Mo 06.07.2015 03:56
Guten Morgen
Blick vom Frühstückstisch übern See auf die über 100 km entfernten und über 4000 Meter hohen Berge.
Dazwischen liegt noch irgendwo Almaty.
Juhuuuu, und es ist momentan fast windstill :) Hoffentlich bleibt das heute mal so.
Mo 06.07.2015 15:51
Abzocke wird in Uzbekistan besonders groß geschrieben
Und zwar von offizieller, also von staatlicher Seite.
Oder anders getitelt: ¨Die Polizeistory von Uzbekistan¨.
Nun also noch ein kleiner Nachtrag zu Uzbekistan - diesmal kein positiver. Es betrifft nicht die vielen netten Begegnungen mit der Bevölkerung, sondern hauptsächlich das offizielle und staatliche Verhalten.
Es ist mir schon mehrfach aufgefallen: Uzbekistan ist, nach meiner ganz persönlichen Meinung, ein auffallend negatives Beispiel einer Regierung / eines Landes, das den "Hals nicht voll kriegt".
Mal ein paar Beispiele:
Das Beispiel Bukhara, wo für ein nicht renoviertes, nicht mal sonderlich großes, Gebäude Eintritt verlangt wird und obendrein noch Geld für eine ¨Fotografiererlaubnis¨ hatte ich ja schon erwähnt.
In Samarqand wird für jede Sehenswürdigkeit einzeln (und davon gibts viele) ein ausgesprochen hoher Eintritt verlangt. Am Beispiel der 3 Moscheen: 7,- $. Die sind schon sehenswert, aber in jedem anderen Land dieser Welt sind solche Sehenswürdigkeiten kostenlos, da sie ja Touristen anziehen und die Touristen wiederum das Geld auf andere Art im Land lassen. In Uzbekistan muss man also für jede dieser Sehenswürdigkeiten einen hohen Eintritt bezahlen. Es gibt nicht mal so etwas wie eine ¨Tageskarte für alle Sehenswürdigkeiten der Stadt¨. Bei einer Tagestour Stadtbesichtigung kommen so mal ganz schnell 50,- $ oder mehr zusammen. Nur für Eintritte wohlgemerkt. Und soooo dolle, dass man sich länger als 10 Minuten in einer Sehenswürdigkeit aufhalten würde, sind sie nun auch wieder nicht. Außerdem: ¨Haste zwei gesehen, haste alle gesehen¨, denn sie ähneln sich durchaus. Ich hatte mir zwei Sehenswürdigkeiten in Bukhara und zwei in Samarqand angeschaut.
Aber wieder zurück zu den 3 Moscheen in Samarqand. 7,- $ Eintritt also. Durchaus sehenswert, aber so toll nun auch wieder nicht. Im Vergleich zu den Moscheen im Iran, die mich schwer beeindruckt hatten, ist das hier in Samarqand Kinderkram. Da liegen Welten dazwischen. Wirklich. Und die Moscheen im Iran darf jeder kostenlos anschauen.
Hinzu kommt, dass im Iran die Moscheen dazu genutzt werden, wozu sie auch da sind.In Samarqand hingegen betet dort keiner oder macht sonst etwas Religiöses oder was auch immer. Nein, in Samarqand ist jeder Nische der Moscheen ein Souvenirladen untergebracht. In wirklich jeder Nische - insgesamt schätze ich ca. 50 Souvenirläden beim Beispiel der 3 Moscheen. Das empfinde sogar ich, als nicht religiöser Mensch, als ungewöhnlich und wenig respektvoll. Und die Preise sind dementsprechend. Vier (ich muss zugeben, die schönsten, die ich jemals gesehen habe) Christbaumkugeln für 25,- $.
Dazu wird man auf dem Gelände der 3 Moscheen ständig von Offiziellen angequatscht, ob man nicht in ein Minarett steigen mag. Klar, denke ich, gerne. ... 5,- $ wollen die dafür extra haben. Mir vergeht die Lust und ich bin einfach nur noch genervt von dieser Abzocke und zeige das auch deutlich bei all den folgenden Angequatschtwerden. Ich habe kein Bock mehr.
Beim Timur-Mausoleum wollen sie natürlich auch wieder Eintritt haben (4,- oder 5,- $ warens) und ich gehe einfach auf den Eingang zu, als hätte ich ich schon bezahlt. Auf die Aufforderung, ich müsse eine Enitrittskarte kaufen, sage ich ganz selbstverständlich, ich hätte schon eine, ziehe auf die Entfernung die Karte von den 3 Moscheen heraus und ich komme mit dieser Nummer tatsächlich durch. Nach 5 Minuten habe ich dann auch alles gesehen, was es in diesem Mausoleum zu sehen gibt, gesehen.
Nun also die Polizeistory....
