Nur zur Klarstellung - ich bezweifle nicht, dass Wohnraum in der DDR knapp war.
Aber ich kann auch nicht über die grundsätzlich betriebene wohnliche Separierung weg von der deutschen Bevölkerung hinwegsehen. (Drastischer ausgedrückt, könnte man auch von ghettoisierter Unterbringung sprechen - im Kern trifft es das gleiche).
Das war staatlicherseits so gewollt, und es macht nur einen marginalen Unterschied, ob dieses Unterbringungsprinzip mit Schlagbäumen und Umzäunungen teilweise oder gänzlich einherging. Selbst bei einem völligen Wegfall dieser Hässlichkeiten bliebe immer noch die gewollte Separierung.
Oder hat der Staat dies auch mit deutschen Wohnungssuchenden gemacht, um deren Wohnungssuche zu lösen? Ich glaube nicht, es dürften nur Ausländer gewesen sein - und genau das spricht für mich Bände.
Und da kommen wir zur "Signalwirkung" an das ostdeutsche Volk - was anderes soll es glauben, als dass die Bewahrung eines Lebens unter reinen Deutschen staatlicherseits quasi garantiert und nicht daran gerüttelt wird?
Deine Hinweise, dass man diese Ausländer auch aufsuchen konnte, diese Ausländer auch in der Stadt einkaufen konnten, usw. habe ich zu keinem Zeitpunkt bezweifelt. Und dass auf der Arbeit Kontakte entstehen mussten, war ja ohnehin unvermeidlich.
Sich in seiner Argumentation jedoch darauf zu konzentrieren, hat deutliche verniedlichende, beschönigende Züge - so hätten sich auch DDR-Obrigkeiten zu dieser Frage äußern können (wenn der Westen im Einen richtig gut war, dann war es das Durchschauen der DDR-Rhetorik).
Du bist alles andere als dumm, so dass ich mir deine Antwort eigentlich nur so erklären kann, dass du damals zum Zeitpunkt der Separierung ganz einfach noch zu jung warst, um mehr als "Wohraumknappheit" in dein eher jugendliches Gedächtnis abzuspeichern, wo es nahezu unangetastet liegengeblieben ist.
Ist eine spätere Auseinandersetzung zu diesem Thema unterblieben, weil die Wende diese Separierungspraxis hinweggespült hat, so dass es keinen Grund für eine Neubetrachtung gab?
Diese Stories "hohe Ausländerfeindlichkeit im Osten wegen starker Abschottung gegenüber Ausländern in der DDR" wurden in den letzten 20 Jahren ständig wiederholt.
Hab ich nur am Rande mitbekommen, ohne jedoch Kenntnis über die tieferen Gründe dieser Ausländerfeindlichkeit mit-vermittelt zu bekommen - möglicherweise schlägt das Reden-Darüber in den neuen Ländern anders durch als bei uns.
Ich hatte (ohne Kenntnis von den tieferen Ursachen) Ausländerfeindlichkeit eigentlich nur als Fakt im Gedächtnis abgespeichert und den Einzug der DVU/NPD in die östlichen Länderparlamente als Beleg für ein ostspezifisches Problem interpretiert.
Mutmaßungen hatte ich mir zwar auch von diesen Gegebenheiten gemacht, sie aber nur halbherzig betrieben, da mir eine ernsthafte Antwort darauf nicht wichtig genug erschien.
Ernsthaft wurde es bei mir erst mit Beginn der Flüchtlingskrise - nun wollte ich es wissen.
Das war auch der Zeitpunkt, als mir die Erinnerungen an Dessau (Separierung) wieder einfielen. Bis dahin lagen sie "eingemottet" in den Untiefen meines Gedächtnisses.
Doch ich musste diese damaligen Eindrücke erst noch gedanklich durchkauen - denn sie lagen nur in Form eines "Schnappschusses" vor - ohne sie jemals ausgewertet zu haben. Wie ein Beweisfoto in den Kriminalakten, welches sich niemand zuvor genauer angeschaut hat und erst viele Jahre später unter die Lupe genommen wird.
Aus diesem Grund entging mir auch all die Jahrzehnte die oben erwähnte "Signalwirkung" dieser Ghettoisierung, die meine Neubewertung erheblich mit-beeinflusst hat.
Du siehst also, ich bin meinen ganz eigenen Weg gegangen. Ohne jegliche Mediensteuerung, westliche Konditionierung und was es sonst noch alles für abrufbereite Ost-West-Erklärungsversuche gibt, mit der sich der Ostdeutsche den Westbürger zu erklären versucht (vice versa - gilt natürlich auch andersherum).
Denn die Wahrheit der "Signalwirkung" war zu eindeutig, sie kann man nicht mehr unter den Tisch fallen lassen.
Gruß
Shrek3