben. Für das Essen reichte das allerdings nicht wirklich. Es sei man hungerte ordentlich zwischendurch. Wie sollen also 662,- besser sein? Fallen dann die Harz 4 üblichen Schickanen und 1€ Jobs weg, oder kriegt ein Erwerbsloser weniger Geld, dafür aber immer noch genausoviele (oder gar mehr?) Schickanen? Was habt Ihr diesbezüglich so gehört?

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...ich auch! sandra0172
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Chaos3 Benni11 „Hallo Forumsteilnehmer, der bisherige Verlauf des Threads zeigt, dass eine...“
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Hallo Benni,

ich hatte mich ebenfalls selbständig gemacht. Doch ich kann dir sagen, daß es ein harter Kampf gegegen die ARGE war, bevor sie mich "losgelassen haben", wurde ich von Kopf bis Fuß durchleuchtet, meine Kontos gesichtet ( und das sogar 6 Monate vor der Aufnahme der Selbständigkeit ) und zum Schluss - als "Geschenck" wurde mir noch ein 30 std/wo 1€ Job aufgezwungen ( wahrscheinlich damit ich bloß nicht auf die dumme Idee komme in meiner Branche 15€/Std. und mehr zu verdienen ) und nach Ablehnung wurden aus fahdenscheinigen Gründen alle Zahlungen an mich eingefroren. Einschließlich Miete, Energiekosten und Essen. Gut, daß ich zu diesem Zeitpunkt auf meine Selbständigkeit soweit fixiert war, daß ich mich durchsetzte - nach 3 monatigen Hungern. Der Staat scheint es vergessen zu haben, daß es sowas wie Menschenwürde gibt.

Schön wenn man es ohne Probleme schafft, allerdings darfst du nicht vergessen, daß nicht jeder in der gleichen Lage ist, nicht jeder gleichwertige Bildung besitzt und nicht jeder dazu befähigt ist ein eigenes Geschäft auf die Beine zu stellen. In meinem Fall hatte ich eine sehr gute Bildung, aber keine nachweisliche Berufserfahrung. Dabei mache ich das seit 15 Jahren, nur halt bis dahin immer als Hobby. Das hat mich nach mehreren Hundert Absagen ( Begründung wie immer: "Berufserfahrung" ) schließlich in die Selbständigkeit getrieben. Ich verdiene immer noch ung. genausoviel wie ich mit Hartz IV bekam.

Kurz gesagt: du willst was machen, aber die wollen dich lieber ver*rschen bis du ausrastest.

Allerdings solange ein Erwerbsloser lieber dransaliert und in 1€ Jobs geschickt wird, solange wird sich nichts ändern. Wenn einem nur 160€ im Monat Zuverdienst ermöglicht werden und alles was darüber kommt, mit Hartz IV verrechnet wird - auch wenn es nur 1€ ist - dann wird kein Arbeitsloser sich anstrengen für sein Hartz IV zu ackern. Wären es vielleicht 500€ gewesen, dann hätte man gesagt:

"Hmm... die 200-300@ kann ich doch auch noch bald schafen, mit genügend Kundschaft und Aufträgen."

Aber wenn man innerhalb von 3 Monaten kein bahnbrechendes Geschäft aufbaut, daß auch noch spitzenmäßig läuft - solange ist diese Verdienstgrenze nur eine Bremse und Jobkiller. Denn 160€ sind fast garnichts heutzutage. Ich gehe weiter und behaupte: genau diese absurde Regelung fördert die Schwarzarbeit in Deutschland.

Genausowenig kannst du erwarten, daß ein gelernter S-Bahnfahrer oder Stahlarbeiter sich "Selbständig" macht. Zudem haben die Menschen Angst davor sich selbständig zu machen, denn sie fühlen sich unsicher, schließlich wird ihnen mit den Mißerfolg beim bewerben oder bei den 1€ Jobs stets gezeigt, wie wenig Wert sie und ihre Arbeit für die Gesellschaft haben. Außerdem hat keiner die Lust beim scheitern außerhalb des "sozialen Netzes" zu landen. Auch ich hatte mein Geschäft zuerst mit einem Partner geplannt, aber dieser hat dann schiss bekommen. "Das ist gefährlich", "ich habe viel zu verlieren" und "das ist doch alles sowieso nicht durchführbar". So gepolt sind inzwischen leider viele. Aber das dann auch noch die anderen, die was erreichen wollen, mitver*rscht werden, ist ein Verbrechen. Der Staat hat die Verantwortung dafür, denn der Staat hat die meisten Umstände auf dem Arbeitsmarkt selbst begünstigt oder gar geplannt und durchgeführt. Doch der Staat will noch nichtmal für eine vernünftige Umschulung aufkommen. Jedenfalls nicht ohne viel Stress und Lärm. Bei mir hatte das zum Beispiel erst dann geklappt als ich meinem Sachbearbeiter Prügel androhte - plötzlich bekam ich alles was ich wollte.

Ich habe immer noch einige Freunde auf Hartz IV und die meisten von dennen (alles rel. junge Leute unter 35), glauben nicht mehr daran, daß sie irgendwann eine Arbeit ausüben, von der sie leben können. Zumindest nicht in diesem Land. Dabei sind das gebildete Menschen mit Berufsausbildung, Abi oder gar Studium.

Das Problem ist die Kurzsichtigkeit vieler unserer Mitbürger. Sie denken, daß wenn sie sich unter das Bett verkriechen, die Hände vor die Augen halten und bis 3 zählen, wird das Monster im Schrank verschwinden. Wie kindisch! Wer gegen den Staat nicht kämpft, andere nicht aufklärt und nicht meckert, der wird niemals etwas verändern. Unsere Vorfahren haben um viele unserer heutigen Rechte, nicht selten blutig, unter Einsatz ihres eigenen Lebens, gekämpft und wir - die Gesellschaft von heute - geben diese Rechte freimutig ab, nur weil es uns unbequem erscheint sich zu engagieren. Doch auch die Rechte sind nicht standfest und auch wenn man sie hat, muss man sich immer noch dafür einsetzen, daß man sie auch behält. Denn die Leute, die uns diese Rechte wegnehmen wollen, um sich auf unsere Kosten zu bereichern, diese Leute schlafen nicht und arbeiten stets für die Abschaffung dieser Bürgerrechte und der Verfassung. Wenn wir alle wegsehen, dann haben sie bereits gewonnen und wir verdienen eh keine Rechte und Würde mehr.

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