Soweit ich weiß musste man sich früher, also zu Vor-Computerzeiten, noch in vielen Ländern bei Meldebehörden registrieren, wenn man sich dort aufhält. Nach und nach schaffen alle Länder diese Registrierungspflicht ab. Zum Teil muss man sich aber nach wie vor bei einer entsprechenden stattlichen Stelle registrieren. Das ist meist mit keinen oder sehr geringen Kosten verbunden.
Uzbekistan hingegen nutzt die alte ¨Sitte¨ der Registrierung, um Kapital daraus zu schlagen. So muss man sich in Uzbekistan derart ¨registrieren¨, dass man mindestens alle 3 Nächte in einem Hotel/Pension verbringen muss. Man erhält dann vom Hotel einen Zettel, auf dem nichts weiter draufsteht, als das Wort ¨Registrierung¨, versehen mit Hotelnamen und Datum. Der Zettel selbst wird nirgendwo vermerkt oder registriert oder sonstwas. Das dient nur, um den Schein zu wahren (so meine Sichtweise). Meines Erachtens hat das schlicht und einfach den Hintergrund, Touristen dazu zu zwingen, möglichst viel Geld im Land auszugeben. Fast alle schlafen zwar eh in Hotels - bis auf die 0,0001 % Trecking-Touristen - so wie ich eben ;)
Eigentlich hatte ich auch vor jede dritte Nacht in einem Hotel schlafen, aber irgendwie wars dann andauernd unpassend für mich. Da ich wusste, dass diese Registrierungszettel meist beim Verlassen des Landes nicht kontrolliert werden, beschloss ich, dass ich bei der Ausreise nicht kontrolliert werde. Erst nach 7 Tagen in Samarqand war ich erstmalig in einer Pension.
So weit, so gut.
Nach dem ich dann von Samarqand den Zug nach Tashkent genommen hatte und dort abends ankam, gabs so etwas wie eine ¨Bahnhofsmission¨. Dort konnte man für 10,- $ übernachten. Ich wollte ja eh nur schlafen und gleich am nächsten morgen weiter nach Almaty. Tjaaaaaaaa, diese zunächst äußerst freundliche ¨Dame¨ am Empfang meinte, meine bisherigen ¨Registrierungszettelchen¨ kontrollieren zu müssen und meinte dann allen ernstes, sie müsse nun die Polizei rufen. Ich hatte ja nur ein Zettel für insgesamt 8 Nächte. Das hat sie dann auch allen ernstes getan. Ich dachte mir nur: ¨Boah ey, erst machste auf so scheißfreundlich und nun entpuppst du dich als Mädel in den Wechseljahren, die grad jemanden sucht, dem du eins reinwürgen kannst, weils dir selber nicht gut geht¨....okok, is meine ganz freie Interpretation der Situation.
Der Ärger beginnt also.
Nach etwa 15 Minuten ist dann ein Polizist da, kontrolliert meinen Ausweis, schaut sich das Visum an, schaut sich den Ausweis an, schaut sich das Visum an, schaut sich den Ausweis an, schaut sich das Visum an..... Im Ernst: Der schaut apathisch und frei von jeglicher Mimik immer wieder diese beiden Seiten im Pass an. Das geht fast eine ganze Stunde so. Bei mir entsteht der Eindruck, dass dieser Typ völlig überfordert ist mit dieser Situation.
Irgendwann soll ich dann mit auf die Wache kommen und dann geht das wieder los: Er schaut sich meinen Ausweis an, schaut sich das Visum an, schaut sich meinen Ausweis an.... boah ey. Was soll diese stupide Indernasebohrerei, frage ich mich?
So kommen wir doch nicht weiter. Ich möchte meinen Ausweis wieder haben und frage, ob ich gehen kann. Ups.... er kann sprechen. Die ¨freundliche¨ Dame in den Wechseljahren übersetzt. Er telefoniert. Ich stehe nun unter Arrest. Nach einigem Hin und Her darf ich in diese Bahnhofsmission zurück, um zu schlafen. Allerdings will der Mimiklose meinen Ausweis behalten. Ich bestehe darauf, meinen Ausweis zurück zu bekommen, es wird teilweise laut und ich bin mittlerweile genervt von dem seiner Apathie und offenbaren Unfähigkeit, zumindest für diesen Abend mal zum Abschluss zu kommen. Dennoch verhalte ich mich ziemlich zurückhaltend, wohlwissend, dass ich ja nicht, wie vorgeschrieben, jede dritte Nacht im Hotel war ;) Offiziell habe ich natürlich gesagt, dass ich das nicht gewusst hätte. Klar, was hätte ich auch sonst sagen sollen ;) Is halt dumm gelaufen.
Ich bekomme letztendlich meinen Pass wieder, stehe aber unter Arrest, darf aber schlafen gehen. Die ¨Dame¨ in den Wechseljahren lässt mich für umme in der Mission übernachten und sagt, es tue ihr leid, dass sie die Polizei gerufen habe. Ich sage lieber nicht, was ich von ihr halte und schweige.
Klar, es folgt eine kurze Nacht mit kaum Schlaf und am nächsten Morgen gegen 7:00 h bin ich wieder auf der Polizeiwache. Der selbe Typ von gestern Nacht ist nach wie vor da und er will meinen Ausweis haben. Aaaaaaaaaaargh, es geht schon wieder los:Er schaut meinen Ausweis an, schaut das Visum an, schaut den Ausweis an....oh, nach etwa einer weiteren Stunde apathischem Ausweisangeschaue: er telefoniert ... oh, jemand anders kommt.
Halleluja, alle aber bloß nicht mehr diesen apathischen Typen bitte. Der andere spricht fließend englisch. Na endlich wirds mal konkret, denke ich. Ok, ¨I had broken their rules¨ ist seine zentrale Aussage. Einerseits droht er mit Deportation und hoher Strafzahlung, andererseits sagt er, wenn das Visum ¨registriert¨ sei, könne ich gehen. Er verschwindet wieder.
Viele weitere Stunden vergehen.
Ich denke: Deportation ist ja nun wirklich mit Kanonen auf Spatzen schießen (ich habe ja schließlich nichts und niemandem etwas getan) und es erscheint mir wenig realistisch. Geldstrafe hingegen erscheint mir realistisch, bin ich mir doch sicher, dass deren ¨Registrierungen¨ nichts weiter sind, als unter dem Deckmäntelchen von Sicherheit die Touristen zum ¨möglichst viel Geld ausgeben¨ zu nötigen. Andererseits denke ich, dass ich einfach werde gehen können. Schließlich stehe ich ja mittlerweile eh schon 12 Stunden unter Arrest und ... was soll das .. ich habe ja nun wirklich niemandem etwas getan. Im Gegenteil, ich hatte sehr viel nette Begegnungen und bis dato emfand ich Uzbekistan als ein tolles Land.
Nach insgesamt 14 Stunden ist der gut englischsprechende Polizist wieder zurück und nach einer weiteren Belehrung darf ich dann auch gehen. Er versucht mir zu erklären, dass die Registrierungen der Sicherheit dienen. So sehr ich mich auch bemühe, ihn zu verstehen (das versuche ich wirklich, denn vielleicht habe ich ja etwas übersehen in meinem eigenen Gedankengang), ich kann ihm nicht folgen. Ich bleibe also bei meiner Meinung: Das ist reine Abzocke.
Und das ich keine Strafe bekommen habe ... darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich persönlich sehe es so: Ich habe nur deshalb keine Geldstrafe bekommen, weil ja sonst noch offensichtlicher wäre, dass sie nur eines haben wollen: Mehr Geld.
Während ich meine Sachen in der Bahnhofsmission zusammen packe und losfahren will, kommt ausgerechnet der mimiklose Apathiker dazu, ringt sich offenbar zu einem qualvollen Lächeln durch und will Fotos von mir machen. Boah ey, ich muss mir echt auf die Zunge beißen, nichts zu sagen, so sehr stinkt mir das, dass ausgerechnet diese Type jetzt angeschissen kommt. Ich bleibe also mimiklos und versuche mich demonstrativ weitmöglichst abzuwenden, als er seine Fotos macht. Hab ja schließlich genug Ärger gehabt für heute und schweige lieber - so schwer mir das in diesem Moment auch fällt.
Letztendlich denke ich, sie haben mich nur deshalb so lange fest gesetzt, um mir deutlich zu machen, dass das so nicht geht.
Ein zweites Mal werde ich mit der Aussage ¨das habe ich nicht gewusst¨ nie wieder durchkommen - sollte ich denn jemals wieder nach Uzbekistan reisen.
Ja, das wars also ... die Polizeistory von Uzbekistan. Und der erste Arrest meines Lebens^^ Ok, als Kindergartenkind hatte ich zweimal Hausarrest ;)
Und ? Habe ich nun meine Lektion gelernt? Für Uzbekistan ja ..... glaube ich jedenfalls ;) Und generell? Sicher nicht - wär ja langweilig und ich hätte auf viele wunderbare Begegnungen verzichten müssen (Beispiel ungefragtes Campen auf einer Schrebergartenwiese ;)
Beim Verlassen des Landes wurden meine Zettelchen übrigens nicht kontrolliert.
Davon abgesehen bin ich aber, wie vorher schon mehrfach geschrieben, sehr angetan von Uzbekistan. Besonders, weil die Menschen außerhalb der größeren Städte so sehr freundlich und gastfreundlich zu mir waren. Und weil ich mich schlicht und einfach wohl gefühlt habe in diesem Land (... zumindest bis zu dieser Polizeiaktion;).
Mo 06.07.2015 16:07
Abendstimmung